Corona und die Ungleichmäßigkeit der Verteilung

Wie sieht die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen im Licht der „Corona-Krise“ aus?

Den Anfang dieser Entwicklung kann man bezogen auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1980-er Jahren festmachen. Seinerzeit setzte eine Wende in der Geldpolitik ein, die Zentralbanken begannen, jede Krise in Liquidität zu ertränken, „vergaßen“ aber, die Zinsen danach wieder hochzusetzen. Die dadurch im langfristigen Trend sinkenden Zinsen begünstigen all die, die über freie Geldmittel verfügen und diese investieren. Der Zins ist der Preis des Geldes, sinkt der Preis, können solche Mittel leichter beschafft werden. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der von der Fed direkt gesteuerten US-Leitzinsen (Chartquelle).

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Einige Zeitreihen zeigen schon vor den 1980er Jahren für die Verteilung von Einkommen und Vermögen relevante Entwicklungen. So befindet sich der Anteil der Löhne und Gehälter am US-Bruttoinlandsprodukt seit Ende der 1960er Jahre auf dem Rückzug (siehe im folgenden Chart den unteren Teil). Gleichzeitig hat im selben Zeitraum der Anteil der Unternehmensgewinne im nicht-Finanzbereich am US-BIP eher abgenommen, während diesbezüglich die Gewinne im Finanzbereich deutlich angestiegen sind (siehe im folgenden Chart den oberen Teil).

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Die folgenden Charts präzisieren das Bild. In rot wird der Anteil der unteren Hälfte der Verteilung von Einkommen, bzw. Vermögen dargestellt, blau zeigt den der oberen 10%, grün steht für die mittleren 40%, orange gibt den Wert für das obere ein Prozent wieder. Die beiden oberen Charts zeigen die Situation für die USA, der untere zeigt sie für Deutschland (Daten für die Verteilung des Vermögens in Deutschland waren nicht erreichbar) (Chartquelle).

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Die Verhältnisse ähneln sich in den USA und in Deutschland, in den USA sind die Verteilungen allerdings besonders zugespitzt. Wichtig ist: Von diesen Entwicklungen sind auch die mittleren Einkommen und Vermögen betroffen.

Sinkende Zinsen, erst recht wenn die Entwicklung in finanzielle Repression mündet (negative reale Zinsen), führen auf längere Sicht zu Altersarmut. Immer niedrigere Zinsen verringern die Sparneigung, fördern den direkten Verbrauch des Einkommens. Gleichzeitig treibt dies die Assetpreise an, was etwa über steigende Hauspreise und in der Folge steigende Mieten wiederum eine umverteilende Wirkung hat.

Ein übermäßig niedriges Zinsniveau fördert über niedrige Kapitalkosten auch solche Automatisierungs-Vorhaben in Produktion und Dienstleistung, die anderenfalls unrentabel wären. Das drückt im allgemeinen Löhne und Gehälter und kostet Arbeitsplätze. Im Endeffekt finden sich die unteren und mittleren Schichten in einer Situation wieder, in der sie immer weniger verdienen und relativ dazu immer mehr ausgeben.

Billiges Geld fördert den Hang zu ausufernder Spekulation, wie die Subprime-Krise eindrucksvoll gezeigt hat. Damals wurden die Preise von mehr oder weniger wertlosen Ansprüchen aus Hypotheken-Darlehen in astronomische Höhen getrieben. Das ist kein einmaliges Phänomen. Regelmäßig entfernen sich mit einer Geldschwemme die Preise von Finanz-Assets von ihrem inneren Wert bis zu dem Punkt, wo die Entwicklung nicht länger haltbar ist. Billiges Geld fördert auch den Bestand von Zombie-Unternehmen, eine „schöpferische Zerstörung“ á la Schumpeter findet nicht mehr statt. Insgesamt macht die Geldflut unser immer mehr von der Finanzindustrie abhängiges, immer stärker verschuldetes Wirtschaftssystem immer instabiler.

Die Konsumquote der oberen paar Prozent in der Verteilung ist gering im Vergleich zu der breiten Bevölkerung, die zusätzlich mit sinkenden realen und auch nominalen Einkommen konfrontiert ist. Gesamtwirtschaftlich bedeutet das eine tendenziell sinkende kaufkräftige Nachfrage und drückt damit die Wachstumsraten.

COVID-19 und die Maßnahmen darum herum wirken wie Brandbeschleuniger. Millionen von Arbeitsplätzen im unteren Lohnbereich gehen verloren. Hilfsprogramme hatten und haben eine sehr ungleiche Wirkung – untere Einkommensschichten und kleine Unternehmen haben letztendlich wenig davon, große Unternehmen haben hingegen leichten Zugang zu den Finanzhilfen der Zentralbanken und der Regierungen. In vielen Fällen nutzen börsennotierte Unternehmen die Liquiditätsschwemme, um eigene Aktien zurückzukaufen und Boni für das obere Management auszuschütten. Der Rückkauf eigener Aktien wirkt kurssteigernd, das verbessert den Wohlstand der Anteilseigner. Hochverschuldete große Zombie-Unternehmen werden durch die Hilfsprogramme alimentiert.

