Die Verlogenheit der Medien

Die NZZ hat vor kurzem gegen die „Gesellschaft Schweiz-Palästina“ agitiert. Anlass war, dass diese „ein Gedicht mit einem Nazi-Vergleich gepostet (hat). Darin werden die Palästinenser mit gequälten KZ-Häftlingen in Auschwitz während des Zweiten Weltkriegs verglichen.“

Die NZZ nennt den Autor des nicht genannten Gedichts nicht. Das erinnert an den Vermerk „Dichter unbekannt“, der in Nazi-Anthologien unter Heinrich Heines „Die Lorelei“ stand, weil man das populäre Gedicht brauchte, den Namen des jüdischen Verfassers aber nicht nennen wollte. Und dass die NZZ behauptet, in dem Gedicht würden die Palästinenser mit gequälten KZ-Häftlingen in Auschwitz während des Zweiten Weltkriegs verglichen, ist frei erfunden.

Das Gedicht mit dem Titel „Warum Palästinenser sich nicht fügen“ stammt von Erich Fried. Erich Fried war Jude, er wurde 1921 geboren, lebte zunächst in Wien, flüchtete nach der Annektion Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 nach England und starb 1988 in London. Es ist als Teil der Gedichtsammlung „Höre, Israel!“ 1974 erschienen und löste in Israel wie in der Bundesrepublik heftige Diskussionen aus. Fried wurde vorgeworfen, sich als Jude nicht zum Staat Israel zu bekennen, Selbsthass zu pflegen oder gar einem verborgenen Antisemitismus anzuhängen.

In der Einleitung setzt sich Fried mit diesen Vorwürfen auseinander: „Ich aber empfinde außer Solidarität mit allen unschuldig Verfolgten und Benachteiligten auch etwas wie Mitverantwortlichkeit für das, was Juden in Israel den Palästinensern und anderen Arabern tun; auch für das, was sie in aller Stille jenen Juden antun, die dagegen kämpfen und protestieren. (…) Ich hoffe sogar, auch ohne jüdisches Volksbewusstsein oder israelisches Nationalgefühl, sozusagen nebenher, ein besserer Jude zu sein als jene Chauvinisten und Zionisten, die, was immer ihre Absicht sein mag, in Wirklichkeit ihr Volk immer tiefer in eine Lage hineintreiben, die schließlich zu einer Katastrophe für die Juden im heutigen Israel führen könnte.“

Das hinterhältige, heuchlerische Vorgehen der NZZ, jemanden anzugreifen ohne klar Ross und Reiter zu benennen, ist heute genauso üblich wie die inhaltliche Stoßrichtung. In den Quantitätsmedien gibt es nur noch pro oder kontra Israel. Kritik an der Politik des israelischen Staates wird gleichgesetzt mit Antisemitismus, wird auf die Leiden der Palästinenser hingewiesen, gilt das als terroristische Propaganda. Und wenn es gegen Ende des Artikels heißt, „Der Krieg im Nahen Osten, er reisst auch in der Schweiz Gräben auf“ – es ist nicht der Krieg, es sind die Interessen und die Akteure hinter dem Krieg, die die Gräben schaufeln: „Teile und herrsche“.

Diese Taktik wird mittlerweile in praktisch jeder gesellschaftlichen Frage angewendet – siehe z.B. „Corona“. Wer die staatliche Politik diesbezüglich kritisiert, gilt als Feind der Geimpften, Ungeimpfte gelten als Gefahr für die übrige Bevölkerung. Dieses Vorgehen entlarvt sich jedoch immer mehr, eine sogenannte Verschwörungstheorie nach der anderen erweist sich als wahr.

Beim „Klima“ und bei der „Ukraine“ ist es nicht anders. Überall werden die Gräben vertieft, die Gesellschaft gespaltet in diejenigen, die mehr oder weniger blind und meist angsterfüllt den Flötenspielern aus Berlin hinterherlaufen und denen, die sich mündig ihren gesunden Menschenverstand bewahren.

Erich Fried gilt als ein Hauptvertreter der politischen Lyrik der Nachkriegszeit. Er übersetzte auch US-amerikanische „Klassiker“ und übertrug William Shakespeare in lebendige deutsche Sprache. Mit seinen 1979 veröffentlichten wunderbaren Liebesgedichten fand er ein breites Publikum.

Fried beteiligte sich rege am politischen Zeitgeschehen, hielt Vorträge, nahm an Demonstrationen teil. Er stand der Außerparlamentarischen Opposition nahe. Er pflegte zugleich einen mehrere Jahre währenden Briefkontakt mit dem jungen Neonazi Michael Kühnen, dem Mitte der 1980er Jahre der Prozess wegen NS-Propaganda und Verherrlichung Hitlers gemacht wurde.

Fried suchte das Gespräch mit Andersdenkenden, auch mit Feinden. Es ging ihm um Verständigung, um das Verstehen. Es ging ihm nicht darum, Widersprüche zuzukleistern oder Verbrechen zu verharmlosen. In einer Rede sagte er 1978 über die Feindesliebe, die „heisst freilich auch nicht, vergessen, dass Feinde –oder doch viele von ihnen– immer noch Feinde sind (…) und ihrerseits gar nicht beseelt von Feindesliebe.“

Fried war Jude und er war Antizionist. Und er sah sich als Marxist. Ist das ein Widerspruch? Ich denke, nein, die humanistische Konsequenz des Judeseins (wie des Christseins) entspricht auch wesentlichen Merkmalen des Marxismus. Der Kern des Marxismus ist die Analyse der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse mit dem Ergebnis, dass die Macht in einer Gesellschaft stets von denjenigen ausgeht, die über ihre Produktionsmittel verfügen. Insofern ist der Marxismus auch eine Grundlage für eine politische Sicht im Sinne der Abhängigen, der Vielen einer Gesellschaft.

Mehr zu Erich Fried in einem Beitrag hier!

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