Der gestern veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht für Januar zeigte mit 49.000 neuen Arbeitsplätzen nur einen schwachen Zuwachs. Die Werte für Dezember und November wurden signifikant abwärts revidiert, so dass in den zurückliegenden drei Monaten insgesamt lediglich 86.000 Stellen neu hinzu gekommen sind.
Im Januar sind weitere 406.000 Personen aus dem Heer der Arbeitssuchenden herausgefallen, was die US-Arbeitslosenquote künstlich gedrückt hat, von 6,7% im Dezember auf jetzt 6,3%. Die breitere U-6-Statistik zeigt 11% Arbeitslose, was schon eher der Wirklichkeit entspricht. Einmal mehr zeigt sich, dass niedrige Zinsen nicht per se zu Neueinstellungen führen, wie auch Geldflut insgesamt nicht zwangsläufig reales Wachstum fördert.
Die Zahlen unterstreichen, dass die US-Wirtschaft nicht gerade vor Energie sprudelt (siehe auch hier!). Aber für Aktionäre war das eine eher gute Nachricht, zeigt das doch in ihren Augen, dass ein staatliches Anreizpaket notwendig ist, je umfangreicher, je besser. Fragt sich nur, wer die hierfür einzugehende Neuverschuldung kauft. Oder andersherum: Wenn die jemand kaufen soll, muss der Staat attraktivere Renditen bieten als die mickrigen 1,15% etwa für zehnjährige TNotes – unterhalb der Inflationsrate nach CPI.
Oder – die Fed springt ein nach dem Vorbild der BoJ. Die japanische Zentralbank kauft seit geraumer Zeit praktisch alle neuen Staatsanleihen auf, ein wirklicher Markt für solche Papiere existiert nicht mehr. Ihr Ziel ist es, die Rendite für zehnjährige Schuldscheine bei irgendwo zwischen 0,1% und 0,2% zu verankern. Die Aktionen der BoJ sind seit zwanzig Jahren Blaupause für andere große Zentralbanken und so wird mit ziemlicher Sicherheit eines nicht mehr fernen Tages auch die Fed in die „Yield Curce Control“ genannte Manipulation der Zinsen am langen Ende einsteigen.
Will heißen, die Fed wird in zunehmendem Ausmaß neue Staatsschulden kaufen. Die passende Finanzministerin für ein solches Vorgehen ist schon auserkoren. Ex-Fed-Chefin Yellen ist bekannt dafür – „Schulden, ja und?“.
Ich möchte nochmal an dem Thema "Aktien – wann stoppt die Musik?" anknüpfen und fragen, was die Entwicklung von Aktien lang-, mittel- und kurzfristig beeinflusst (siehe auch hier bei Crestmont Research!).
Der Unternehmensgewinn als volkswirtschaftliches Aggregat steigt langfristig mit einer Rate knapp unter dem nominalen BIP-Wachstum. Das BIP ist grob gesagt die Summe aller Umsätze, die Gewinne wachsen im selben Maßstab, so lange die Marge mindestens gleich bleibt. Im Verlauf von Konjunkturzyklen steigt die Produktivität an, das beeinflusst die Marge zunächst positiv, führt aber mit Verzögerung zu sinkenden Preisen und damit zu einer Rückkehr der Gewinne zum langfristigen BIP-bestimmten Trend. Der Hauptgrund für den nivellierenden Effekt ist das Aufkommen neuer Unternehmen, neuer Konkurrenz.
Das mittelfristige Wechselspiel von Produktivität, Gewinnen und Preisen schlägt sich im Aktien-KGV nieder, es entwickelt sich tendenziell umgekehrt zur Inflation. Steigen die Preise über das hinaus, was als Preisstabilität angesehen wird, sinkt das KGV, sinken die Preise in Richtung Preisstabilität steigt es.
Im kurzfristigen Bild folgt die Kursentwicklung bei Aktien dem KGV, ist es niedrig, gelten Unternehmen als attraktiv bewertet, die Kurse steigen. Umgekehrt gilt bei einem hohen KGV, dass sich Aktionäre eher von ihren Engagements trennen, die Kurse sinken. Hier spielt die Stimmung der Anleger eine besonders große Rolle.
Langfristig sehen wir eine Tendenz zu steigender Produktivität, was zu tendenziell sinkenden Preisen führt. Wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im großen Bild verschlechtern, dürfte das Gewinnwachstum immer weiter hinter dem BIP-Wachstum zurückbleiben. Das könnte über die darauf aufsetzende mittelfristige Zyklik von Gewinnen und Preisen eine Tendenz zu höheren KGVs erklären. Eine solche Tendenz ist aus dem folgendem Chart seit den 1980er Jahren klar ersichtlich (Chartquelle).
