S&P 500 – Konsolidierung nach Banken-Krise

Die Aktienmärkte haben sich in der zurückliegenden, verkürzten Woche mit abnehmender Volatilität mehr oder weniger auf der Stelle bewegt. Der Dow meldet einen Wochengewinn von stattlichen 0,6% und hält sich über der EMA50, der S&P 500 kommt mit +0,1% herein. Der NDX verliert 0,9% und startet mit relativer Schwäche in das neue Quartal. Der DAX knapp behauptet mit –0,2%, bis zum Allzeithoch fehlen immer noch gut 600 Punkte.

Euro/Dollar steigt im Wochenvergleich um 0,7%, Dollar und Euro gegen Yen –0,8%, bzw. –0,2%. Die Ölpreise stiegen mit jeweils über 6,5% weiter an, Öl Brent notiert jetzt wieder bei 85 Dollar. Auch der CRB-Rohstoffindex steigt: +1,6%. Gold (in Dollar) steigt in der zurückliegenden, verkürzten Woche um 2,0% an.

Die US-Renditen bewegen sich umgekehrt zur Vorwoche: Die 10yr-TNotes verlieren 4,7% auf 3,471%, die 2yr-TNotes –5,0% auf 3,825%. Am 8. März, dem Tag vor dem Run auf die Silicon Valley Bank, lagen die Werte bei 3,992%, bzw. 5,070%. Konträr dazu steigt die Rendite der 13wk-TBills um weitere 2,3% auf 4,864%. Die Zinstruktur zeigt am langen Ende einen abnehmenden, geringen, positiven Spread. Am kurzen Ende weitet sich die Inversivität aus.

Die Rendite der 2yr-TNotes, die die Markterwartung künftiger Leitzinsen recht gut widerspiegelt, liegt jetzt rund ein Prozent unter dem aktuellen Niveau der eff. Fed Funds Rate von 4,83%. Nach meiner Auswertung wird zumindest eine Zinspause der Fed erwartet, während der Stress im Finanzsystem zum ersten Mal seit Mitte Februar 2022 wieder über einer kritischen Schwelle liegt (von einem kurzen Zwischenspiel zu Jahresbeginn abgesehen).

So haben sich Aktien in den vier zurückliegenden Phasen nach Auslaufen einer Zinssteigerungs-Periode der Fed entwickelt: Nach einem Monat +3,3%, drei Monate später 8,0%, nach einem Jahr +17.5%. Fazit: US-Aktien tendieren also dazu, zu steigen, nachdem die Fed die kurzfristigen Zinssätze nicht mehr erhöht hat. Keine Regel ohne Ausnahme: Im Jahr nach dem Ende der Serie der Zinserhöhungen der Fed am 15. März 2000 sanken die Aktienkurse.

In der noch größten Volkswirtschaft der Welt, der der USA, sind im vergangenen Monat 236.000 neue Stellen (nonfarm) geschaffen worden. Das war in etwa so erwartet worden. Der Stellenzuwachs für den Vormonat wurde nach oben revidiert. Die Gesamtzahl der Arbeitsplätze liegt im Jahresvergleich 2,7% höher.

Zuletzt hatten Makroindikatoren Bremsspuren in der Wirtschaft offenbart. So ist der ISM-Index weiter in den kontraktiven Bereich vorgestossen, er notiert jetzt mit 46,3 3,7 Punkte unter der Scheidelinie zwischen Expnasion und Kontraktion. Der Subindex der Beschäftigung ging im 2,2 auf 46,9 zurück. Der ISM-Service-Index meldet klar sinkende Einkaufspreise und die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist zuletzt deutlich angestiegen.

Meine Indikatoren für die fundamentale Verfassung der US-Wirtschaft sind bezüglich Trend und Tendenz weiterhin mäßig positiv zu sehen, die für die Stimmung sind im selben Ausmaß negativ. Das Gesamtbild ist neutral im Mittelfeld. Der Diffusionsindex (rote Linie im mittleren Chart) hat sich sogar wieder leicht verbessert. Es bleibt hinsichtlich Rezessionswarnung aus der Wirtschaft bei der Stufe eins von drei.

blank

Im ersten Quartal wurden weltweit Anleihen im Gesamtwert von 1,7 Bill. Dollar begeben. Das liegt 25% unter dem Vergleichsquartal des Vorjahres, in den USA waren es sogar 32% weniger. Das ist zugleich der schwächste Jahresstart in einer Dekade – keine günstigen Vorzeichen in einer so Kredit-abhängigen Wirtschaft wie der aktuellen.

