Q4-BIP der USA – irreführend ist geschmeichelt

„This is one of the more misleading headline numbers we have ever seen.“ So fasst das Consumer Metrics Institute seine Meinung zu der heute veröffentlichten ersten Schätzung des US-BIPs für das vierte Quartal 2019 zusammen. Nach Meinung der Analysten dort spiegelt die BIP-Steigerung von 2,08% einfach nicht die Schwäche der zugrundeliegenden Zahlen wider (Chartquelle).

Ein realer Zuwachs von annualisiert fast 2,1%, das liegt ziemlich genau auf dem Niveau der Steigerung im dritten Quartal. Der Beitrag des Konsums (Waren und Dienstleistungen) kam auf 1,2% und lag damit 0,91% unter dem Wert der Vorquartals. Die Staatsausgaben trugen mit 0,47% zum BIP bei, nach 0,30% im Vorquartal. Die Investitionen stagnierten, ihr Beitrag zur BIP-Entwicklung war praktisch Null.

Die Lagerbestände wurden deutlich abgebaut und leisteten einen Beitrag von –1,09% zum BIP nach –0,03% in Q3/2019. Ohne Lagerbewegungen (real final sales of domestic product) käme der BIP-Zuwachs auf 3,17%.

Die Exporte leisteten einen Beitrag von 0,17%, in Q3 waren es 0,11%. Die geschrumpften Importe trugen mit 1,32% zum BIP bei, im Vorquartal waren es –0,26%. Insgesamt lag der Außenbeitrag zum Q4-BIP bei 1,49%.

Das reale verfügbare pro-Kopf-Einkommen stieg im Vergleich zum dritten Quartal um 111 Dollar. In den 46 Quartalen seit Q2/2018 liegt der Zuwachs des kumulativen, annualisierten pro-Kopf-Einkommen bei 1,5%.

Für die erste Schätzung der BIP-Entwicklung wird ein annualisierter Deflator von 1,5% zugrunde gelegt. Der CPI-U Inflationsindex lag jedoch im vierten Quartal bei 3,39%. Wird die Preissteigerungsrate unterschätzt, resultiert das in einer Überschätzung des realen Wachstums. Würde man die der jetzigen BIP-Schätzung zugrundeliegenden nominalen Zahlen mit der CPI-U Preissteigerungsrate in reale Größen umrechnen, käme nach Berechnung des Consumer Metrics Institute eine BIP-Steigerung von 0,22% heraus.

Die zu niedrig angesetzte Inflationsrate ist der eine Punkt, der zum Ausweis eines zu hohen BIP-Zuwachses führte. Der andere Punkt ist die starke Bewegung bei den Importen, die von schwacher Wechselkurs-bereinigter inländischer Nachfrage nach ausländischen Gütern herrührt.

Die Schrumpfung der Lagerbestände kann zwei Gründe haben. Entweder die Unternehmen können mit der Nachfrage nicht Schritt halten oder sie bauen Lagerbestände ab, weil die Nachfrage sinkt. Die Entwicklung von Konsum und Investitionen lässt die zweite Alternative weit plausibler erscheinen.

Selbst wenn man die immer volatilen (sich längerfristig theoretisch zu Null ausgleichenden) quartalsweisen Lagerbewegungen außer acht lässt, wäre die US-Wirtschaft im vierten Quartal 2019 auf Basis realistischerer Annahmen hinsichtlich Preisentwicklung im Vergleich zum Vorquartal auf Basis der Zahlen des Consumer Metrics Institute um sicher nicht mehr als 0,5% (annualisiert, real) gewachsen.

[Nach meiner Berechnung ist der Effekt der bei der ersten Schätzung des BIP zugrunde gelegten niedrigen Inflationsrate weniger gravierend als vom Consumer Metrics Institute ausgerechnet, so dass ich davon ausgehe, dass eine realistische Annahme des BIP-Zuwachses auf etwa ein Prozent kommt.]

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