Was ist links, was ist rechts?

In der Diskussion und Analyse der politischen Wirklichkeit geraten die Fronten immer mehr durcheinander. Ob das Absicht ist oder nicht? Bei dem einen mag es Fährlässigkeit sein, Unkenntnis auch, aber bei vielen scheint Absicht vorzuliegen. So bezeichnen etwa die Quantitätsmedien alles als „rechts“, was der Regierungslinie zuwider läuft.

Da wird auch schon mal eine Politik als links bezeichnet, welche die Begünstigung selbst kleinster religiöser, ethnischer oder sexueller Minderheiten wichtiger nimmt als die soziale Frage. Keine Ahnung, was daran links ist. Oder Harbeck wird als „Kommunist“ betitelt, die Innenministerin Faeser sei linksradikal. Auch von links-grüner Politik unter Merkel ist die Rede. Manchmal werden neue "politische" Farben erfunden, Politiker sind dann lila, was immer das auch bedeuten mag.

Was ist „links“, was „rechts“? Diese Bezeichnungen für gesellschaftspolitische Positionen sind im Rahmen der Auseinandersetzung der beiden Klassen unserer Gesellschaft geprägt worden. Links ist eine Position, die sich für die Masse der abhängigen Arbeiter und (kleinen) Angestellten stark macht. Rechts ist eine Position, die eher die Interessen der Seite des Kapitals in Gestalt (großer) Unternehmen und Banken im Auge hat.

Ja, diese Klassen gibt es immer noch und die Widersprüche zwischen ihnen sind so groß wie lange nicht. Warren Buffet, der „gute“ Investitionsonkel, hat einmal gesagt: „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“

Wenn es also diese Klassengesellschaft gibt, sind die Begriffe „links“ und „rechts“ immer noch gültig. Man kann sie mit ideologischen Inhalten füllen: Eine Einstellung gegen Kriege wird eher mit „links“ verbunden. „Autoritäres“ Gedankengut ist eher im „rechten“ Lager zu finden, „links“ steht eher für die Betonung von Bürgerrechten. Als „links“ gilt eine eher internationalistische Richtung, während völkisch-nationale Gedanken häufig in Zusammenhang mit „rechts“ gesehen werden.

Es mag zu der Begriffs-Verwirrung beigetragen haben, dass die Partei „Die Linke“ sich in der Corona-„Pandemie“ weitestgehend unkritisch der Regierungslinie angeschlossen hat. Umgekehrt hat sich die AfD, von rechtem Gedankengut getragen, an einzelnen Punkten hier durchaus kritisch positioniert. Die Verwirrung wird noch vertieft dadurch, dass sich „die Linke“ hinsichtlich des Ukraine-Kriegs stramm auf die Seite der Regierung (=USA/Nato) stellt, während die AfD auch hier zumindest partiell Kritik äußert.

„Die Linke“ kann man heutzutage als Vertreterin von „linken" Positionen vernachlässigen. Sarah Wagenknecht hält als einziges bekanntes Mitglied dieser Partei noch die Fahne hoch. Aber sonst? Es passt zur gegenwärtigen Ausrichtung der „Linken“ auch, dass sie bei der Genderei fleißig mitmacht.

Die Genderei – ein perfides Instrument, um gesellschaftliche Widersprüche zu unterdrücken. Gutes Beispiel ist die Verwischung der geschlechtlichen Unterschiede durch abenteuerliche Sprachkonstrukte à la „Arbeiter:innen“. Oder es werden Worte getilgt. „Mohr“ z.B. verschwindet von Apotheken, Straßennamen und auch sonst aus dem gesellschaftlichen Leben, weil das Wort angeblich diskriminierend ist.

Mit solchen Begrifflichkeiten wird vorgespiegelt, dass es keine Unterschiede und Widersprüche gibt. Dabei existieren etwa die Unterschiede zwischen Mann und Frau trotz aller Doppelpunkte fort, nicht nur auf der geschlechtlichen, sondern auch auf der gesellschaftlich-materiellen Ebene. Genauso ist es, wenn wir „Mohr“, „Neger“ und dergleichen aus dem Wortschatz streichen. Die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnisse werden durch eine solche Sprache zugekleistert, aus dem Bewusstsein gerückt, aber sie bleiben wie sie sind.

