Gebäudeenergiegesetz – Wahnsinn ist geschmeichelt

Das neue Gebäudeenergiegesetz nimmt seinen Lauf. Kinderbuchautor Habeck hat vor einigen Tagen in diesem Zusammenhang Wasserstoff als klimaneutrale Heizalternative ins Spiel gebracht. Das könnte Hausbesitzern ermöglichen, ihre Gasheizung zu behalten ohne auf Wärmepumpen umsteigen zu müssen, meint er.

Treiben wir diese Aussage auf die Spitze: Im Jahr 2021 wurden 560TWh (Terawattstunden ^ eine Milliarde Kilowattstunden (kWh)) an Heizöl und Erdgas für Raumwärme und Warmwasserbereitung verbraucht. Wollte man Heizöl und Erdgas vollständig durch Wasserstoff ersetzen, wären zu dessen Produktion zwischen 700 und 800 TWh an elektrischer Energie erforderlich – zusätzlich zur gegenwärtien öffentlichen Erzeugung an elektrischer Energie von insgesamt knapp 500TWh.

Das alleine macht das „Argument“ schon einigermaßen hinfällig. Abgesehen davon hat Habeck es sofort selbst wieder vom Tisch genommen: Grünen Wasserstoff werde es so bald nicht geben, außerdem sei er viermal so teuer, sagte er. Aha!

Mit dieser Bemerkung reißt er zugleich einen Eckpfeiler der gesamten grünen Energiepolitik ein: Wenn der grüne Wasserstoff zum Heizen viermal so teuer ist, dann ist er woanders, etwa beim Betrieb von Gaskraftwerken, eben auch viermal so teuer. Und wie viel mehr wird dann wohl der hiermit produzierte Strom kosten? Dabei soll der Strom doch laut der Expertin Katrin Göring-Eckhardt billiger werden.

Wasserstoff wird hauptsächlich durch Elektrolyse gewonnen, dabei wird Wasser (H2O) durch Einleitung von elektrischem Strom in seine Bestandteile zerlegt – zwei Teile Wasserstoff, ein Teil Sauerstoff. Erreicht wird ein Wirkungsgrad von etwa 75%. Wenn man Salzwasser anstatt Süßwasser nimmt, etwa wenn man in Windparks auf See die Elektrolyse vor Ort betreibt, sinkt der Wirkungsgrad weiter ab.

Eine Rechtfertigung bekommt der „grüne“ Wasserstoff trotz deutlicher Energieverluste bei der Elektrolyse u.a. dadurch, dass man ihn als Speichermedium benutzt, um etwa eine zeitweilige Überproduktion durch Windenergie abzufangen. Die Alternative wäre, die Windmühlen vom Netz zu trennen, die Betreiber aber zu entschädigen – das ist die heute gängige Praxis.

Einen Überblick über die öffentliche netto-Stromproduktion von 2022 gibt das folgende Bild:

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Wärmepumpen benötigen bei günstiger Betrachtung gut 180TWh Strom, um den gleichen Heizbedarf für Raumwärme und Warmwasser bereit zu stellen wie mit dem Verbrauch von Öl und Gas (560TWh in 2021). Das gilt für Wärmepumpen mit der Effizienzklasse COP 3 – ich komme darauf zurück. Sieht nach einer win-win-Situation aus. Die CO2-Bilanz spricht hingegen beim aktuellen Strom-Mix (Chartquelle) nicht für Wärmepumpen.

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Der Strommix der zurückliegenden 12 Monate hatte einen CO2-Ausstoss von 0,517 kg CO2 pro kWh. Das wird nach dem 15.4.2023 eher noch einmal schlechter, wenn die letzten 3 Atomkraftwerke abgestellt werden und durch vermehrte Verfeuerung von Kohle- und Gas ersetzt werden müssen.

