Fed: Die Inflation lebe hoch!

Die Fed ändert ihre Haltung hinsichtlich Inflation. Das hat Fed-Chef Powell auf dem (virtuellen) Zentralbanker-Treffen verkündet, das real in den zurückliegenden Jahren in Jackson Hole stattgefunden hat. Jetzt will die Fed die Inflation für eine ausgedehnte Zeit heiß laufen lassen.

Bisher galt eine jährliche Preis-Steigerung von zwei Prozent als anzustreben und als vereinbar mit dem Fed-Mandat der Preisstabilität. Jetzt wird diese Grenze lediglich noch als langfristiges Mittel interpretiert. Von weit vor 1980 bis 2008 lag die jährliche Preisentwicklung gemäß CPI-U meistens über zwei Prozent, danach mehrheitlich darunter. 2015 bewegte sich der CPI-U sogar nahe Null. Der von der Fed besonders beachtete PCE-Preis-Deflator (ohne Nahrungsmittel und Energie) lag vor Mitte der 1990er Jahre meist über zwei Prozent, seitdem liegt er meist darunter. Die tatsächliche Inflation liegt deutlich höher – ich diskutiere das später (Anmerkung 1).

Es ist nicht zu erwarten, dass die Fed gegenwärtig tatsächlich Maßnahmen auf der Linie ihrer neuen langfristigen Geldpolitik ergreift. Die meisten Beobachter sehen diesen sogenannten Richtungswechsel als Hinweis, dass die Leitzinsen noch lange dort bleiben, wo sie sind, nämlich bei nahe Null Prozent.

So lange die Akteure an Finanz-Märkten Vertrauen in die Zentralbank haben, wirkt diese mehr durch Worte als durch Taten. Jetzt strebt die Fed also Inflation an, also eine Instabilität der Preise, zuvor sah sie ihre Aufgabe darin, die Preise stabil zu halten. Glaubt die Mehrheit an den Finanzmärkten daran, dass das ein lohnenswertes und durch die Fed erreichbares Ziel ist, werden sie sich entsprechend ausrichten.

Was sind die Konsequenzen?

Je höher die Inflation über längere Zeit ist, je stärker sinkt die reale Kauftkraft. Schon bei einer jährlichen Preissteigerung um zwei Prozent ist die Kaufkraft nach 36 Jahren halbiert. Volkswirtschaftlich wirkt sich höhere Inflation vor allem über die Geringverdienenden mit Konsumquoten bei nahe 100% wachstumsmindernd aus. Besonders betroffen sind im anhaltenden Leitzins-Umfeld von nahe Null Prozent die immer größer werdende Gruppe der Rentner, deren Einkommen besonders Zins-sensitiv ist (mithin nominal kaum steigt).

Die Idee, eine hohe Inflation zuzulassen, kam nach der Finanzkrise wieder auf. Sie erfreute sich in den Nachwehen der Weltwirtschaftskrise von 1929 schon einmal großer Beliebtheit, weil sie den Schuldnern mit der realen Entwertung bestehender Schulden unter die Arme greift. Was den Schuldnern hilft, schadet den Kreditgebern. Sie werden entweder höhere Zinsen für neue Darlehen fordern oder diese zurückfahren, was ebenfalls wachstumsmindernd wirkt.

Je höher die Inflation über einen längeren Zeitraum ist, je stärker geraten die langfristigen Zinsen unter Aufwertungsdruck. Das wiederum tangiert über teurere Hypotheken den Hausbausektor und überschuldete Unternehmen. Steigende Zinsen wirken insbesondere in einer Kredit-zentrierten Wirtschaft generell wachstumsbremsend.

Der letzte Punkt bringt die Fed in Konflikt mit einer anderen geldpolitischen Ausrichtung, nämlich die Renditen am langen Ende niedrig zu halten. Hierzu wird seit längerem die Politik der Kontrolle der Zinsstruktur diskutiert. Die Bank of Japan, seit den 1990er Jahren der Front-Runner unter den Zentralbanken, praktiziert dies spätestens seit 2012. Die Fed wird mit dem Zulassen beständig hoher Inflation alsbald gezwungen, mehr und mehr längerfristige Schulden in ihre Bilanz zu übernehmen, um die Renditen niedrig zu halten.

Die Fed hat seit März mehr als drei Bill. Dollar an neuer Liquidität geschaffen und damit die Kreditkosten etwa für Unternehmen auf ein historisches Tief gesenkt. Damit hat sich die Situation im Vergleich zur Lage vor „Corona“ grundlegend gewandelt. Große, hochverschuldete Zombie-Unternehmen mit vormals schwierigem Zugang zu frischem Kapital schwimmen in Liquidität und können sich jetzt billig neu verschulden, weil die Fed Unternehmensschulden gekauft hat und weiter kauft, und das eben nicht nur von als Investment gerateten Firmen, sondern auch von Firmen mit Junk-Bonds.

