Demokratie – Markt – Prosperität

Demokratie ist eine Staatsform, in der bürgerliche Freiheiten verfassungsrechtlich garantiert sind. Papier ist bekanntlich geduldig. Dennoch war ein gewisses Maß an Freiheit eine wesentliche Bedingung dafür, dass wir in vergleichsweise guten materiellen Verhältnissen leben.

Unser Grundgesetz entstand in der Auseinandersetzung mit dem Nazi-Terror. In seinem Mittelpunkt steht die Würde des Menschen und dessen allgemeine Handlungsfreiheit. Der Begriff „Sicherheit“ kommt nicht vor, der parlamentarische Rat lehnte es seinerzeit ab, ihn im Grundgesetz dem Satz vom „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ anzufügen. Unser Grundgesetz garantiert Freiheit, die Menschen nicht von Staats wegen gewährt wird, sondern ihnen von Rechts wegen allein aufgrund ihrer Existenz zusteht. Die individuelle Freiheit ist das höchste Rechtsgut des Grundgesetzes.

Freiheit ist aus meiner Sicht der zentrale Punkt, um den sich gesellschaftlich alles dreht. Der Freiheitsbegriff hat unterschiedliche Dimensionen.

Negative Freiheit (Freiheit von etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem keine von der Regierung, der Gesellschaft oder anderen Menschen ausgehenden Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern. Hierunter fällt z.B. auch die Abwesenheit von staatlicher Intervention im persönlichen oder künstlerischen Bereich.
Positive Freiheit (Freiheit zu etwas) bezeichnet die Möglichkeit der Selbstverwirklichung, das Recht des Bürgers auf Bewegungs- und Meinungsfreiheit, sowie die Möglichkeit der demokratischen Selbstregierung einer Gemeinschaft.
Äußere Freiheit des Bürgers wird bestimmt durch rechtliche, soziale und politische Rahmenbedingungen.
Innere Freiheit beschreibt einen Zustand, in dem der Mensch seine eigenen, ihm zur Verfügung stehenden „inneren“ Möglichkeiten und Anlagen nutzt. So verbessern sich die Bedingungen, rational entscheiden zu können. Der Schlüssel zu dieser inneren Freiheit, bzw. Souveränität liegt v.a. in Erziehung und Bildung.
Bürgerliche Freiheit bezeichnet die Möglichkeit zur Teilhabe an gesellschaftlich-politischer Macht.
Persönliche Freiheit setzt voraus, dass der Einzelne einen ideellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen „Frei“-Raum hat, der seine Entfaltung ermöglicht. Dazu gehört auch Anonymität, eine intakte Privatsphäre. Dies schafft den Raum, in dem sich dem Mainstream widersprechende oder abweichende, irritierende, innovative Einstellungen, Meinungen und Verhaltensmuster entwickeln können.

In engem Zusammenhang mit der Freiheit steht die Wissenschaft. Ihr wesentliches Merkmal ist die Methode des Zweifels, des beständigen Hinterfragens. Nur so wird man komplexen Strukturen gerecht und schafft das Ideal einer immer besseren Annäherung der menschlichen Erkenntnis an die Realität. Das ist ein ständiger Prozess des Vorantastens, der Korrektur überholter Erkenntnisse. Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen, demzufolge erfolgt der Erkenntnisprozess auch in der gesellschaftlichen Interaktion.

Eine ideale Gesellschaft überträgt diese Merkmale wissenschaftlichen Vorgehens auf das gesellschaftliche Miteinander. Aus dem Austausch von Meinungen und Informationen, aus der Diskussion und dem Streit konträrer Positionen entsteht etwas Neues, Besseres. Das ist das, was ich unter gesellschaftlicher Rationalität verstehe.

Dabei spielen die Medien eine entscheidende Rolle. Ihre Aufgabe ist es, für den Fluss von Informationen und Meinungen zu sorgen, sie müssen die gesellschaftliche Diskussion anregen, fördern, provozieren. Je breiter das Spektrum der Meinungen, je größer die Vielfalt der Ansichten ist, desto optimaler dürfte das Ergebnis der gesellschaftlichen Willensbildung ausfallen.

Ein solcher Prozess kann sich in demokratischen Staatsformen mit den Idealen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit am ehesten entwickeln. Diese drei Pfeiler stehen in einer spannungsreichen Beziehung zueinander. Die Brüderlichkeit, das, was wir heute mit Solidarität übersetzen, zielt auf ein nachhaltiges soziales Verhältnis ab, in dem man sich gegenseitig unterstützt und aufeinander Rücksicht nimmt. Die Beteiligten tun dies in dem Bewusstsein, dass sie mehr eint als trennt und letztlich in dem Bewusstsein, dass sie den anderen brauchen, um die eigene Existenz zu sichern.