Eine Gasheizung produziert 0,16kg CO2 pro Kilowattstunde. Eine Ölheizung kommt auf 0,22kg/kWh. Der Verbrauch einer KW Strom setzt 0,517kg CO2 frei (Status quo in der Spalte "0% Keine WP"). Eine Wärmepumpe mit einem üblichen Wirkungsgrad von COP 3 (COP = Coefficient of performance) macht aus einer kWh Strom drei kWh Wärme. Das ergibt beim aktuellen Strom-Mix 0,172kg CO2 je kWh. Bei COP 2,5 sind es 0,207kg je kWh. Bei COP 3 verursacht die Heizung per Wärmepumpe also mehr CO2 als eine Erdgasheizung und bei COP 2,5 sogar fast so viel wie eine Ölheizung. Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe kommt unter realen Bedingungen eher auf COP 2, was fast 0,26kg CO2 je kwh ergibt.

COP ist die Abkürzung für „Coefficient of Performance”. Es stellt dar, wie effizient eine Wärmepumpe arbeitet. COP 3 bedeutet, dass die erzeugte Heizleistung dreimal so hoch ist wie die zum Betrieb benötigte elektrische Energie. Demzufolge bedeutet COP 2, dass noch die doppelte Heizleistung produziert wird im Vergleich zur benötigten elektrischen Energie. Die Werte werden unter standardisierten Betriebsbedingungen ermittelt, vergleichbar mit dem Normverbrauch von Kraftfahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotor. So wie in der Praxis solche Verbräuche kaum erreicht werden, so ist es auch mit COP.

Insbesondere bei den am häufigsten eingesetzten Luft-Wasser-Wärmepumpen sinkt die Effizienz mit dem Temperatur-Unterschied zwischen Außenluft und Innentemperatur deutlich ab. Deren COP-Wert wird üblicherweise für eine Lufttemperatur von 2° Celsius und einer Vorlauftemperatur von 35° Celsius ermittelt. Das ist in kalten Wintern unrealistisch. Auch die angegebene Vorlauftemperatur ist nur für gedämmte Häuser mit Fußbodenheizung ausreichend. Realistisch erscheint mir daher ein COP von 2, obwohl fast immer COP 3 unterstellt wird.

Wollte man, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, 65% der für Immobilien benötigten Heizleistung durch Wärmepumpen erzeugen (also ein Anteil von rund 364TWh), wäre bei einem Wirkungsgrad von COP 3 ein zusätzlicher Bedarf an elektrischer Energie von 121TWh zu veranschlagen (Status quo in der Spalte "0% Keine WP"). Soll dies durch Erneuerbare geschehen, müssten diese um 50% auf 365TWh ausgebaut werden. Bei COP 2 wären das 182TWh, was einem Ausbau um 75% auf 426TWh entspricht. Den Ausbau um 182TWh bezeichne ich für die nachfolgende Betrachtung als Fall 1 (blau markiert). Siehe die folgende Tabelle!

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Bei einem vollständigen Ersatz durch Wärmepumpen ergäbe sich ein zusätzlicher Bedarf von 187 (COP 3), bzw. 280 (COP 2). Der Ausbau der Erneuerbaren müsste dann 177%, bzw. 215% gegenüber dem aktuellen Stand betragen.

Sollen Erneuerbare insgesamt alle anderen Energieträger ablösen und sollen Wärmepumpen die Wärmeleistung vollständig erbringen, wäre mit einer erforderlichen Kapazität der Erneuerbaren von 673TWh (COP 3), bzw. 771TWh zu (COP 2) zu rechnen. Die Kapazität der Erneuerbaren wäre dann um den Faktor 2,76, bzw. 3,16 zu erweitern. Den Ausbau auf 771TWh, bzw. um 527TWh (244TWh werden bereits durch Erneuerbare bereitgestellt) bezeichne ich für die nachfolgende Betrachtung als Fall 2 (orange markiert). (Zu den in 2022 erzeugten 491TWh an öffentlicher Stromerzeugung wären eigentlich noch etwa 60TWh hinzuzurechnen, die Unternehmen etwa im Bergbau selbst produziert haben – ich vernachlässige das hier.)

Unterstellen wir, der Ausbau der Erneuerbaren würde ausschließlich durch onshore-Windmühlen erfolgen, so ergibt sich folgendes Bild. Ich setze dabei folgendes voraus: Die Stromeinspeisung kommt auf 1000 Stunden pro Jahr, das sind 2,8 Stunden am Tag. Die Generatoren haben eine Leistung von jeweils 4MW, 25 Windmühlen erzeugen 100MW und benötigen dazu eine Fläche von 4,125qkm (Quadratkilometer).

