Es war einmal ein Nachtragshaushalt – Ampel wackelt

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Änderung des zweiten Nachtragshaushalts 2021 mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Die Ampel-Regierung hat die Regeln der Schuldenbremse verfassungswidrig missachtet. Es geht um 60 Mrd. Euro, die dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zugeschanzt wurden.

Eine der letzten Amtshandlungen der Regierung Merkel war im April 2021 ein Nachtragshaushalt, der weitere 60 Mrd. Euro für Pandemieausgaben vorsah. Das Geld hätte per Kredit aufgenommen werden müssen und das hätte gegen die Schuldenobergrenze der Verfassung verstoßen. Covid war jedoch als Notfall deklariert worden, daher galt die Regel nicht.

Wundersamerweise hat die Große Koalition das Geld aber nicht ausgegeben. Dieses Wunder sah die Ampel-Koalition fünf Monate später als große Chance. Sie beschloss, diese 60 Mrd. Euro in ihren Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu stecken.

Der KTF soll unser Klima retten, als da an Einzelzielen sind: „Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft", „Ausbau der Elektromobilität und der Wärmenetze", „Austausch klimaschädlicher Heizungsanlagen", „Modernisierung der Deutschen Bahn", „Subventionierung energieintensiver Branchen“ usw. Der KTF wird durch CO2-Abgaben finanziert, aber das reicht für die „Transfomation“ nicht. Mit den zusätzlichen 60 Covid-Milliarden ist der Fonds um nahezu 40% angeschwollen.

Die diesbezügliche Kreditermächtigung ist nach dem BVG-Urteil nichtig. Die Verschiebung von übrig gebliebenen Corona-Milliarden zu Klima-Mitteln und von dort z.B. zur Subvention der Strompreise war für die Richter zu willkürlich. Die 60 Mrd. Euro verfallen. Darüber hinaus hat das Gericht klar gestellt, dass Kreditermächtigungen auch nicht einfach auf Halde gelegt werden können zur späteren Verwendung. Die großartige Idee des Wirtschaftsministers ist hinfällig, dass das Schuldenmachen zur „Transformation" ganz bequem über Schattenhaushalte funktioniert. Beim KTF handelt es sich um ein Sondervermögen, das nicht auf die Schuldenbremse angerechnet wird.

Die CDU, mittlerweile in der Opposition, klagte 2022 gegen dieses Manöver – es sei ein Verstoß gegen die Schuldenobergrenze und also auch gegen das Grundgesetz. Mit Erfolg, wie sich zeigte: Das Bundesverfassungsgericht hat den Nachtragshaushalt für nichtig erklärt, die Ampelregierung stürzt in eine schwere politische Krise.

Im Bundeshaushalt klafft nun eine 60 Mrd. Euro große Lücke, sie wird durch Sparmaßnahmen nicht zu schließen sein. Wenn die Ampel nicht einen großen Teil ihrer Ausgaben für Klimaprojekte streichen will (was kein Beinbruch wäre), muss der komplette Haushalt umstrukturiert werden.

Damit ist zu erwarten, dass jetzt ein Hauen und Stechen beginnt und die Regierung vor einer Zerreißprobe steht. Wenn die Ampel bis zum Ende der Legislaturperiode durchhält, dann wohl nur, weil die Alternativen für alle drei Parteien noch schlechter sind.

Der grüne Wirtschaftsminister Habeck hatte im Juni schon vorsorglich geunkt, die CDU/CSU schade mit ihrer Klage gegen die Umwidmung der Corona-Mittel dem Land. Der Regierung werde der Boden unter den Füßen weggezogen, gerade dann, wo man versuche, die wirtschaftliche Situation in Deutschland zu stabilisieren. Also sind die schuld.

Die Regierungskrise schlägt in einer Situation ein, in der die Ampel-Koalition sowieso schon zerbrechlich ist. Ihre Umfragewerte sind schlecht, immer weniger Bürger folgen ihr und ihrem Programm. Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich ein Ende der Ampel-Koalition (siehe hier!).

Was sind die Optionen?

