Viel Rauch, kein Feuer

Die Bundesregierung hat sich hinsichtlich Klimapolitik auf ein Emissionshandels-Modell als zentralem Steuerungselement festgelegt. Zunächst soll der CO2-Preis aber bis 2025 fest vorgegeben werden, dabei ist die CO2-Menge nicht beschränkt. Starten soll der Preis bei zehn Euro je Tonne CO2.

Für das erste Jahr des Handels mit Zertifikaten, also 2026, soll eine Untergrenze von 35 Euro und eine Obergrenze von 60 Euro pro Tonne CO2 gelten. Dann erst soll auch eine jährlich abnehmende maximale Emissionsmenge festgelegt werden. Ein nationaler Emissionshandel für die Bereiche Verkehr und Gebäude soll 2021 mit einem Festpreis von 10 Euro pro Tonne CO2 beginnen, die CO2-Bepreisung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas soll bis 2025 schrittweise auf 35 Euro steigen. Ab 2021 sollen sich so flüssige fossile Brennstoffe etwa an der Tankstelle um drei Cent pro Liter, ab 2026 dann weiter um 9 bis 15 Cent je Liter verteuern.

Zumindest in der Zeit bis 2025 ist der Begriff „Emissionshandel“ eine Mogelpackung. Ein fest vorgegebener Preis bei unbeschränkter CO2-Menge hat mit einem Marktmechanismus nichts gemein. Da die Preise noch dazu niedrig sind (es fängt bei 10 Euro je Tonne CO2 an), dürfte die Reduktion der CO2-Emission gering ausfallen. Anreize, auf CO2 sparende Alternativen umzustellen, werden so nicht gegeben.

Mit einem solchen Modell wird ein unendlich elastischer „Markt“ unterstellt – das haben wir bisher auch schon. Also ändert sich gegenüber dem Status quo erst einmal nichts – bis auf die Tatsache, dass für den Verbraucher alles etwas teurer wird. Wenn man schon den Weg über den Emissionshandel wählt, dann müsste man sofort damit beginnen, die zulässige CO2-Menge zu begrenzen, es ansonsten aber bei einem möglichst großen Gestaltungsspielraum der Wirtschaftssubjekte belassen.

So hätte es sofort Anreize für private Investitionen und neue Technologien geben können, die zur CO2-Reduktion beitragen. Jetzt aber werden sich die meisten Entscheidungsträger sagen, bis 2025 ist es noch lange hin, wir warten erst einmal, was sich die Politik noch so einfallen lässt.

Und die Regierung hat erneut bewiesen, was sie von den Mechanismen der Marktwirtschaft hält, nämlich nichts.

Noch dazu wird der solchermaßen kastrierte Emissionshandel begleitet von einer Vielzahl ergänzender Maßnahmen und Vorschriften, die teuer sind und zum Teil dem Ziel der Senkung des CO2-Ausstosses zuwiderlaufen.

So soll die Pendlerpauschale steigen, pro Entfernungskilometer sollen 35 statt bisher 30 Cent von der Steuer abgesetzt werden können (jedoch erst ab dem 21. Kilometer und befristet bis Ende 2026). Bahnfahren soll durch Reduktion der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr von derzeit 19 auf 7 Prozent billiger werden, Flüge sollen durch Anhebung der Luftverkehrsteuer für Starts von deutschen Flughäfen zum 1. Januar 2020 teurer werden.

Um die Nachfrage nach Elektro-Autos zu beleben, soll die von Bund und Herstellern für Autos mit einem Preis unter 40 000 Euro getragene Kaufprämie erhöht werden. Die Kfz-Steuer soll stärker als bisher an den CO2-Emissionen ausgerichtet werden.

Der Austausch einer alten Ölheizung gegen ein klimafreundlicheres Modell soll in den Genuss einer Abwrackprämie kommen, bis zu 40% der Kosten sollen gefördert werden. Der Einbau neuer Ölheizungen soll ab 2026 verboten werden, wenn eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich. Energiesparende Gebäudesanierungen sollen steuerlich gefördert werden.

Im Gegenzug zu einem CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden soll die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms ab 2021 gesenkt werden. Der Ausbau des Ökostroms soll beschleunigt werden. Der Ausbau der Windkraft an Land stockt, weil sich die Genehmigungsverfahren in die Länge ziehen; bis heute gibt es insgesamt gut 30.000 Windräder, davon mehr als 1300 offshore. Kommunen sollen künftig eine finanzielle Beteiligung am Betrieb solcher Anlagen erhalten. Beim Ausbau von Photovoltaik soll die bisherige Förder-Begrenzung aufgehoben werden.

Unter dem Strich würde ich sagen, dies ist einmal mehr reine Schaufensterpolitik. Die CO2-Emissionen werden dadurch in den nächsten Jahren nicht nennenswert sinken – schon gar nicht in dem Maße, wie sie müssten, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Ein Wille für ernsthaften Klimaschutz ist nicht erkennbar.

Das Dickicht an Steuergeschenken und neuen Subventionen wird die überproportional steigende Belastung für untere Einkommenschichten durch die steigenden Kosten des Energieverbrauchs nicht wesentlich verringern. Und die zunehmende Bürokratie gibt es auch nicht umsonst. Sinnvoller zur Abfederung dieser Belastungen erscheint mir da der Vorschlag des IfW einer pauschalen Erstattung pro Kopf, einer Art Energiegeld.

Abgesehen davon ist selbst ein Emissionshandel, der den Namen verdient, unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten nur die zweitbeste Alternative. Denn ursächlich geht es meiner Meinung darum, dass der Preis für Rohöl jahrzehntelang künstlich niedrig gehalten wurde und wird. Dadurch kam es zu gravierenden Verzerrungen in der Art, wie wir heute wirtschaften. Also müsste genau hier auch angesetzt werden, nämlich direkt am Verbrauch von Öl, Gas usw. insgesamt über alle Wirtschaftssektoren hinweg (vom Bau über Chemie bis hin zum Transport) und nicht lediglich an der Auswirkung des Verbrennens dieser Rohstoffe (siehe auch hier!).

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