Bei Fall 1 kommen wir auf zusätzliche 45500 Windräder mit einem Flächenbedarf von 7508qkm. Bei Fall 2, dem Endziel dieses grünen Abenteuers, werden entsprechend 131750 Windmühlen gebraucht, die eine Fläche von 21739qkm beanspruchen. Im ersten Fall wäre der Flächenanteil der Windmühlen an der Fläche der Bundesrepublik Deutschland 2,1%, im zweiten Fall wären es 6,1%. Wichtig: Diese Flächen würden zusätzlich zum aktuellen Bestand an Windmühlen benötigt (28443, etwa 1,3% Fläche).

Zugegeben, Windenergie ist nicht die einzige Technologie der Erneuerbaren. Das Verhältnis zwischen Wind und Photovoltaik ist rund drei zu zwei. Und der Anteil der Windenergie an den Erneuerbaren beträgt insgesamt aktuell nur 50,6%. Also würde das Ergebnis am Ende nicht ganz so katastrophal in Bezug auf die zu installierenden Windräder ausfallen, wenn andere Technologien parallel dazu mit ausgebaut würden. Allerdings wird die Windkraft favorisiert. Und so ist die Perspektive erschreckend, insbesondere weil ja auch der Flächenverbrauch durch die Alternativen, etwa Photovoltaik-Anlagen, hoch ist. Und dann wird es häufiger so aussehen wie jetzt schon um das Dorf Struth in Thüringen herum.

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Und außerdem habe ich mich hier nur mit dem Thema der Gebäudeenergie befasst. Nicht berücksichtigt sind z.B. die E-Mobilität und andere zusätzlich stromfressende Faktoren. Siehe hierzu und zu den Kosten des gesamten Abenteuers der Erneuerbaren die Studie von Thomas Maetzel „DEUTSCHLAND CO2 – FREI ? – Kurzfassung“ vom 17.08.2022! Dies alles einbezogen halte ich es für durchaus denkbar, dass wir in absehbarar Zeit mit 100.000 und mehr zusätzlichen Windmühlen gesegnet werden.

UND: Nicht berücksichtigt ist ferner die CO2-Produktion, die mit dem Ausbau der Energieversorgung in die dargestellte Richtung einhergeht. Man rechnet mit etwa dem zehnfachen Ressourcenverbrauch bei den Erneuerbaren gegenüber der Erzeugung per Erdgas. Und die CO2-Produktion geht in etwa proportional zum Ressourcenverbrauch (siehe etwa hier oder hier!).

Selbst wenn man diesen Aspekt außer acht lässt, ergibt sich beim aktuellen Strom-Mix auch bei der vollständigen Erzeugung der benötigten Heizleistung durch Wärmepumpen mit COP 3 keine nennenswerte Einsparung gegenüber dem Status quo. Und COP3 ist eher Wunschtraum als Wirklichkeit – siehe oben.

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Auch bei einem um 33% hinsichtlich CO2-Ausstoß verbesserten Energie-Mix ist bei einem Wärmepumpen-Anteil von 30% noch kein deutlicher Effekt sichtbar. Selbst bei einem Wärmepumpen-Anteil von 100% und dem realistischeren COP 2 gilt das noch. Eine Verringerung des CO2-Austosses um 33% erfordert einen Ausbau der Erneuerbaren um etwa ein Drittel. Man muss beim Stom-Mix schon eine CO2-Reduktion um 50% erreichen, damit spürbare Effekte erzielt werden. Aber selbst im Szenario "65% Anteil von Wärmepumpen mit COP 2" beträgt die CO2-Reduktion ledglich gut 20%. Erkauft wird sie mit einem enormen technischen Aufwand, dem Ausbau der Erneuerbaren um ungefähr 50%.

Die Erdgasversorgung der Bürger soll mit der scheinheiligen Begründung wegfallen, dass man sich von Gasimporten unabhängiger macht. Gleichzeitig plant die Bundesregierung aber einen Ausbau der Gasimporte in ähnlicher Größe. Man tauscht die eine Abhängigkeit (von Russland) gegen die andere (USA-LNG), muss deutlich mehr zahlen und erzeugt auch noch mehr CO2 durch Fracking-Gewinnung und Verflüssigung, Transport und Rückwandlung in Gas.

