S&P 500 bricht nach Inflationsdaten ein

Am zurückliegenden Freitag wurde der US-CPI für Mai veröffentlicht. Der CPI einschließlich Energie und Lebensmittel verzeichnet einen weiteren Anstieg auf 8,6% nach 8,3% im Vormonat und über den Erwartungen (8,3%). Die Kernrate kommt auf 6,0%, womit sie über den Erwartungen von 5,9% liegt, aber unter dem Wert aus April (6,2%).

Der Future des S&P 500 reagierte schnell mit einem Fall um zunächst 60 Punkte. Als dann später die vorläufigen Daten des Verbrauchersentiments für Juni veröffentlicht wurden, ging es noch einmal ordentlich abwärts. Diese zeigen einen sehr deutlichen Stimmungsabfall sowohl gegenüber dem Vormonat als auch gegenüber den Erwartungen.

Der Verlauf der CPI-Kernrate widerspricht nicht der Annahme, dass die Inflation nach diesem Maßstab im März mit 6,4% ein (zeitweiliges) Hoch erreicht hat. Die stark verschlechterte Verbraucherstimmung (UMCSENT), sie liegt auf einem historischen Tiefstand, lässt erwarten, dass die steigenden Preise v.a. für Energie mittlerweile das Konsumpotenzial tangieren, zumal nun in den USA allmählich die „driving season“ beginnt.

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Der alternative Index für das Verbrauchervertrauen (CCI) zeigt sich für Mai noch in einer besseren Verfassung, aber sein Trend ist ebenfalls abwärts gerichtet. Das gilt übrigens auch für den ISM-Index, sowie den NFIB-Index, der das Vertrauen der kleinen und mittleren Unternehmen misst.

Die aggregierte Stimmung von US-Verbrauchern und US-Wirtschaft ist auf einem absoluten Tiefpunkt angekommen wie der folgende Chart zeigt (grüner Punkt). Hingegen halten sich die Fundamentaldaten immer noch auf einem konstruktiven Niveau (blauer Punkt). Gleichzeitig kommt aus der Ecke von Finanzdaten seit einigen Wochen weniger Unterstützung (heller Punkt).

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Nach meinen Auswertungen von Makro- und Finanzdaten, sowie Merkmalen der Zinsstruktur gibt es bisher allerdings immer noch nur geringe Hinweise auf eine bald einsetzende Rezession.

Die Renditen haben auf die Meldungen vom gestrigen Freitag heftig reagiert. Die für die zweijährigen TNotes ist um 0,266% auf 3,069% hoch gesprungen, die der 10yr-TNotes stieg um 0,117 auf jetzt 3,163. Den 2yr-TNotes wird eine zuverlässige Vorhersage für den weiteren geldpolitischen Weg zugeschrieben. Demnach halten die (großen) Akteure einen Leitzins binnen Jahresfrist von drei Prozent für möglich, was bedeuten würde, dass auf jeder der kommenden FOMC-Sitzungen ein Zinsschritt von 0,5% kommen müsste. Die 10yr-TNotes notieren jetzt fast so hoch wie im Okrober 2018. Setzen sie sich darüber fest, wäre das ein extrem ungünstiges Zeichen.

Damit sind wir beim eigentlichen Problem, dem überbordenden Schuldenstand. John Mauldin geht davon aus, dass die Staatsschulden der USA 2031 die Marke von 50 Bill. Dollar übersteigen werden. Seine Rechnung ist meiner Meinung nach nachvollziehbar.

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Auf die Frage, wie das alles enden soll, hat Mauldin keine Antwort, außer, dass die Optionen für die US-Bürger viel besser als für die in Europa sein dürften. Und damit hat er wohl recht. Die USA haben einen wesentlich höheren Autarkiegrad in Bezug auf Rohstoffe als Europa. Das gilt etwas abgeschwächt auch für Lebensmittel. Zudem haben die USA Europa mit dem Ukraine-Krieg an sich gekettet, Europa darf über das Dollar-System dafür sorgen, dass die USA unter ihren Schulden weniger leiden.

Abgesehen davon ist die Staatsverschuldung in Europa nicht niedriger, insbesondere Kandidaten wie Italien kommen seit Jahren auf „stolze“ Schuldenquoten. Für die schlechte Stimmung an den Finanzmärkten dürfte denn auch die Ankündigung der EZB beigetragen haben, auf den Zug der Leitzinssteigerungen (verspätet) aufzuspringen. Die Rendite-Differenzen zwischen dem deutschen Bund und den Süd-Ländern der Eurozone steigen seit sechs Monaten deutlich an, das dürfte noch so weitergehen.

John McClellan stellt den Verlauf des S&P 500 und den Verlauf der Advance/Decline-Linie für hochrentierliche Unternehmensanleihen gegenüber. Demnach gibt es von der Seite der Junk-Nonds bisher kein wirkliches Entspannungssignal. Die A/D-Linie, für McClellan der Kanarienvogel in der Kohlemine, tendiert seit Anfang des Jahres deutlich abwärts.

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Dasselbe Ergebnis bringt mit weniger Vorlauf eine Gegenüberstellung von S&P 500 und dem ICE BofA High Yield Index. Die Rendite der Junk Bonds steigt seit Jahresbeginn deutlich an, worin sich zunehmende Risikoaversion ausdrückt. Es fehlt hier nicht mehr viel und dann wird bezogen auf die Historie der zurückliegenden 25 Jahre ein Warnpegel erreicht.

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In der komenden Woche tagt das FOMC der Fed. Ein Zinsschrit von 0,5% gilt als ausgemacht, zudem beginnt nun die Schrumpfung der Fed-Bilanz.

Der S&P 500 ist am zurückliegenden Freitag mit einem Gap-down nach unten gefallen. Er hatte sich einige Tage in einer Seitwärts-Bewegung unterhalb des wichtigen Pegels von 4160 und am 38er-Retracement des Abstiegs zwischen dem Hoch aus Ende März und dem intraday-Tief vom 19. Mai bewegt. Damit ist mein favorisiertes Szenario eines Anstiegs bis rund 4300 annulliert. Jetzt liegt es nahe, dass das 38er-Retracement des Bull-Runs seit März 2020 bei 3800 angesteuert wird. Hier verlaufen zugleich zwei Trendlinien. Die in rosa ist eine lineare Interpolation des Kursverlaufs vom Tief im März 2009 bis zum Hoch aus dem Jahresanfang, die man als die „langfristige Mitte“ von Bob Farrell ansehen kann (Chartquelle).

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Gut möglich, dass der Bereich bei 3800 eine Unterstützung für eine weitere bullische Gegenbewegung bietet. Dabei muss dann aber auch die Fed mitspielen… Hält die Zone bei 3800 nicht, steht einem weiteren Abfall bis zunächst 3500 nicht viel im Wege. Hier verläuft das 50er Retracement des Bull-Runs seit März 2020.

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