Ich hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass sich von der Liquiditätsentwicklung und dem Verlauf der Ausleihungen finanzwirtschaftliche Warnzeichen ergeben.

Das wird hier noch genauer untersucht: Die Aussichten sprechen für ein langsameres reales Wachstum und eine langsamere Inflation, heißt es dort. Ein großer Teil davon ist nicht nur auf die rasche Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank seit dem vergangenen Jahr zurückzuführen, sondern auch auf die entsprechende Verschärfung der Kreditvergabestandards durch die Banken, die bereits längere Zeit vor den jüngsten Bankenturbulenzen begann. Und weiter heißt es: Bisher hätten die Banken vor jeder Rezession ihre Kreditvergabestandards verschärft.

Auf die Frage nach den beiden wahrscheinlichsten Szenarien für den aktuellen Markt heißt es in dem Artikel: „Entweder stabilisiert sich die Lage aufgrund der Maßnahmen der Fed und der FDIC, um einige der jüngsten Bankenprobleme aufzufangen, vom derzeitigen Niveau aus. Das bedeutet aber nur, dass wir davon ausgehen sollten, dass die Fed ihren strafferen Kurs fortsetzen wird, weil die Inflation immer noch zu hoch ist. Das zweite Szenario wäre, wenn es zu weiteren Zusammenbrüchen im Banken- und Finanzsystem käme, was die Fed zu einer Pause veranlassen würde. Das erwartet der Markt jetzt. Selbst in diesem Szenario sind die Chancen, dass sich die US-Wirtschaft erholt oder einen Aufschwung erlebt, angesichts der bereits erfolgten Straffung des Systems recht gering.“

Vor diesem Hintergrund sollte man defensive Werte und Barmittel weiterhin übergewichten und langfristige Anleihen zu kaufen, sobald klar ist, dass die Fed die Straffung beendet hat, heißt es abschließend.

Negative Realzinsen führen zu einer Fehlallokation von Kapital in unproduktive Anlagen, die von der Inflation profitieren sollen, anstatt Einkommensströme zu erzeugen. Dass dies nicht nur eine kurze Periode betrifft, macht der folgende Chart deutlich (h/t Incrediblecharts). Er zeigt die eff. Federal Funds Rate bereinigt um das von der Fed bevorzugte Inflationsmaß des PCE-Kernpreis-Deflators (PCEPILFE).

blank

Produktive Geschäfts-Investitionen erwirtschaften normalerweise sowohl Gewinne als auch Löhne, die zum BIP beitragen. Kapitalinvestitionen haben auch einen Multiplikatoreffekt: Die für den Betrieb der Anlage erforderlichen Betriebsmittel oder die für den Vertrieb der Produktion erforderlichen Mittel werden in der Regel weitere Investitionen und Arbeitsplätze in anderen Teilen der Lieferkette schaffen.

Billige Schulden ermöglichen es, dass unproduktive Investitionen produktive Investitionen verdrängen. Dadurch wird das BIP-Wachstum gebremst. Solche Perioden mit geringem Wachstum und hoher Inflation werden gemeinhin als Stagflation bezeichnet. Unproduktive Investitionen führen am ehesten dazu, dass Kredite nicht mehr bedient werden können. Insofern liegt hier nach der langen Periode zu niedriger Zinsen eine Menge Explosiv-Stoff.

Der Internationale Währungsfonds warnt, das globale Wirtschaftswachstum werde in diesem Jahr unter 3% fallen und in den nächsten fünf Jahren in der Nähe dieses Wertes bleiben. Dies ist die niedrigste mittelfristige globale Wachstumsprognose des IWF seit 1990. Damals hat es nicht so ganz gestimmt, aber heute könnte das wohl so kommen. Globale Zuwachsraten unter 3,5% gelten als rezessiv für die Weltwirtschaft.