Hinzu kommt, dass im Zuge dieser Gleichmacherei die Benachteiligung kleinster religiöser, ethnischer oder sexueller Minderheiten in den Mittelpunkt gestellt wird; die gesellschaftliche Verhältnismäßigkeit kommt dabei völlig unter die Räder.

Das alles lenkt von der „sozialen Frage“ ab – eine Frage, die mit der inflationären Entwicklung immer stärker an Bedeutung gewinnt.

Über viele Jahre hat sich die Verteilung von Einkommen und Vermögen auseinander entwickelt. Die Unterschiede zwischen arm und reich sind in Deutschland ähnlich extrem wie etwa in den USA (siehe etwa hier!). Schon 2016 besaß das reichste Prozent der Weltbevölkerung 50,8% des Welt-Vermögens, mehr also als die anderen 99% (siehe hier!).

Diese gravierenden Unterschiede bleiben in der gesellschaftlichen, tagesaktuellen Realität so lange weitgehend unbemerkt und ohne Wirkung, so lange die arbeitende Bevölkerung ihren laufenden Lebensunterhalt einigermaßen gut finanzieren kann.

Mit der gerade erst angelaufenen Inflationierung ändert sich das. Die Unterschiede in der realen Lebenshaltung werden immer krasser, immer mehr „einfache“ Leute machen sich zu recht Sorgen, wie sie sich und ihre Familie finanzieren können. In den kommenden Monaten wird sich die Situation zuspitzen.

Die begriffliche Verwirrung um „rechts“ und „links“ passt dazu, sprachlich von den wirklich wichtigen Fragen unserer Gesellschaft abzulenken. Dazu zählt eben auch die „soziale Frage“: An welchen Interessen soll unsere Gesellschaft vorrangig ausgerichtet werden? Es gibt nur zwei Antworten. Die linke Antwort macht sich für die Masse der abhängigen Arbeiter und (kleinen) Angestellten stark. Die rechte Antwort orientiert sich an den Interessen des großen Kapitals. So einfach ist das. Und daher ist ein Harbeck kein Kommunist, eine Faeser nicht linksradikal, eine Merkel nicht links.

Das alles muss man in einen größeren Zusammenhang stellen: Die westlichen Gesellschaften befinden sich in einem wirtschaftlichen Niedergang, bisher mühsam zugekleistert mit immer verrückterer Geldflutung seitens der Zentralbanken. Dieser Niedergang geht auf die dominante Rolle des Finanzkapitals zurück, das die Realwirtschaft ausschließlich als Renditequelle sieht.

Die wirtschaftliche Schwäche bringt nach außen die Hegemonie der USA (Nato) ins Wanken (siehe z.B. hier!). Nach innen führt die deformierte Realwirtschaft dazu, dass sie die grundlegenden Bedürfnisse der Gesellschaft nicht mehr sicherstellen kann und die immanenten Klassen-Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft entlang der physischen Existenz der Bürger aufbrechen. Wie wir das jetzt sehen.

Mit der immer engeren Verbindung der großen Technologie-Unternehmen mit den Nationalstaaten zum Zwecke der lückenlosen Kontrolle der Bevölkerung (die eben mit dieser Technologie unschlagbar billig zu haben ist) sollen Widerstände, Demonstrationen und „Aufstände“ breiter Bevölkerungsschichten zur Durchsetzung ihrer unmittelbaren Lebensinteressen im Keim erstickt werden. Innenministerin Faeser warnte vor einigen Tagen schon entsprechend.

In der Corona-„Pandemie“ wurde eingeübt, wie die mediale Beeinflussung der Bevölkerung und das Unterdrücken alternativer Meinungen funktioniert. Das geht in der Ära des Ukraine-Kriegs munter weiter. Und das bringt uns zu der Frage: Wollen wir uns den Wahrheitsministerien, z.B. den sozialen Netzwerken, ausliefern, die für uns entscheiden, was Wahrheit und was Lüge ist. Oder wollen wir uns unser Urteil aufgrund einer Vielzahl frei zugänglicher divergierender Informationen und Meinungen selbst bilden.

Und weiter: Wollen wir in einem zentral gesteuerten faschistoiden Staatswesen leben oder soll es weitgehend selbstorganisierend funktionieren? Soll der „moderne“ Mensch ein Seelen-, Wissens- und Willens-loses Rädchen in einer gut geölten Gesellschaftsmaschine sein? Oder hat er selbst weitgehende Freiheit und Verantwortung für sich und die Gesellschaft um ihn herum?

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