Steuererhöhungen? Die FDP hat sich immer wieder klar dagegen ausgesprochen. Die Grünen haben versucht, ihre irrsinnigen Träumereien über exorbitante Verschuldung zu verwirklichen. Finanzminister Lindner (FDP) sah bisher im Vertrauen auf den prall gefüllten KTF-Topf keinen Anlass, die Ausgabenwut allzusehr zu bremsen. Denn dessen Schulden werden auf die Gesamtverschuldung nicht angerechnet. Dem ist jetzt ein gewisser Riegel vorgeschoben. Von den Kriegsausgaben für die Ukraine und auch für Israel kommt man nicht herunter. Würde die FDP Steuererhöhungen zustimmen, wäre das für sie der Untergang (zumindest unter die 5%-Hürde).

Notstand? Die Regierung könnte sich auf eine neue Notlage berufen, um den Schuldendeckel zu umgehen. Was könnte als Begründung herhalten? Der Beginn des Ukraine-Krieges liegt zu weit zurück, die Auseinandersetzungen im Nahen Osten taugen (bisher) nicht als Grund. Das Klima dürfte sich auch nicht so gut eignen, es begründet ja keine plötzlich aufgetretene, akute Notlage. Aber man weiß ja nie…

Verfassungsänderung? Dazu wäre eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag erforderlich, die CDU/CSU müsste dazu mit ins Boot. Warum aber sollen die Schwarzen der Regierung unter die Arme greifen, wo sie diese doch in die aktuelle Lage hineingebracht haben? Sie dürften eher versuchen, die Koalition aufzubrechen, um wieder in eine Machtposition zu kommen.

Neuwahlen? Die FDP muss in diesem Falle damit rechnen, dass sie aus dem Bundestag fliegt. Ob die SPD mehr Stimmen holt als die C-Parteien, ist sehr zweifelhaft. Auf das Risiko werden sich Scholz & Co nicht einlassen.

Interimsregierung aus SPD und CDU? Denkbar, dass die Schwarzen versuchen, mit der SPD ein Bündnis zu zimmern. In diesem Sinne ist es ein wichtiges Zeichen, dass die CDU in Hessen ohne Not ihre so hoch gelobte Koalition mit den Grünen nicht weiter führt, sondern nun mit der SPD zusammengehen will. Eine Blaupause für den Bund?

Das neue 60-Milliarden-Loch ist vor allen Dingen das Problem von Habeck. Mit dem Geld konnte er das finanzieren, was seinen Vorstellungen von einer grünen Wirtschaft entsprach. Er war beliebt bei Wirtschaftsbossen, nicht, weil es denen nicht grün genug zugehen kann, sondern weil Habeck an der Subventions-Gießkanne sitzt. Die ist jetzt nur noch halb voll, jetzt fängt das Gerangel an. Er wird sich dabei nicht nur Freunde machen.

Wenn sich ein Unternehmen nicht an Gesetze hält, bekommt es Besuch vom Staatsanwalt (meistens). In schweren Fällen rollen dann in der Führungsetage Köpfe. Im vorliegenden Fall reden wir von der Spitze unseres Staates. Sie ist dazu da, das Geld der Steuerzahler sorgsam zu verwalten und wohlstandsfördernd auszugeben. Ja, gut, das ist der Idealfall – seit Jahrzehnten unerreicht…

Aber jetzt wurde unserer Staatsführung von höchster Stelle attestiert, dass sie mit öffentlichen Geldern verfassungswidrig umgegangen ist. Also gegen das höchste Rechtsgut in unserem Staatswesen verstossen hat. Ein CEO in der Wirtschaft mit einem gewissen Anstand würde in einer vergleichbaren Situation aus freien Stücken seinen Hut nehmen.

Jetzt wüsste ich doch zu gerne, was das unabhängige höchste deutsche Gericht wohl im Vorfeld einer solch wichtigen Entscheidung mit der Bundesregierung zu besprechen hatte. Vor nicht allzu langer Zeit hatten sich nämlich Mitglieder des BVG mit der Bundesregierung zu einem Arbeitsessen getroffen.

Nachtrag
Einige Stimmen, wie die Ampel nach den verschwundenen 60 Mrd. Euro weitermachen kann: „Karlsruher Urteil zu Klimafonds: Das ändert alles".
Siehe auch: „Die Scholz-Regierung steht vor einem Scherbenhaufen".

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