Seit Mitte Februar sind Zahlen hinsichtlich der Verbreitung der COVID-19-Epidemie verfügbar. Jeden Tag kann sich die interessierte Öffentlichkeit ansehen, wie das Virus grassiert und Menschenleben vernichtet.
Die Zahlen – es sind hauptsächlich drei: Die gesamte Zahl der Fälle, die tägliche Zahl der Neuinfektionen und die Zahl der Toten. Die Zahlen für Deutschland kann man hier einsehen.
Lassen wir mal beiseite, dass …
- …die Tests nicht sehr zuverlässig sind. Die Angaben reichen bis zu 40% falsch positiven, bzw. falsch negativen Resultaten (siehe z.B. hier!). Das hat ganz unterschiedliche Gründe, angefangen bei den hohen Anforderungen an Material und Probenentnahme über die Prozedur bei der Entwicklung des Testergebnisses bis hin zu der Frage, wie spezifisch ein solcher Test nur auf Gen-Stücke des COVID-19 Virus anspricht (oder Mutationen davon oder auch auf andere Corona-Viren). Hinzu kommt die Problematik, dass ein solcher Test nicht klären kann, ob die gefundenen Gen-Sequenzen ansteckend waren oder zu inaktiven Viren gehören.
- …in aller Regel nur diejenigen getestet werden, bei denen ein begründeter Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 besteht.
- …bei der Todesursache meist nicht geklärt wird, ob das Virus ursächlich für den Tod war oder lediglich zum Todeszeitpunkt anwesend war. Das RKI will keine Obduktionen und hält sogar dazu an, auf dem Totenschein COVID-19 zu vermerken, wenn lediglich bestimmte Symptome vorlagen. Dabei gibt es kaum solche, die ausschließlich bei COVID-19 auftreten.
- …wir nur absolute Zahlen serviert bekommen. Diese Vorgehensweise ist dann höchst unwissenschaftlich, wenn die Zahl der Tests immer stärker ausgeweitet wird. In den zurückliegenden vier Wochen hat sich die Zahl der festgestellten Infektionen etwa verdreifacht, genauso wie die Zahl der Tests. Setzt man beide Zahlen ins Verhältnis zueinander (relative Erhebung – siehe etwa hier!), ist der Schluss unzulässig, die Seuche habe sich weiter ausgebreitet. Genau das wird aber unter Hinweis auf die absoluten Zahlen behauptet – man testet mehr und findet eben auch mehr (absolut gesehen).
- …vom Beginn der Infektion bis zur Meldung an das RKI durchaus zwei Wochen vergehen können. Das bedeutet, dass sich in den "aktuellen" Zahlen das Bild früherer Tage widerspiegelt.
Sagen wir mal vorsichtig: Die Aussagekraft der uns servierten Zahlen ist mehr als zweifelhaft. Das hindert jedoch sogenannte Wissenschaftler nicht daran, den Untergang des Gesundheitssystems für Ende März vorherzusagen oder auch 280.000 Infizierte zu Ostern für möglich zu halten (siehe hier!). Forderungen nach wissenschaftlich exakten Tests (wie etwa bei der Sonntagsfrage im TV) bleiben nach wie vor ungehört. Mehr noch, Berlin weigert sich, zügig repräsentative Stichprobentests einzuführen.
Ich möchte die Zahlen dennoch präsentieren, weil sich daraus ergibt, dass selbst diese nach oben verzerrten Daten keinerlei Anlass geben, die Bürgerrechte einzuschränken und die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse an die Wand zu fahren. Mag sein, dass bestimmte normale Schutzmaßnahmen nach altem Seuchenschutzgesetz bis vielleicht Ende März erforderlich waren, aber der wirtschaftliche Lockdown und all das, was dann auch noch kam (und kommt), war und ist völlig unverhältnismäßig.
Der folgende Chart zeigt der Verlauf der Gesamtzahl aller Fälle in Deutschland. Daran ist deutlich zu erkennen, dass eine exponentielle Entwicklung spätestens Ende März beendet war. Danach ging es noch bis zum 11. April steil linear weiter, seitdem flacht die Kurve ab. Die automatische Trendauswertung (rote Linie am oberen Chart-Rand) zeigte am 18. März noch kurz eine Entwicklung über dem zugrundeliegenden Trend („Trend Hi“) an, fiel dann in eine mitlaufende Bewegung zurück und befindet sich seit dem 11. April unter dem zugrundeliegenden Trend („Trend Lo“). Die Entwicklung verliert immer mehr an Dynamik.
Der nächste Chart zeigt den Verlauf der täglichen neuen Fälle. Wir sehen zwei Spitzen um den Monatswechsel März/April herum. Aber selbst da war die Entwicklung nach Trendauswertung bereits im mitlaufenden Bereich (seit 21. März), sie fiel ebenfalls am 11. April unter den Trend. Seitdem schwächt sich die Entwicklung weiter ab in Form einer zyklischen Bewegung (Zykluslänge sieben bis neun Tage).