Umwelt-, Sozial- und Governance-Investmentfonds erfreuten sich im ersten Quartal wieder wachsender Beliebtheit, bis die Turbulenzen im Bankensektor im März die Anleger in sicherere Häfen trieben. Die Zuflüsse in ESG-Fonds, Anleihen und Aktien beliefen sich im ersten Quartal auf 25,5 Mrd. Dollar, so viel wie seit einem Jahr nicht. Der Gesamtbestand beträgt 33,3 Bill. Dollar und liegt damit deutlich unter dem Höchststand von 51,7 Bill. Dollar aus Dezember 2021.

Ziemlich genau vor 90 Jahren, am 5. April 1933, erließ US-Präsident Franklin D. Roosevelt die „Executive Order 6102“. Der Erlass machte den Besitz von Gold strafbar – das Horten von Gold- oder Silbermünzen oder -barren oder Devisen wurde fortan mit einer Geldstrafe von 10.000 Dollar oder einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren oder beidem bedroht.

Die Weltwirtschaft steckte damals in der Großen Depression, die 1929 mit einem Börsencrash begonnen hatte. In den USA galt damals noch der Goldstandard, der Wert einer Unze Gold war mit 20,67 Dollar „gefixt“. Wollte die US-Regierung also mit Geld die Wirtschaft stimulieren, musste sie an Gold kommen – am besten an das ihrer eigenen Bürger.

Nachdem das meiste Gold konfisziert worden war, wurde 1934 mit 35 Dollar je Feinunze neu (ab-)bewertet. Die US-Regierung prellte so Goldbesitzer um die Hälfte ihrer Ersparnisse und verschaffte sich damit genug neues Geld. Der private Gold-Besitz blieb in den USA bis 1973 illegal. 1971 wurde mit dem Ende des Systems von Bretton Woods die Gold-Bindung des Dollar aufgehoben (nach Blingbling).

Noch einmal zum Dauerthema „Inflation“. Die Kern-Inflation in den USA, also die „Headline-CPI“ bereinigt um die volatilen Teile Lebensmittel und Energie („CPI less F&E“), zeigt an, wie weit ein inflationärer Impuls durch die Wirtschaft gelaufen ist. Die Differenz zwischen beiden ist dann das Stück, dass der Impuls noch zu laufen hat. Die Headline-Inflation plus diese Differenz gibt ein Gefühl dafür, wie „schlimm“ es um die Inflation wirklich steht (siehe auch hier!). Das stellt der folgende Chart dar.

blank

Demnach ist der Inflationsimpuls zwar jetzt zum großen Teil „durch“, die Inflation insgesamt ist aber immer noch zu hoch, so hoch wie seit 1982 nicht. Kurzfristig dürfte es vermutlich noch weiter heruntergehen, v.a. auch durch den Basiseffekt.

In Hinblick auf die rasant zunehmende Staatsverschuldung v.a. in den entwickelten Ländern ist folgendes wichtig: Wenn der private Sektor seine Ausgaben zurückstellt, um in Staatsanleihen zu investieren, gibt es keinen Anstieg der Gesamtausgaben und somit auch cet. par. kein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, die Ursache von Inflation. Der Inflationsdruck nimmt aber zu, wenn die Staatsdefizite aus Quellen außerhalb des privaten Sektors finanziert werden, von der Zentralbank oder aus externen (ausländischen) Quellen.

Was folgt daraus? Entweder finanzieren die „Verbündeten" der USA die Staatsverschuldung dort oder die Fed startet früher oder später „quantitative easing", beides mit inflationärer Wirkung. Kauft der private Sektor die Anleihen, dann wirkt das dämpfend auf die Preise und das BIP-Wachstum. Die „Verbündeten" der USA haben selber genug eigene Staatsanleihen, die Käufer brauchen. Also wird es nur umso wahrscheinlicher, dass die Fed sich bald dreht – Inflation s.o.!