Insgesamt gehen die frischen Mittel der Anti-Corona-Maßnahmen mehrheitlich in eine Verwendung, die die Produktivität und Effektivität der Wirtschaft nicht fördert. Das Pleiterisiko kleinerer innovativer Unternehmen steigt, sie werden zum billigen Frass für Moloch-Unternehmen.

Das obere Ende in der Verteilung von persönlichen Einkommen und Vermögen ist finanziell abgesichert, selbst größere Schicksalsschläge dürften zu keiner Existenz-bedrohenden Situation führen. In der unteren Hälfte der Verteilung sieht das anders aus, können Schicksalsschläge Existenzen vernichten, selbst wenn alles getan wurde, um vorzusorgen. In Zeiten sinkender Wachstumsraten, wie wir sie seit der Jahrtausendwende sehen, kann man sogar sagen, dem oberen Ende geht es gut, weil es dem unteren immer schlechter geht. In solchen Zeiten wird der Kampf um die Verteilung des jährlichen Mehrprodukts härter, der wirtschaftlich stärkere lässt dem schwächeren nichts übrig.

Die wirtschaftlichen Entwicklungen, insbesondere die zunehmende Ungleichheit bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen, führen zu einer Spaltung der Gesellschaft. Die untere Hälfte in der Verteilung fühlt sich zunehmend abgehängt und identifiziert sich immer weniger mit der Gesamtgesellschaft und dem Staatsapparat.

Wenn der Wohlstand ein gewisses Niveau erreicht hat und es gesamtgesellschaftlich nicht mehr um die bloße Sicherung der Existenz geht, wird aus dem „wir sitzen alle in einem Boot“ allmählich ein „die Gewinner nehmen alles“. Die oberen paar Prozent in der Verteilung bereichern sich, die Lebensverhältnisse der breiten Bevölkerung verschlechtern sich. Das zerstört den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Auch das drückt letztlich das Wirtschaftswachstum.

Wenn sich die Individuen einer Gesellschaft immer weniger mit dieser identifizieren können, kommt auch die soziale Ordnung durcheinander. Im Endergebnis kommt es zu einer Vereinzelung und Isolierung. Diese Entwicklung wird heute auch durch die sogenannten sozialen Medien vorangetrieben. Dies nutzt den jeweiligen „Eliten“ nach dem Prinzip „Teile und herrsche“.

Ab einem bestimmten Punkt, bevor sich die vereinzelten Individuen selbst zu organisieren beginnen, wird diese Entwicklung häufig aufgefangen durch totalitäre Bewegungen. Sie versprechen den Individuen einen (scheinbaren) Halt in einer neuen Gemeinschaft. Wie die Geschichte der Entwicklung etwa des Naziregimes zeigt, stehen hinter solchen totalitären Gruppen oder Parteien in der Regel bestimmte Kreise der „Eliten“ (siehe etwa hier!).

Peter Turchin versucht mit seiner Theorie der Überproduktion von Eliten zu zeigen, woran wohlhabende Gesellschaften in der Vergangenheit immer wieder gescheitert sind. Er unterscheidet integrative und desintegrative Phasen, deren Länge er in der Neuzeit mit 60-80 Jahren bemisst, wie er in einem interessanten Blog-Artikel zeigt. Desintegrative Phasen schwächen die staatliche Einheit, machen sie anfällig für externe und interne Krisen. Für Turchin ist die Entwicklung der Verteilung von Einkommen und Vermögen ein wichtiges Indiz für die Stabilität einer Gesellschaft.

Covid-19 beschleunigt bereits angelegte soziale und wirtschaftliche Entwicklungen. Angesichts sinkender Wachstumsraten, zunehmender Überschuldung und sinkender kaufkräftiger Nachfrage verschlechtern sich die Verwertungsbedingungen des Kapitals, der Kampf um die Verteilung des jährlichen Mehrprodukts wird härter. Gleichzeitig verstärkt sich die Ungleichmäßigkeit der Verteilung von Einkommen und Vermögen massiv.

Wir befinden uns in einer Phase der Rückabwicklung demokratischer Rechte, die im „Kalten Krieg“ eine wichtige Stabilisierungsfunktion insbesondere in Europa hatten. Totalitäre Tendenzen sind flankierende Maßnahmen auf der politischen Ebene zu den wirtschaftlichen Entwicklungen, unangemessene „Anti-Corona“-Restriktionen sind die Vorübung. Der „Große Reset“ des World Economic Forum, dem Zentralkomitee der Großunternehmen, liefert dazu die Phrasen.

Die einfache, hinsichtlich „Corona“ weitestgehend nutzlose Stoffmaske vor dem Mund ist das weithin sichtbare Zeichen für „Ihr habt nichts zu sagen“.

[Zum Sinn oder Unsinn solcher Masken siehe hier und in einem sehr guten Überblick hier. Des weiteren siehe hier!]

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