Drei Bespiele deutscher Wirklichkeit

Kürzlich hat die Innenministerin Faeser, die, die vor kurzen mit einem Sektglas in der Hand grinsend auf einem Balkon in Kiew abgelichtet wurde, zu einer Tirade gegen die Bürger in diesem Land ausgeholt. Mit Blick auf die drohende Energie-Krise sagte sie: „Demokratiefeinde warten nur darauf, Krisen zu missbrauchen, um Untergangsfantasien, Angst und Verunsicherung zu verbreiten.“

In den zurückliegenden Jahren wurden Demonstranten oft im Nachhinein als rechtsextrem beschimpft, weil sie vor den Nebenwirkungen der Covid-Impfung, vor dem Infektionsschutzgesetz, oder vor der Impfpflicht gewarnt haben. Durchaus zu Recht, wie sich gezeigt hat. Jetzt wird schon vor Demonstrationen gewarnt, die noch gar nicht stattgefunden haben.

Faeser geht noch weiter: Es gebe keinen „legitimen Grund“, verunsichert zu sein und zu demonstrieren. Warum, wenn nicht jetzt, kann man verunsichert sein? Die Kosten für Energie steigen und steigen, die Sicherheit der Energieversorgung steht in den Sternen. Vertrauen in diese Regierung schwindet, Angst macht sich breit.

Die Ansage ist klar: Die Regierung wird Demonstrationen torpedieren, wo und wie sie nur kann. Sie wird versuchen, solche Bestrebungen schon im Keime zu ersticken und zu kriminalisieren. Schließlich hat sie in der Corona-Zeit geübt, wie es geht. Außenninisterin Baerbock hat sich kürzlich verplappert, als sie vor möglichen Unruhen warnte.

Und die Medien stehen fest an ihrer Seite. Faesers Tirade wurde brav über die öffentlich-rechtlichen Medien verbreitet. Jene, die vom Kopf her zu stinken anfangen – siehe den Abgang Schlesingers erst als ARD-Vorsitzende und dann als RBB-Chefin. (Siehe zu Zensur-Bestrebungen auf EU-Ebene auch hier!)

Die für die feministische Außenpolitik Deutschlands zuständige Baerbock hat jetzt in New York eine transatlantische Grundsatzrede gehalten. Triefend von dumpfen transatlantischen Floskeln bezeichnete sie den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine als „wahrlich transatlantisches Schlüsselmoment“. Seitdem stünden Europa, Deutschland und die USA (wieder) eng zusammen.

Baerbock konstruierte in ihrer Rede ein aus drei Säulen bestehendes Manifest für die „neue Welt“. Die erste sei die „Sicherheit“. Die NATO müsse die westlichen Werte weltweit verteidigen und dafür bräuchte sie neben den USA ein zweites Fundament. Das soll ein Europa sein, das von Deutschland angeführt wird. Deutschland werde Europa durch die Integration der Rüstungsindustrie zu einem starken „Produzenten von Sicherheit“ machen. In dieses Sicherheitskonzept will man auch die „Desinformation in den Sozialen Medien“ und die Überprüfung der Lieferketten einbeziehen.

Die zweite Säule sei das „gemeinsame Einstehen für die regelbasierte internationale Ordnung“ – gemeinsam mit den USA, die dafür bekannt sind, sich durch völkerrechtliche Fragen nicht an der Durchsetzung ihrer eigenen Interessen hindern zu lassen. Aber es soll noch weiter gehen. Die VR China soll dazu gezwungen werden, sich ihrer „Weltordnung“ zu unterwerfen. Auch sonst sieht sie sich weitestgehend auf der Linie der US-Strategie, vertont sie, sie, die ja „vom Völkerrecht kommt“. Das Prinzip „Wandel durch Handel“ sei eine gescheiterte Strategie, die nicht mehr verfolgt werde, so Baerbock.