Wie überbewertet sind Aktien heutzutage? Buffett hat vorgeschlagen, zur Antwort auf diese Frage die aktuelle Kapitalisierung des Unternehmensbereichs ins Verhältnis zum BIP zu setzen. Es gibt diesbezüglich Varianten, die sich aber nur geringfügig unterscheiden. Der folgende Chart zeigt den Verlauf seit 1950 (Chartquelle).

blank

Der aufsteigende Trend springt ins Auge. Er dürfte bedingt sein durch zunehmende Geldmenge/zunehmende Verschuldung, sowie durch steigende Produktivität, sinkende Kosten u.a. der Arbeit und weitere Faktoren. Also muss man den Trend herausrechnen, um zu aussagkräftigen Schlüssen zu kommen. Das berücksichtigt der folgende Chart (Chartquelle).

blank

Daraus ergibt sich, das Aktien zur Jahreswende 2021/2022 so stark überbewertet waren wie beim Platzen der dotcom-Blase. Aktuell ist das Maß der Überbewertung so weit abgebaut, dass es nicht mehr weit von der Zone der fairen Bewertung entfernt ist. Der obere Rand dieser Zone wäre gerade erreicht, wenn der S&P 500 bei rund 3770 stünde.

So lange es keine wesentlichen neuen Informationen gibt, die zur Flucht von Kapital aus Aktien führen, dürfte sich aus der Betrachtung des Buffett-Indikators wohl kein besonderer Druck auf die Kurse ergeben. Hier werden wir ab der nächsten Woche schlauer, wenn mit den großen Banken die Berichtssaison für das erste Qzartal startet. Allgemein wird erwartet, dass die Q1-Gewinne im S&P 500 5% niedriger als vor einem Jahr liegen. Aber vor einem Jahr stand der S&P 500 mit gut 4500 rund 10% höher als aktuell.

Der S&P 500 hat in der zurückliegenden Woche mehr oder weniger Wasser getreten und bei 4105,02 geschlossen. Die EMA50 ist dabei, die EMA200 von unten nach oben bei 4003 zu durchschneiden. Das wird als „Golden Cross“ bezeichnet – golden deswegen, weil eine solche Konstellation oft eine nachhaltige Aufwärtsbewegung einläutet. „Oft“ ist nicht immer, und je weiter entfernt der Kurs vom Kreuzungspunkt entfernt steht, je eher besteht die Tendenz, dass der Kurs (zunächst) die gleitenden Mittelwerte testet (siehe hier!).

Im kurzfristigen Bild bewegt sich der Index in einem Trendkanal, der nach Abfertigung der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse gebildet wurde. Wenn der gebrochen würde, wäre das Ende der Bullenwelt auch nicht erreicht, so lange 4010 respektiert würde (38-er Retracement).

blank

Etwas „Verdrückung“ könnte mit Blick auf den VIX entstehen. Der zeigt sich kurzfristig überverkauft und weist auch wieder Anzeichen von „Greed“ auf – abnehmende Volatilität im Verhältnis zum S&P 500. Die Akteure werden sorgloser. Das ist zeitlich übergeordnet bedeutsam als Warnzeichen, kurzfristig bestätigt es eher den eingeschlagenen Kurs.

Die Marktbreite ist bullisch, die Volumenverteilung ebenso. Der Anteil steigender Aktien schwächelt etwas, hier wird konsolidiert. Das ist auch insgesamt der Eindruck – die Akteure verdauen den Anstieg seit dem vorläufigen Ende der Bankenkrise. Die Charttechnik nach MACD, RSI und Stochastik behält die bullische Tendenz bei.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis (tägliche Aktualisierung auf der Startseite) zeigen eine leichte Dominanz zyklischer Merkmale. Der „Inflow“ begünstigt leicht Expansion. Auch hier Zeichen einer Konsolidierung mit expansivem Ausblick.

Vor dem Beginn der Berichtssaison ist eine gewisse Zurückhaltung und Unsicherheit plausibel. Über alles gesehen dürften die Chancen der Bullen aber vermutlich den April hindurch überwiegen. Dann steht das FOMC-Treffen der Fed an (2./3. Mai), das wieder eine besondere Bedeutung hat.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bewertung: 5.0/5
Please wait...
blank