Interessanterweise zeigt sich im Verlauf des KGVs ein zyklisches Muster mit einer Länge von etwa 30 Jahren von Tief zu Tief. Die Vermutung liegt nahe, dass dies mit den langen Kondradieff-Zyklen zu tun hat, die von Basis-Innovationen getrieben werden.
Aktuell befinden wir uns im Umfeld eines hohen KGVs und (noch) verhaltener Preisentwicklung (Verbraucherpreise – US-CPI im Dezember bei +1,29%). Natürlich kann das KGV noch höher steigen, wahrscheinlicher ist jedoch, dass es in eher kürzerer als längerer Zeit von heute aus gesehen fällt. Nimmt man an, dass die Inflation nun Fahrt aufnimmt (wofür es immer deutlichere Anzeichen gibt – siehe unten), so ist auch von hier aus gemäß der dargestellten mittelfristigen Zyklik zu erwarten, dass Druck auf das KGV aufkommt.
Ein sinkendes KGV kann auf zwei Arten zustande kommen, durch sinkende Kurse (Zähler im KGV) oder steigende Gewinne (Nenner). Auf dem erreichten hohen Kursniveau ist es wahrscheinlicher, dass Verkaufsneigung auf die Kurse drückt. Zudem: Die Gewinnentwicklung im S&P 500 ist im Jahresvergleich per Dezember mit -24,7% negativ, jedoch dürfte das Tief im dritten Quartal durchschritten worden sein. Also drücken fortan vermutlich auch steigende Gewinne auf das KGV.
Daraus folgt: Übergeordnet sollte man jetzt eher mit einem Szenario aus sinkendem KGV und anziehender Inflation rechnen. Zunehmende Inflation ist anfänglich nicht per se schlecht für Aktienkurse, möglicherweise kommt es auch zunächst eher zu fortgesetzter Rotation raus aus dem Wachstumssegment (Absturz großer Tech-Werte) und rein in alles, was mit Rohstoffen und mittlerer Konjunkturzyklik (etwa auch Chemie) zu tun hat. Dies kann sich durchaus noch einige Monate hinziehen. Hinsichtlich der übergeordneten Entwicklung würde ich den Ausführungen von Lacy Hunt folgen (siehe hier!), wobei mir gegenwärtig allerdings die Phantasie fehlt hinsichtlich eines entsprechenden gravierenden Katalysators.
Der folgende Chart zeigt die Disparität zwischen Asset-Preis-Inflation und der Preisentwicklung in der Realwirtschaft zwischen 2009 und heute (h/t @jsblokland).
Die QE-Aktionen der Fed im Nachgang der Finanzkrise waren niemals wirklich dazu angetan, die Realwirtschaft anzukurbeln. Das ändert sich jetzt, große Beträge der staatlichen Anreizprogramme in den USA gehen direkt in die Realwirtschaft. Indem das besonders den unteren Einkommensschichten zugute kommt (unter dem Vorwand der Reduzierung der Ungleichheit der Verteilung der Einkommen), hat das über deren hohe Konsumquote direkten Einfluss auch auf die Nachfrage nach Rohstoffen.
Der die See-Frachtraten für Container messende Shanghai Containerized Freight Index hat sich seit März 2020 verdreifacht. Das zeigt Friktionen in der Versorgungskette an, die sich bei einer weitergehenden wirtschaftlichen Erholung schnell in Lieferengpässe und steigende Preise umsetzen.
Steigende Einkaufspreise für Rohstoffe zeigt seit Mai auch der Rohstoff-PPI (PPIACO) in den USA – bis Dezember ist der Index um 6,4% angestiegen. Der ISM-Sub-Index für Rohstoffpreise ist im Januar um 4,5 gegenüber dem Vormonat angestiegen, er notiert jetzt bei 82,1 nach rund 35 im Mai (Wertebereich 0 bis 100). Die Rohölpreise stehen so hoch wie vor einem Jahr, der Kupferpreis ist in Jahresfrist um 45% angestiegen.
Noch schlagen sich die Entwicklungen bei den Verbraucherpreis-Indices kaum nieder, das steht jedoch zu erwarten, insbesondere wenn zum Kosten-getriebenen Preisdruck frische Nachfrage hinzukommt, weil sich die Verbraucherstimmung mit nachlassender Unsicherheit verbessert. Monetäres Konsumpotenzial ist reichlich vorhanden, siehe etwa die hohe Sparquote.
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