Kürzlich äußerte sich Bundeskanzlerin Merkel im Online-Gespräch mit Studenten über Corona-Leugner und Querdenker. Die Denkweise der Verschwörungstheoretiker und Querdenker sei, so Merkel, ein „Angriff auf unsere ganze Lebensweise“.
Diese verabschiedeten sich aus der Welt der Fakten, so dass wir sie „mit unserer faktenbasierten Sprache gar nicht erreichen können“. Europa sei seit der Aufklärung den Weg gegangen, „sich auf der Basis von Fakten sozusagen ein Weltbild zu verschaffen. Und wenn ein Weltbild plötzlich losgelöst oder antifaktisch ist, dann ist das natürlich mit unserer ganzen Art zu leben sehr schwer vereinbar."
Frau Merkel hat da etwas nicht mitbekommen – es gibt nicht einfach nur Fakten. Es gibt auch nicht nur ein gültiges Bild von der Welt. Fakten haben viele Seiten, sie sind Bausteine, die zu unterschiedlichen Weltbildern zusammengesetzt werden können. Frau Merkel ist nicht im Besitz der absoluten Wahrheit, niemand ist das.
Schlimmer noch – die Kanzlerin sagte in den zitierten Gespräch auch in Richtung „Querdenker“: „Das übliche Argumentieren, das hilft da nicht, deshalb ist das für uns schon eine besondere Herausforderung. (…) Das wird vielleicht auch eine Aufgabe für Psychologen sein.“ Da ist es doch nicht mehr weit bis zur Forderung nach einem Umerziehungslager.
Und dann – alles, was diese Dame betreibt, ist „alternativlos“. Die Bankenrettung nach 2008, die Rettung des Euro, die Energiewende, das Flüchtlingschaos und auch die Corona-Politik – alles alternativlos. Das Wort alleine zeugt schon von wenig demokratischer Gesinnung, denn es beinhaltet die Aussage, ich weiß es besser, alle anderen Meinungen taugen per se nichts.
Bezeichnend auch, wie Merkel den Begriff „Primat der Politik“ versteht. Damit ist „eigentlich“ gemeint, dass der politische Wille Vorrang hat etwa vor wirtschaftlichen oder militärischen Aspekten. Merkel gebraucht den Begriff aber als Rechtfertigung dafür, dass sich Politiker mit Alleingängen über demokratische Mehrheiten hinwegsetzen, so wie das in ihrer Rede zur Vorstellung des Allensbacher Jahrbuchs der Demoskopie am 3. März 2010 anklang: „…Ich finde es auch vernünftig, dass sich die Bevölkerung das Ergebnis einer Maßnahme erst einmal anschaut und dann ein Urteil darüber bildet. Ich glaube, das ist Ausdruck des Primats der Politik. Und an dem sollte auch festgehalten werden.“
Nicht die „Querdenker“ greifen unsere ganze Lebensweise an. Wenn jemand in unsere ganze Lebensweise eingreift, dann ist es die Politik aus Berlin, u.a. mit dem §28a des Infektionsschutzgesetzes und seinem Katalog an Eingriffen in Grundrechte und Privatsphäre.
Die Hetze gegen Verschwörungstheorien zielt darauf ab, die berechtigte Kritik an der Regierung zu desavouieren, in der ein klarer Pharma-Lobbyist per Infektionsschutzgesetz den Ton angibt. Das Weltbild von Merkel ist eindimensional, Corona dient als willkommener Anlass, um Züge eines autoritären Staats zu etablieren – so wie sie ihn in der DDR kennen- und offenbar auch lieben gelernt hat. Merkel sieht sich als Teil einer Elite, die alles besser weiß und deshalb den Anspruch hat, die Geschicke der Nation zu lenken. Dass sie sich dabei immer wieder auf die Gesundheit beruft, erleichtert die Durchsetzung autoritärer Maßnahmen.
