Kupfer massiv verkauft

Der Preis für Kupfer ist seit dem 10. Juni erheblich unter Druck geraten. Er ist um rund 20% abgesackt. Das ist nicht mal eben ein technischer Betriebsunfall. Der gesamte Rohstoffbereich zeigt jetzt Schwäche, der CRB-Rohstoffindex begann zeitgleich seinen Abstieg. Er steht heute 15% tiefer, Anfang dieser Woche gab es hier einen scharfen Einbruch, der im wesentlichen durch die Bewegung bei den Ölpreisen verursacht wurde.

Kupfer ist nicht irgendein Rohstoff. Er ist zentral für unsere auf Elektronik zentrierte Wirtschaft. Das Metall wird häufig auch als „Dr. Copper“ bezeichnet, womit zum Ausdruck kommt, dass die Preisbewegungen hier gewöhnlich nicht so sehr durch wilde Spekulationen, sondern durch sorgfältigere Analysen zustande kommen.

Der aktuelle Einbruch des Kupferpreises (anhand des „GSCI Copper Index“) ist ernst zu nehmen. Mitte März 2020 hatte er bei rund 330 ein mehr-Jahres-Tief etwa auf dem Niveau des ersten Halbjahres 2016 markiert. Anfang Juli 2020 bildete der Chart ein „Golden Cross“ aus, bei dem die EMA50 die EMA200 von unten nach oben schneidet. Anfang Mai 2021 wurde mit 750 ein Hoch ausgebildet, dabei wurde sogar das Hoch aus Februar 2011 bei 720 überschritten. Anschließend ging der Index in eine Seitwärtsbewegung über. Anfang März 2022 wurde das Hoch noch einmal erreicht. Mitte Juni entstand mit dem Schnitt der EMA50 von oben durch die EMA200 ein „Death Cross“ (Chartquelle).

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Aktuell ist das 50er Retracement des Aufstiegs seit Mitte März 2020 erreicht. Es spricht nicht viel dafür, dass der Index sich hier dauerhaft stabilisieren kann. Somit ist das wahrscheinlich nächste Ziel an der Unterseite das 62er-Retracement bei rund 480.

Die Botschaft von „Dr. Copper“ ist damit klar. Die Konjunktur wird massiv unter Druck gesehen. Andere Assetpreise bestätigen das, reihum wird verkauft. Der Preis der Edelmetalle ist genauso unter Druck wie etwa die Kurse für Anleihen. Das hat dazu geführt, dass die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen kürzlich mit über 3,2% wieder das Niveau von Anfang November 2018 erreicht hat. Das Ausmaß dieses Renditesprungs ist gewaltig. Seinerzeit stand die langfristig relevante Abwärtslinie dieser Rendite aus 1986 bei 2,19%, aktuell notiert diese noch bei 1,28%.

Die „Gefühlslage“ an den Finanzmärkten lässt sich wahrscheinlich am ehesten als Angst sowohl vor einer Rezession, wie auch vor einer weiteren massiven Leitzinserhöhung der Fed charakterisieren. Das „Verrückte“ dabei dürfte sein, dass ein plötzlicher unerwarteter Kurswechsel der Fed die Angst vor einer Rezession genauso verstärken dürfte („Was wissen die, was wir nicht wissen?“) wie weitere große Zinsschritte.

Ein zuverlässiger Indikator für Risikoaversion ist der „ICE BofA US High Yield Index“, der den Spread der Rendite von Ramsch-Anleihen und der Rendite der 10yr TNotes verfolgt. Er notiert mittlerweile klar über 5%, wo ich den Alarmpegel (rot) sehen würde. Oberhalb von 7 bis 7,5% (violett) ist „Land unter“ (Chartquelle).

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Alles in allem zeigt die Auswertung von Makrodaten wie auch der Zinsstruktur immer noch kein ausgeprägtes Rezessionssignal, wenn auch eine Tendenz dahin unverkennbar ist. Insbesondere der US-Arbeitsmarkt zeigt nur geringe Schwächezeichen. Die Entwicklung der Zahl der non-farm Arbeitsplätze ist per Mai mit +4,5% im Jahresvergleich stark. Eine solche Dynamik hatte es unmittelbar vor den Rezessionen von 2001 und 2008 nicht gegeben, ein „Roll-over“ zeichnete sich jeweils einige Monate vorher deutlich ab.

Insofern ist der morgige US-Arbeitsmarktbericht für Juni von enormer Bedeutung. Ob eine "gute" oder auch eine "schlechte" Entwicklung zu Käufen etwa bei Aktien motiviert, ist dabei offen. Die Disposition der großen Akteure ist aus meiner Sicht aktuell neutral, mit leichtem bullischen "Touch".

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