Dies ist wohl auch einer der wichtigsten Treiber für die Aktienkurse seit dem „Corona“-Tief im März. Die Aktionärsschar verspricht sich von der Verschuldung zum Nulltarif (mehr oder weniger) anscheinend einen Wachstumsimpuls der Extra-Klasse. Wie soll der aber zustande kommen bei sinkender Kaufkraft der Konsumenten? Ganz einfach – durch anhaltende staatliche Anreize, sei es über eine Neuauflage der wöchentlichen Schecks an die Steuerzahler, sei es über andere Staatsausgaben. Bisher hat die Regierung rund zwei Bill. Dollar ausgegeben, um die „Corona“-Folgen abzufedern. Das wird nicht reichen, um die Wirtschaft dauerhaft anzuschieben. Nicht zufällig sagte Ex-Fed-Chefin Yellen neulich, die Fed sei aktuell am Ende ihrer Möglichkeiten, jetzt liege der Ball im Feld der Regierung.

Zuerst gab es in der sogenannten Pandemie völlig unangemessene Maßnahmen zu deren Eindämmung (siehe Anmerkung 2!). Dann gab es diverse Hilfsprogramme der Zentranken und Regierungen, die allesamt „Wall Street“ begünstigten, „Main Street“ hatte wieder einmal das Nachsehen. In den USA werden mindestens 100.000 kleine Unternehmen verschwinden. Im nächsten Jahr könnten es noch einmal so viele werden. Jedes dieser Unternehmen steht für Arbeitsplätze, häufig im unteren Lohnbereich.

Und aus allem resultiert eine weitere Konsequenz, die Schere zwischen Arm und Reich geht noch weiter auf.

Die massiven Eingriffe in den Bond-Markt bedeuten eine Manipulation des wichtigsten Preises weltweit, den der Rendite der Welt-Leitwährung. Das wiederum führt zu Abwärtsdruck auf den Dollar, wie zu Aufwärtsdruck auf die Rohstoffpreise. Beides stützt inflationäre Tendenzen innerhalb der USA, sowie deflationäre außerhalb. Und es verbessert die Exportsituation von multinationalen US-Unternehmen.

Man mag daran zweifeln, ob die Fed tatsächlich in der Lage sein wird, eine solche Manipulation, bzw. Preiskontrolle der Rendite im Dollar über lange Zeit aufrecht zu erhalten. So lange der Dollar in seiner Rolle als Welt-Leitwährung unangefochten ist, dürfte der Plan vermutlich eine gewisse Zeit funktionieren.

Wenn die Worte der Fed wirken, dann wird anziehende Inflation über die Inflationsillusion die Aktienkurse zumindest unterstützen (auch wenn das Aufwärtspotenzial zunächst weitgehend ausgeschöpft sein dürfte – siehe hier!), die langfristigen Zinsen werden durch anhaltende Käufe von Bonds und Hypotheken gedrückt, das reale Wachstum wird belastet, die Ausrichtung der US-Wirtschaft auf Zombie-Unternehmen geht weiter, die sozialen Spannungen werden zunehmen.

[Unter Verwendung von Material aus "Inflation Virus Strikes Fed"]

(Anmerkung 1) Die Fed verfolgt mit dem PCE-Preis-Deflator einen Preisindex, der die wirkliche Inflation gravierend unterschätzt. "John Williams’ Shadow Government Statistics" schätzt die tatsächliche Inflation gegenwärtig auf zwischen vier und acht Prozent. Der offizielle CPI-U-Index zeigt für Juli 1,03% an, der PCE-Kernpreis-Deflator kommt auf 1,25%. Am stärksten unterschätzt die offizielle Inflationsmessung gegenwärtig die Kosten für „Healthcare“ und Mieten.

(Anmerkung 2) Ich hatte mich mit diesem Thema in zahlreichen Artikeln befasst. Bei LewRockwell.com steht hierzu folgendes zu lesen: Bei 161.392 Todesfällen, die bis 22. Aug. 2020 in den USA als in Zusammenhang mit Covid-19 stehend gemeldet wurden, liegt nur bei 6% (oder ~9683) Covid-19 als alleinige Ursache vor. In den ersten acht Monaten von 2020 starben damit pro Tag in den USA 40 Leute ausschließlich an Covid-19. Bei insgesamt etwa 1,9 Millionen Todesfällen in diesem Zeitraum kommt damit der Anteil derer, die ausschließlich an Covid-19 verstarben, auf 0,5%. Und weiter: „Für diesen Anstieg der Todesfälle um ein halbes Prozent wurde dieses Land in den Lockdown geschickt, die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt, drakonische Maßnahmen kosteten Millionen ihren Job und ruinierten kleine, mittlere und sogar große Unternehmen.“ Und: „Zum Vergleich – 1968 starben etwa 33.800 Amerikaner an der Hong-Kong-Grippe, die die mildeste Grippe-Epidemie im 20. Jahrhundert war. Aber das Leben in den USA ging normal weiter.“

(Anmerkung 3) Zu der Frage, ob, bzw. wie sich eine inflationäre Entwicklung in aktuellen Daten niederschlägt, erscheint ein separater Artikel – siehe: "Inflation – kommt sie oder kommt sie nicht?".

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