Wie wenig die Gesundheit allerdings tatsächlich im Mittelpunkt dieser Regierung steht, sieht man auch daran, dass den Sommer über sechs Monate Zeit gewesen wäre, sich um die Kapazität an Intensivpflegeplätzen zu kümmern. Mehr als Gefasel von einer zweiten Welle kam aber nicht, so dass schließlich die real nutzbare Kapazität an solchen Betten v.a. wegen fehlenden Personals nicht zu-, sondern abgenommen hat.
Wie weit mittlerweile die Angriffe auf „Querdenker“ und „Impfgegner“ gehen, zeigt auch die Stellungnahme eines Mitglieds des Ethikrats der Bundesregierung. Da fordert dieser Wolfram Henn Verweigerer einer Corona-Impfung dazu auf, auch auf Notfallmaßnahmen im Krankheitsfall zu verzichten: „Wer partout das Impfen verweigern will, der sollte, bitte schön, auch ständig ein Dokument bei sich tragen mit der Aufschrift: Ich will nicht geimpft werden! Ich will den Schutz vor der Krankheit anderen überlassen! Ich will, wenn ich krank werde, mein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen."
In dasselbe Horn stößt der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Er fordert Konsequenzen für Gegner einer Corona-Impfung: "Zu prüfen wäre daher, ob Impfverweigerer wegen der aus ihrem Verhalten resultierenden externen Effekte dadurch sanktioniert werden können, dass bei ihnen kein Versicherungsschutz im Falle einer Covid-19-Erkrankung besteht." Dass dies eine Abkehr vom Solidarprinzip ist, stört ihn nicht weiter. Warum ist er nicht schon mal früher auf die Idee gekommen, zu fordern, etwa Raucher, Trinker und Extremsportler aus dem Solidarprinzip herauszunehmen? Hier ließe sich genauso argumentieren… Oder vielleicht Alte – selbst schuld, warum werden die auch so alt und belasten unsere Kassen (ohne etwas zu leisten).
Den beiden Wortmeldungen ist gemeinsam, dass jemand mit einer eigenen, zur Staatsmeinung konträren Meinung sanktioniert werden soll. Meinungsfreiheit, ade!
Das sind alles gedankliche Vorstöße, die testen, wie weit man gehen kann. Die Allgemeinheit soll an solche Überlegungen gewöhnt werden, bis sie keiner mehr hinterfragt. Bestimmt fordert bald einer Konzentrationslager für Querdenker und Impfgegner. Oder Vorbeugehaft. Oder Erziehungsheime. Oder vielleicht gleich Erschießen?
In die Linie der autoritären Ausrichtung passt auch die stiefmütterliche Behandlung der Kulturszene. Zwar gibt es gewisse (magere) Unterstützungsprogramme, die sind im Antragsverfahren jedoch teilweise so kompliziert und mit so vielen Fallstricken versehen, dass kaum ein Künstler damit ohne zusätzliche (Geld kostende) Beratung klar kommt. Kultur verbindet Menschen, unabhängig ihres Alters, Geschlechts oder ethnischer und sozialer Herkunft und trägt damit wesentlich zum Erhalt sowie der Entwicklung unserer pluralistischen und friedlichen Gesellschaft bei. Genau das wird auf der eingeschlagenen staatlichen Linie nicht gebraucht…
Es steht schlecht um die Demokratie und demokratisches Gedankengut in Deutschland.
Hierzu passt auch: „Wissenschaft und Aufklärung in der Corona-Krise“!
Nachtrag:
(31.12.20) Lesenswert: "Merkels Neujahrsansprache – dechiffriert Versteckte Botschaft für "Verlängerung" im Kanzleramt?"
(2.1.20) Merkel auf ihrer Sommerpresekonferenz am 20.7.18: "Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass wir Recht und Gesetz einhalten wollen und werden, und dass wir das, wo immer das notwendig ist, auch tun." (h/t Reitschuster) Recht und Gesetz einhalten, wo immer das notwendig ist? Das mag in der DDR so gehandhabt worden sein, in der Merkel als FDJ-Funktionärin aktiv war. Mit diesem Verständnis ist der machtpolitischen Willkür Tür und Tor geöffnet.
(7.1.21) Guter Artikel zu Merkels "Stil" – "Angela Merkel: 'Wenn ich mal auspacke…'"
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