Erklärt wird das dem Bürger damit, dass die Gaskraftwerke doch Wasserstoff-ready sind. Der drei- bis vierfache Einkaufspreis von LNG wird dann also perspektivisch, wenn irgendwann einmal ausreichend Wasserstoff zur Verfügung steht, ersetzt durch den gegenüber Erdgas viermal teureren Wasserstoff – super!

Nach dem Abschalten der verbliebenen Kernkraftwerke sollen im April 2024 noch 10000 MW Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Bis 2030 sollen nach den Planungen der Bundesregierung etwa 150TWh Erdgasstrom erzeugt werden, das wäre eine Steigerung um mehr als das dreifache in Bezug auf die aktuelle Stromerzeugung durch Gas. Das entspricht bei einem Wirkungsgrad von rund 50% in einem Gaskraftwerk etwa 300TWh Erdgas (moderne Technologien sollen hier auf einen Wirkungsgrad von 62% kommen). Zur direkten Wärmeerzeugung wäre das Gas besser angelegt. Aber das ist ja out. Erst wird es mit Verlust in Strom verwandelt und dann soll es Wärmepumpen antreiben. Bei der Stromerzeugung wird doppelt so viel CO2 in die Luft geblasen als wenn das Gas direkt zum Heizen benutzt würde. Und wie sieht es mit dem Wasserstoff aus, der irgendwann einmal in Gaskraftwerken zu Strom werden soll? Seine Produktion hat einen Wirkungsgrad von 75%. Die Rückwandlung zu Strom geschieht mit einem Wirkungsgrad von vielleicht 50%. Wirkungsgrad insgesamt 37,5%, aus einem kW kommen so 0,375kW heraus. Super!

Fazit: Eine solche Politik ist weder durchdacht, noch umweltfreundlich, noch klimafreundlich. Es wird vorgegaukelt, alles geschehe, um CO2 einzusparen. In dieser Hinsicht bringen Wärmepumpen so lange nichts, so lange sich die CO2-Charakteristik des Strom-Mix nicht ganz wesentlich verbessert.
Dazu ist ein gewaltiger Ausbau der Erneuerbaren erforderlich. Der sorgt aber in einer rund 15 Jahre dauernden Übergangszeit dafür, dass genau das Gegenteil eintritt: Mit dem Ausbau der Erneuerbaren steigen Materialverbrauch und die damit verbundene CO2-Produktion drastisch an. Deren geringe Energiedichte muss durch erhöhten Materialeinsatz kompensiert werden.
Die Zeche soll der einfache Bürger zahlen – wenn er denn zahlen kann für Wärmepumpen & Co und den dazu nötigen Strom.
Die Haie lauern schon auf billig zu erwerbenden Wohnraum von denen, die sich das grüne Abenteuer nicht leisten können.

Quellen:

Anteil der Kohle an der Stromproduktion:
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[Anmerkung: Die Tabellen wurden überarbeitet]

Nachtrag:
(22.4.23) THINK-AGAIN: Nicht in meinem Haus – „Stattdessen handeln sie [die Regierenden] nach dem Motto von Pipi Langstrumpf: „Das habe ich vorher noch nie versucht, umso sicherer bin ich, dass ich es schaffe.“ Und so bricht man jetzt, nach dem verhängnisvollen Atomausstieg, nach der Energie- und Verkehrswende, eine weitere Wende vom Zaun: die Wärmewende. (…nachvollziehbare Berechnungen…) Die gezwungene Installation von Wärmepumpen bringt der Allgemeinheit einen Schaden ähnlichen Ausmaßes wie Energiewende und Atomausstieg. Allerdings ist diesmal die Gruppe der Hausbesitzer einer besonderen existentiellen Bedrohung ausgesetzt. Und ähnlich wie durch die Energiewende wird keinerlei Nutzen für die Allgemeinheit generiert: Deutschland wird weiterhin Europameister bleiben, was die per capita CO2 Emission anbelangt, und der Strom wird noch teurer.
Sehr lesenswert!

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