EZB-Geldbasis kontrahiert

Die Entwicklung der Basisgeldmenge in Europa (Bargeld plus Einlagen der Kreditinstitute bei der EZB) ist im Zuge der beiden LTROs im Dezember 2011 und Februar 2012 stark angestiegen, als die Banken brutto rund eine Billion Euro aufnahmen. Im Juli wurde hier aber ein Maximum erreicht, die Geldmenge geht seit diesem Zeitpunkt kontinuierlich zurück und liegt per Jahresende 120 Mrd. Euro tiefer. Darauf weist Dr. Martin Hüfner, Assenagon, hin.

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Die im Rahmen der LTROs aufgenommenen Kredite müssen mit gegenwärtig 0,75% verzinst werden. Auf den Konten der EZB liegen Überschussreserven in Höhe von gut 600 Mrd. Euro, die keinen Zinsertrag bringen. Der größte Teil dieser Reserven dürfte aus Mitteln der LTRO-Kredite bestehen – macht eine Zinsbelastung von bis zu 4,5 Mrd. Euro pro Jahr.

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Die LTRO-Kredite laufen drei Jahre, sie können frühestens nach einem Jahr vorzeitig zurückgezahlt werden. Dies ist unter zwei Bedingungen verlockend. Erstens, es besteht keine Notwendigkeit, weiter auf einem Sicherheitspolster sofort verfügbarer flüssiger Mittel zu sitzen. Zweitens, die Versorgung mit billiger Liquidität ist weiterhin gegeben.

Rundherum wird das (nahe) Ende der Eurokrise gefeiert, da dürften immer mehr Banken die als Krisenvorsorge gedachte Liquidität zumindest reduzieren wollen. Da gleichzeitig die Versorgung mit billigem Zentralbankgeld noch längere Zeit gegeben sein wird, besteht bei Liquiditäts-Junkies auch keine Gefahr von Entzugserscheinungen.

Billige Liquidität steht mittlerweile auch im Interbanken-Verkehr wieder zur Verfügung. Der Drei-Monats-Euribor notiert aktuell bei 0,201% – deutlich unterhalb des EZB-Leitzinses von 0,75%. Im Jahreschart ist seit November eine Bodenbildung erkennbar, seit Juli (zeitgleich mit der oberen Wende beim Basisgeld) ging es beschleunigt abwärts. Die sich mit der Bodenbildung abzeichnende Aufwärtsentwicklung würde ich aktuell nicht wieder aufkeimendem Mißtrauen zwischen den Banken zuschreiben, sondern dem steigenden Bedarf an Interbanken-Finanzierung.

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Damit ergibt sich für die Banken eine äußerst vorteilhafte Konstellation. Sie können signifikante Zinslasten sparen und sich gleichzeitig zu deutlich günstigeren Konditionen Liquidität besorgen.

Eine ähnliche Situation ist auch in den USA festzustellen. Hier hat die Überschussliquidität seit Juli 2011 um rund 150 Mrd. Dollar auf aktuell 1570,3 Mrd. Dollar abgenommen. Hier gab es auch bereits Bedenken, die Fed könnte die Geldschwemme kassieren.

Die Aktienmärkte werden gegenwärtig nicht von fundamentalen Faktoren getrieben, Konjunktur und Verlauf der Unternehmensgewinne sind keine zentralen Katalysatoren. Die überbordende Liquidität war zuletzt tonangebend. Angesichts geringer Anleiherenditen und Mickerverzinsung auf Sparkonten blieb fast nur eine Anlagealternative – Aktien.

Ist dieses Szenario mit der Kontraktion der Geldbasis bald Makulatur? Wenn sich der Rückgang der Basisgeldmenge verstärkt und dann in den Schlagzeilen der Finanzpresse auftaucht, wird Unsicherheit aufkommen. Die Verunsicherung wird umso größer sein, je weniger sich die Inflation zeigt. Denn diese wird in der Öffentlichkeit als Beleg für lockere Geldpolitik genommen. Der Verlauf der europäischen Inflation HVPI zeigt aktuell eine ausgeprägte Abwärtsentwicklung – das könnte die Verunsicherung verstärken.

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So lange aber die Notenbanken weiter glaubhaft ihren Kurs fahren, die Zinsen bis (fast) zum Sankt-Nimmerleins-Tag tief zu halten und bereitwillig (fast) jede gewünschte Menge an Liquidität bereitstellen, ist diese Verunsicherung eher eine vorrübergehende Erscheinung und dürfte zu keiner dauerhaften Belastung führen. Bankaktien dürfte von der skizzierten Entwicklung profitieren.

Nachhaltiger dürften die Konsequenzen für Anleihen sein: Wenn der Geldmarkt-Zins im Zuge der beschriebenen Umstellungen bei den Banken weiter steigt, dürfte das zunächst vor allem bei kürzeren Bond-Laufzeiten zu steigenden Renditen (fallenden Kursen) führen, schreibt Hüfner. Ob das eine Trendwende hin zu einem generell steigenden Rendite-Niveau einleitet, ist eher unwahrscheinlich, so lange die Notenbanken den Kurs der Liquiditätsflut beibehalten.

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