Im Gegensatz dazu steht die Barmherzigkeit, die mehr auf eine einseitige Hilfe ausgerichtet ist für jemanden, der sich anders nicht helfen kann. Solidarität beinhaltet denn auch Elemente der Gleichheit, Barmherzigkeit hingegen Elemente der Ungleichheit.

Die Regierenden sind in einer idealen Demokratie „Primus inter Pares“. Sie haben sich denselben gesellschaftlichen Strukturen zu unterwerfen und die Autonomie der Bürger zu respektieren. Insbesondere haben sie sich der Begrenzheit ihrer Erkenntnisse bewusst zu sein. Einmal getroffene Entscheidungen unterliegen ständiger Anpassung und Rechtfertigung. Sie sind niemals „alternativlos“.

Hannah Arendt hat den zutreffenden Satz geprägt: „Macht ist das Vermögen, im Einvernehmen mit anderen zu handeln. Die Energie, die in der Gemeinschaft fließt, ist das, was den Führer trägt und ihn in die Lage versetzt, zu führen."

Solidarisches Handeln setzt die Erkenntnis bei jedem einzelnen voraus, dass es gemeinsamen Zielen dient. Das letztlich wichtigste gemeinsame, gesellschaftliche Ziel ist der Fortbestand des Gemeinwesens als Garant für das individuelle Fortbestehen.

Die Einsicht, dass das individuelle Leben nur im Rahmen des gesellschaftlichen Lebens möglich ist, ist der Kern, auf dem alles andere aufbaut. Daraus ergibt sich die Einsicht der individuellen Vernunft in die Grenzen der persönlichen Freiheit in der gesellschaftlichen Realität. Daraus ergibt sich auch das Ideal der Gleichheit – jedes Mitglied ist auf seine individuelle Art für den Erhalt der Gesellschaft gleich wichtig. Der Vergleich mit einem komplexen Räderwerk, bei dem es auf jedes Teil ankommt, ist hier durchaus angebracht.

Letztlich ist für den Fortbestand einer menschlichen Gesellschaft die Vielfalt entscheidend – die Vielfalt der Ideen, der Fähigkeiten, der Meinungen, der individuellen Wesen. Freiheit mit all ihren Facetten ist hierfür die beste Garantie. Vielfalt ist der Vorrat, aus dem die Evolution schöpfen kann, um eine Entwicklungslinie an veränderte Umstände anzupassen. Eine große Vielfalt bietet zusammen mit gesellschaftlicher Rationalität eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein für den Fortbestand der Gemeinschaft optimaler gesellschaftlicher Wille herausbildet.

Gleichmacherei entspricht diesem, meinem Gesellschafts-Ideal genauso wenig wie ein allumfassender sozialer Druck auf jeden Einzelnen. Freiheit als Forderung nach unbegrenztem individuellen Spielraum passt ebenfalls nicht in diesen Rahmen. Freiheit ist Einsicht in Notwendigkeiten. Notwendigkeiten sind ein Ergebnis gesellschaftlich-wissenschaftlicher rationaler Erkenntnis.

In der Umsetzung dieser Gedanken auf die wirtschaftliche Ebene gehört zwingend das Bargeld zum Komplex persönlicher Freiheit und Anonymität. Nicht umsonst heißt es: Bargeld ist geprägte Freiheit.

Der Markt-Mechanismus ist auf der wirtschaftlichen Ebene am ehesten geeignet, Fortbestand und Weiterentwicklung einer Gesellschaft sicher zu stellen. „Daß in die Ordnung einer Marktwirtschaft viel mehr Wissen von Tatsachen eingeht, als irgendein einzelner Mensch oder selbst irgendeine Organisation wissen kann, ist der entscheidende Grund, weshalb die Marktwirtschaft mehr leistet als irgendeine andere Wirtschaftsform.“ (Hajek)

Märkte sollen frei sein in dem Sinne, dass sie auf der operativen Ebene möglichst wenig Beschränkungen unterliegen. Dazu gehört übergeordnet ein fester ordnungspolitischer Rahmen, der sicherstellt, dass das Ergebnis dieses Abstimmungs-Mechanismus im Sinne der optimalen Verwendung der gesellschaftlichen Ressourcen ausfällt.

Der Markt-Mechanismus kann seine Aufgabe aber nur auf der Basis objektiver Informationen erfüllen; wenn diese nicht zugänglich sind oder, schlimmer noch, bewusst und gezielt manipuliert werden, scheitert er.

Freiheit mit all ihren Facetten ist die Garantie für Vielfalt in einer Gesellschaft. Vielfalt wiederum ist eine wesentliche evolutionäre Voraussetzung für konstruktive Entwicklungen. Der Marktmechanismus ist die dem am ehesten entsprechende Organisationsform der wirtschaftlichen Abstimmungsprozesse in einer Gesellschaft.

Vielfalt auf unterschiedlichsten Ebenen ist in einer ständig im Wandel begriffenen Welt die wichtigste Voraussetzung für ideelle, soziale und wirtschaftliche Prosperität.