Inflation und Ölpreise – noch gut für Aktien?

Die Inflation entwickelt sich in den USA munter weiter. Die Jahresrate des CPI kommt für Mai auf 2,7%. Die Underlying Inflation Gauge (UIG) der New York Fed zeigt aktuell mit dem “full data set” einen Anstieg auf 3,27% nach 3,21% im April. Sie bezieht neben zahlreichen, im CPI enthaltenen Preisreihen makroökonomische Daten mit ein und kann als ein vorlaufender Preisindikator angesehen werden.

Ein wesentlicher Preistreiber ist gegenwärtig das Öl, bzw. die zahlreichen daraus hergestellten Produkte – nicht nur Treibstoff. Der Ölpreis (WTI Crude) wurde zuletzt von einer Widerstandszone zwischen 70 und 80 Dollar abgewiesen (Chartquelle), vergleichbar hiermit ist die Situation bei Oil Brent. Hier liegt der Widerstandsbereich zwischen 80 und 90 Dollar.

Die Widerstandszonen haben große Bedeutung, reichen sie doch bis zur Jahreswende 2007/2008 zurück. Anfang 2007 begann ein starker Auswärtsimpuls bei den Ölpreisen, der bis zur Jahresmitte 2008 anhielt. Darauf folgte ein Kollaps, innerhalb von sechs Monaten viertelten sich die Preise in etwa. Eine Echo-Bubble ging im zweiten Quartal 2011 zu Ende, es folgte eine Seitwärtsbewegung, die im dritten Quartal 2014 in einen Abwärtsimpuls überging, der im Februar 2016 zu Ende ging. Wenn man so will, erleben wir seitdem ein Echo dieser Echo-Blase. Nach Fibonacci-Retracements sind die Bedingungen für ein Auslaufen dieser Blase weitgehend erfüllt.

Nach der Phasentheorie von Martin Pring, die Murphy aufgegriffen hat, entwickeln sich die Finanzmärkte in sechs Phasen. In einem Konjunkturzyklus steigen der Reihe nach Bonds, Aktien und Rohstoffe. In der Spitze des Zyklus (lokales Hoch von Produktion, bzw. Einkommen) toppen Aktien, in der darauf folgenden Phase toppen auch Rohstoffe, danach finden Bonds einen Boden. Diese „Ordnung“ war bis zur Mitte der 1990er Jahre gut zu erkennen (siehe schwarze Pfeile im Chart), danach löste sich die klare Abfolge auf. Zuletzt allerdings, seit Anfang 2016, gibt es Anzeichen für eine Wiederkehr der Phasenfolge nach Pring/Murphy.

Üblicherweise führen mit zunehmender Beschäftigung steigende Löhne und Einkommen in der zweiten Hälfte des Konjunkturzyklus zu steigenden Preisen. Im aktuellen Konjunkturzyklus entwickeln sich die Löhne bisher immer noch moderat (siehe hier!). Auch die Preisentwicklung zeigt nur eine mäßige Dynamik, kommt aber mit dem von der Fed besonders beachteten PCE-Preis-Indikator nun in die Nähe des Zielbereichs von 2% (per April 1,8%).

Die Ölpreise haben nicht nur einen wichtigen Einfluss auf die Preisentwicklung, sondern auch auf die Entwicklung der Aktienkurse. Energiewerte stellen einen Anteil von rund 20% im S&P 500 dar, sie haben mit der Erholung ihrer Gewinne seit dem Ölpreistief von 2016 einen wichtigen Beitrag zur Gewinnentwicklung im S&P 500 beigetragen. Das wiederum hat die Bewertung von Aktien im Zaum gehalten und damit Aktien attraktiver aussehen lassen.

Insofern dürfte die Entwicklung der Ölpreise auch weiterhin eine wichtige Rolle für die Aktienkurse spielen. Dabei dürfte von Bedeutung sein, wie stark die Förderung seitens Fracking in den USA auf die Peise drückt. Der Break-even-point wird hier irgendwo bei 45 bis 50 Dollar gesehen, für die Förderer ist es also interessant, zum aktuellen Preis ihr Angebot auszuweiten. Ähnliches gilt für wichtige Ölförderländer, die aufgrund miserabler Staatsbilanzen auf Einnahmen aus Öl angewiesen sind. Insofern könnte es in der nächsten Woche interessant werden, die OPEC berät über Ausweitung der Fördermengen. Auch der Dollar-Wert hat Einfluss – steigt er, drückt das tendenziell auf den Ölpreis und die in Dollar notierten Rohstoffpreise insgesamt. Manche Beobachter sehen die Möglichkeit, dass der Dollar durch einen ausufernden Handelskrieg Aufwind bekommt. Konjunkturschwäche in den Emerging Markets, insbesondere in China würde die Ölpreise ebenfalls belasten.

Wenn der Inflation jetzt plötzlich die Luft ausginge, etwa durch kollabierende Ölpreise, wäre die Wirkung auf die Aktienkurse vermutlich negativ – den Aktienbullen käme ein Stück Phantasie hinsichtlich brummender Konjunktur abhanden. Eine sich verstärkende Inflation hat in der Spätphase eines Konjunkturzyklus zunächst positive Wirkungen auf Aktienkurse. Die Unternehmensgewinne steigen nominal stark an, gleichzeitig verlangen Bond-Käufer höhere Renditen. Das verschiebt das Gleichgewicht zunächst in Richtung Aktien. Aktuell befindet sich die invertierte Rendite als Maß für eine faire Aktien Bewertung nahezu im Gleichgewicht mit der KGV-Bewertung im S&P 500 (34,2 vs 33,03 nach Shiller-CAPE). Oder auch so herum: Die „Earnings-Yield“ im S&P 500 liegt bei 3,95%, die Rendite zehnjähriger TNotes kommt auf 2,92%. Berücksichtigt man die Risikoprämie für Aktien, schmilzt ihr Renditevorsprung dahin.

Wenn die Inflationsillusion platzt, die die Aktienkurse getrieben hat, verkehrt sich die Wirkung der Inflation auf die Aktienkurse in ihr Gegenteil. So weit sind wir noch nicht, dazu würde auch gehören, dass die Renditen deutlich ansteigen. Das werden sie insbesondere dann, wenn sich für neue US-Staatsschulden zum gegenwärtigen Zins nicht genügend Abnehmer finden. Dabei spielt auch der Außenwert des Dollar eine Rolle, genauer, die Erwartung, wohin es mittelfristig geht (siehe hier!).

Die Renditen am langen Ende werden aber wahrscheinlich auch steigen, wenn die Fed bei ihrer Zinspolitik einen Zahn zulegt. Insofern war die zurückliegende FOMC-Sitzung ein Warnschuss, als zwei kleine Zinsschritte als Möglichkeit in den Raum gestellt wurden (siehe hier!). Für die September-Sitzung des FOMC gilt ein weiterer Zinsschritt als nahezu sicher (nach FFR-Futures), für die Dezember-Sitzung gibt es allerdings nur eine gut 50%-ige Wahrscheinlichkeit für eine weitere Anhebung. In der nächsten Zeit wird die Inflationsentwicklung nach PCE-Preisindikator eine wichtige Rolle spielen – aktuell per April 1,8%.

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