Die dritte Säule von Baerbocks deutsch-amerikanischer Weltherrschaft ist die gegenseitige Verteidigung und Stärkung der Demokratie. In den USA bestehe Gefahr für die Demokratie in der Abtreibungsfrage. Was noch? Fehlanzeige, kleine Nachhilfe: Jetzt wurde z.B. bekannt, dass die US-Administration den Covid-Impf-kritischen Journalisten und Autor Alex Berenson von Twitter verbannt sehen wollte – Monate bevor Twitter dies dann tatsächlich umgesetzt hat. Denken sollte man in diesem Zusammenhang auch an die 50 Jahre anhaltenden Machenschaften eines Dr. Fauci, der zusammen mit Bill Gates das öffentliche Gesundheitssystem gekapert hat. Die in den USA bestehende Oligarchie ist die wirkliche Gefahr für die dortige Demokratie – und darüberhinaus. Für Europa sieht Baerbock Gefahren für die Demokratie in Gestalt der LGBTQ-Rechte und der Unabhängigkeit von Journalisten; damit sind wohl Ungarn und Polen gemeint. In Deutschland ist demnach alles in Ordnung. Siehe Frau Faser oben!

Ist diese Rede Ausfluss von Größenwahn oder von völliger Unterwürfigkeit unter die Ziele von USA und NATO? Persönlich mag sie sich bei dieser Rede im Rausch ihrer eigenen angenommenen Bedeutung befunden haben. In der politischen Realität sind ihre Vorstellungen geprägt davon, in der NATO und in Europa die erste Geige im Hegemonie-Orchester des Dirigenten USA zu spielen. Größenwahn auf kleiner Flamme… Für „Desinformation in den Sozialen Medien“ und für die Überprüfung der Lieferketten scheint sie sich auch schon zuständig zu fühlen.

Und damit bin ich beim dritten Thema. Mit Ralf Schuler verlässt einer der renommiertesten Politikjournalisten des Landes die „Bild“-Zeitung. Als Leiter der Parlamentsredaktion stand er zuletzt für die politische Berichterstattung des Boulevardblattes. In einem Brief an Springer-Chef Döpfner und „Bild“-Chefredakteur Boie beklagt er einen zu unkritischen Umgang des Konzerns mit der LGBTQ-Bewegung. „Jedwede Diskriminierung ist von Übel. Sich gegen Diskriminierung zu wenden, bedeutet aber nicht, sich die Agenda der LGBTQ-Bewegung zu eigen zu machen, wie wir es derzeit tun.“ Judith Sevinç Basad hatte im Juni bei „Bild" gekündigt, weil Döpfner vor einem „woken" Proteststurm eingeknickt ist.

Mal abgesehen davon, dass mit der Queer-Ideologie in der Biologie wohl begründete Vorstellungen über den Haufen geworfen werden – wenn sich immer mehr Medien auf die Seite dieser Bewegung schlagen, trägt das zur Auflösung des gesellschaftlichen Konsens bei. Die so entstehende gesellschaftliche Verunsicherung und Spaltung bewirkt genau das: „Teile und herrsche,“ wie es schon Macchiavelli propagierte. Und sie ist Ablenkung von den existentiellen Bedrohungen, denen wir ausgesetzt sind, besser, die uns die Regierung zumutet. „Der Fall Schuler straft all diejenigen Lügen, die immer noch die Misstände in Sachen Demokratie und Meinungs- sowie Pressefreiheit in Deutschland schönreden oder verdrängen."

Drei Beispiele bundesdeutscher Wirklichkeit – nach innen werden die Bürger bedroht, auf die Durchsetzung ihrer Grundrechte zu verzichten, auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen wird Unsicherheit und Spaltung betrieben, nach außen wird Deutschland in die Rolle des ersten Stellvertreters der USA manövriert.

Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. Diese Schlussworte des Epilogs zu dem Parabelstück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ fielen mir dieser Tage wieder ein. Bertold Brecht transponierte das Nazitum in ein Gangstermilieu, womit er gleichzeitig vor den Gefahren für demokratische Verfassungen und vor einer aus Habgier handelnden Gang warnte. Der Schoß ist derselbe noch – Macht- und Habgier einer Clique von Groß-Kapitalisten und ihrer Handlanger in Regierungen und Medien.

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