Juncker: Tschüss und „Au Revoir“

Der Luxemburger Jean-Claude Juncker hat seinen Posten als ständiger Vorsitzender der Euro-Gruppe, dem informellen Gremium der Finanzminister der Eurozone, abgegeben. Er hatte dieses Amt am 1. Januar 2005 angetreten und hätte es nach den damaligen Statuten Ende 2008 abgeben müssen.

Doch wie es nun mal so ist in der Eurozone, was in Statuten geschrieben steht, kann jederzeit geändert (oder missachtet) werden. Also wurde seine Amtszeit um weitere zwei, und dann nochmals um zweieinhalb Jahre verlängert. Im Juli 2012 wurde er für eine fünfte Amtperiode bestimmt, kündigte aber an, den Vorsitz nur noch ein halbes Jahr ausüben zu wollen.

Zwei Zitate des Luxemburgers werden im Gedächtnis bleiben. „Wenn es ernst wird, muss man lügen,“ sagte er im April 2011. Zuvor hatte er bestritten, dass es ein Geheimtreffen von Eurozonen-Finanzministern mit EZB-Chef Trichet wegen Griechenland gegeben hatte.

Auch hatte er vor der Luxemburger Wahl 2004 versprochen, bei einer Wiederwahl Premierminister zu bleiben und kein europäisches Amt anzunehmen. Er blieb Ministerpräsident und ließ sich am 10. September 2004 als Vorsitzender der Euro-Gruppe nominieren.

Lügen, Unwahrheiten, falsche Versprechungen – das sind nun keine große Besonderheiten für viele Politiker von heute. Trotzdem (besser: gerade deshalb) muss man das immer wieder auf's Tapet bringen.

Bedeutsamer ist folgende Äußerung von Juncker aus dem Jahre 1999 dazu, wie das vereinigte Europa entstehen soll: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter, Schritt für Schritt, bis es kein zurück mehr gibt.“

Das allerdings ist keine Lüge – es ist Ausdruck des Brüsseler Geistes. Genauso wurde und wird seit 1991 verfahren, als kaum jemand die Tragweite der ersten Beschlüsse zur Wirtschafts- und Währungsunion übersah. Das Zitat zeugt von einem zutiefst bürokratischen Bauplan, das bewusste Mittragen durch breite Bevölkerungsschichten ist unerwünscht und wird auch nicht anstrebt. An Einfachheit und Klarheit der Brüsseler Vorhaben besteht kein Interesse – im Gegenteil, sonst könnte man ja die Konsequenzen eher übersehen.

Nachfolger auf dem Vorsitz der Eurogruppe wurde der Niederländer Jeroen Dijsselbloem. Er gilt als „herausragender Vermittler“ und „schlauer Stratege“, passt also ins Brüsseler Raster. Spanien und Frankreich wollten ihn zunächst nicht unterstützen, weil er sich nicht klar genug zu einer europäischen Wachstumsvision bekannt hatte. Er hatte wohl bei seinen Vorstellungsgesprächen in Madrid und Paris zu wenig vom Schulden machen gesprochen…

Verschwindet Juncker nun von der Brüsseler politischen Bühne? Kurz vor seinem Rücktritt als Eurogruppen-Vorsitzender bestätigte er die Möglichkeit, nach der Europawahl 2014 für das Amt des Kommissionspräsidenten zu kandidieren. Einen geeigneteren Bewerber kann es kaum geben…

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