Der dritte Chart zeigt den Verlauf der neuen Fälle von heute im Verhältnis zu denen von gestern. Dieser Wachstumsfaktor blendet einige Artefakte aus (sie kürzen sich weg, wenn sie sowohl im Zähler als auch im Nenner auftreten), und reduziert zumindest den Einfluss der im Zeitablauf zunehmenden Anzahl der Testungen. Diese Auswertung erscheint mir in Anbetracht der schwankenden Datenbasis noch am zuverlässigsten. Liegt der Wachstumsfaktor einige Tage lang unter eins, legt das nahe, dass der Verlauf der Zahl der neuen Fälle nachhaltig sinkt und der Verlauf der Gesamtzahl der Fälle seinen exponentiellen Pfad verlassen hat. Die Trendauswertung zeigte zuletzt am 20. März einen Status über dem zugrundeliegenden Trend („Trend Hi“). Seit Anfang April bewegt sich diese Zahlenreihe in Zyklen von sieben bis neun Tagen mal im Trend, mal darunter („Trend Lo“).
Setzt man die Zahl der neuen Fälle von heute ins Verhältnis zu der von vor neun Tagen (in etwa die mittlere Zeitspanne, in der Infizierte Viren weitergeben können): Bis zum 22. März lag die Entwicklung über dem Trend. Seitdem läuft sie entweder mit oder liegt darunter („Trend Lo“). Seit dem 4. April liegt der Wert zudem fast durchgängig unter eins. Man kann die so ermittelte Zeitreihe sehr sehr grob auch als Reihe der effektiven Reproduktionszahl des Virus ansehen. Liegt diese unter eins, nimmt die Ausbreitung der Infektion ab. Würde man die im Zeitablauf zunehmende Testanzahl herausrechnen (was ich mangels Informationen nicht kann), läge der Zeitpunkt, ab dem die so berechnete Reproduktionszahl unter eins gesunken ist, wahrscheinlich acht bis zehn Tage früher.
Das RKI hat kürzlich herausgegeben, dass die effektive Reproduktionszahl schon seit dem 21. März unter eins liegt (siehe hier!). Homburg, Schiffmann und andere ziehen daraus den Schluss, dass der Lockdown und weitere Maßnahmen keine wesentliche Wirkung auf die Verbreitung der Infektion mehr hatten. Regierungsseitig wird uns gerade das Gegenteil verkauft. Natürlich kann man immer sagen, hätte es den Lockdown nicht gegeben, wäre eine zweite Welle entstanden. Stichhaltig ist das nicht, schließlich saßen z.B. in der gesamten Zeit seit März rund 30 Millionen Menschen im öffentlichen Personennahverkehr unmaskiert zusammen.
Meine Interpretation der Zahlenreihen kommt zum gleichen Ergebnis: Die Infektionswelle verliert seit längerem an Dynamik. Der Wendepunkt bei der Entwicklung der Gesamtzahl der Fälle stammt von Ende März. Die Zahl der neuen Fälle nimmt seit Anfang April zügig ab. Der Wachstumsfaktor zeigt seit längerem einen Verlauf, der die klar abnehmende Ausbreitung des Virus bestätigt.
Abgesehen von allen aktuellen zusammengeschummelten Corona-Zahlen: Im Winter 2017/2018 gab es 25.100 Grippetote, bis jetzt gibt es 6.100 Menschen, deren Tod mit COVID-19 in Verbindung gebracht wird. Wobei eben unklar ist (und bleiben soll), wer mit, wer an diesem Virus gestorben ist – oder auch an einem normalen Influenza-Grippe-Virus oder… Gab es damals eine einzige Kneipe, die wegen der Grippewelle von Berlin zur Schließung verdonnert wurde?
Und noch eins zum Zahlengeschummel: Derjenige, der das exponentielle Ausbreitungsmodell für Infektionen entwickelt hat, das die ganze Welt anwendet, ohne es je hinterfragt zu haben, musste am 12. März die von ihm errechnete Projektion in Bezug auf die Anzahl der Todesfälle massiv heruntersetzen. Mit seinem Modell waren für die USA 2.200.000 und für Großbritannien 500.000 Todesfälle vorausgesagt worden, wenn man keine Maßnahmen zur Abflachung der Kurve ergreift. Nach Revision der Prognosen werden in Großbritannien jetzt nur noch 20.000 Leute durch das Virus sterben (oder durch andere Leiden, die mit dem Virus in Verbindung gebracht werden).
Corona – Politiker ?, die Zahlen können nichts dafür.
Ergänzung:
Ich veröffentliche täglich hier einen Überblick über die Entwicklung bei "Corona" in Deutschland, Italien, Süd-Korea, Schweden, für die USA und weltweit.
Nachtrag:
(1.5.20) In einer ausgezeichneten Analyse erklärt Prof. Christof Kuhbandner, warum die zunehmende Erhöhung der Anzahl der Coronavirus-Tests zu einer dramatischen Überschätzung des wahren Anstiegs der Neuinfektionen führt. Außerdem würde der zeitliche Abstand zwischen tatsächlichem Infektionszeitpunkt und Testzeitpunk den in Wirklichkeit deutlich früher stattfindenden Rückgang der Neuinfektionen verbergen.
Im Gegensatz zur verbreiteten Darstellung wäre demnach das Szenario einer epidemischen Ausbreitung des Coronavirus ein statistischer Trugschluss. Laut Kuhbandner sind darum die drastischen Eingriffe in unsere Grundrechte wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Ein nicht begutachteter Vorabdruck in englisch ist hier erschienen.
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