Corona, besser gesagt, die völlig überzogenen Maßnahmen dagegen, geben den Vorwand zu einer beispiellosen Umverteilung, vornehm Rettung genannt. Die Fed hat im Rahmen ihrer Liquiditätsfazilitäten seit Anfang März etwa 270 Mrd. Dollar eingesetzt. Ihre Bilanz ist seitdem durch Ankauf notleidender "Assets" um eine Billion Dollar angewachsen (Chartquelle). Und der US-Kongress hat mittlerweile ein großes Hilfsprogramm bewilligt.
Doch zunächst ein kurzer Rückblick auf 2008: Seinerzeit mussten Banken gerettet werden, weil sie jahrelang insbesondere Hypotheken-Darlehen ohne substantielle Sicherheiten vergeben hatten. Die Ende der 1990er Jahre unter Clinton eingeleitete Deregulierung der Finanzindustrie hatte eine solche Verantwortungslosigkeit in dem Bewusstsein ermöglicht, zu groß zu sein, um zu fallen (TBTF). Für das TARP-Programm wurden seinerzeit bis zu 700 Mrd. Dollar bewilligt zum Ankauf von Anteilen an Finanzinstituten durch die Regierung. Zusätzlich kam es zu Anleihekäufen im Volumen von mehreren Billionen Dollar durch die Fed. Ihre Bilanz schwoll in der Folge auf rund 4,5 Bill. Dollar an, Ende 2007 hatte ihre Bilanzsumme noch bei 900 Mrd. Dollar gelegen. Ein vergleichbares Programm zur Rettung der US-Finanzwirtschaft gab es auch in den 1930er Jahren.
2020: Das US-Finanzministerium unter Mnuchin, ex Goldman Sachs, heckt ein umfangreiches Rettungsprogramm aus, diesmal für die Finanz- UND die Real-Wirtschaft. Der Kongress hat es bewilligt – offiziell im Umfang von 2,2 Bill. Dollar. In diesem Rahmen erhalten normale Arbeiter und Angestellte eine einkommensabhängige Sonderzahlung über maximal 1200 Dollar, das Arbeitslosengeld wird vier Monate lang auf 100% des mittleren Verdienstes hochgesetzt. Notwendig, aber auch verhältnismäßig?
75 Mrd. Dollar gehen an die Luftfahrtbranche und Unternehmen, die relevant für die nationale Sicherheit sein sollen. Weitere 425 Mrd. Dollar sollen eine fremdfinanzierte Darlehensfazilität der Fed kapitalisieren, deren Volumen mit 4,25 Bill. Dollar vorgesehen ist. Verluste aus diesem Kreditprogramm trägt der Steuerzahler. Kontrolliert werden soll das wie schon 2008 durch ein fünfköpfiges Gremium und einen Generalinspekteur – also im Endeffekt wieder nicht.
Diese 4,25 Bill. Dollar gehen weitgehend bedingungslos an große Konzerne, lediglich Aktienrückkäufe sind untersagt. Ansonsten lassen sich damit monströse Vorstandsgehälter weiterzahlen, oder auch Fusionen, bzw. den Aufkauf notleidender Unternehmen finanzieren. Auch die Zahlung von Dividenden ist weiter möglich. Die Unternehmen sind über ein paar kleine Restriktionen hinaus nicht verpflichtet, Beschäftigte zu halten.
Die Fed organisiert dieses Programm für die Großunternehmen, die weltgrößte Fondsgesellschaft BlackRock wickelt es für die Notenbank ab. Womöglich profitiert BlackRock auch noch, wenn die Fed zu einem späteren Zeitpunkt die Fonds von BlackRock zur Stützung der Märkte kauft.
Für kleine und mittlere Unternehmen wird ein eigenes Programm im Volumen von 300 Mrd. Dollar aufgelegt. Erlassbare Darlehen gibt es für sie nur, wenn sie alle Angestellten halten. Zuständig ist die Bundesbehörde „Small Business Administration“. Diese ist offenbar schon in normalen Zeiten überlastet, sie musste sich in der Vergangenheit bereits wegen Verzögerungen bei Kreditbürgschaftsprogrammen über wenige Milliarden Dollar kritisieren lassen.
Damit dinieren Monopol-Unternehmen in der ersten Klasse des Rettungszuges, kleine Firmen müssen auf den Puffern hocken. Was folgt, dürfte eine massive Konzentrations-Bewegung sein – M&A lässt grüßen. Die großen Unternehmen profitieren, viele von ihnen sind längst durch permanente Geldflut zu hoch verschuldeten, unproduktiven Zombies geworden. Kurzsichtige „Share Holder Value“-Politik einschließlich massiver kreditfinanzierter Aktienrückkäufe, steigende Verschuldung und mangelndes Eigenkapital haben sie so anfällig werden lassen, dass die kleinste Brise sie umwirft. Macht nichts, sie werden ja gerettet – "too big to fail" (TBTF) jetzt auch in der Real-Wirtschaft.
Das Rettungsprogramm, und nicht zu vergessen, die neu aufgelegten QE-Maßnahmen der Fed nehmen die angebliche Bedrohung durch Corona zum Anlass, große Akteure in den Finanzmärkten und wohlhabende Aktionäre rauszuhauen. Diese hatten schon im ganzen Bull-Run seit 2009 profitiert, so soll es weitergehen. Die Schere zwischen arm und reich geht weiter auf. Die Macht der großen Unternehmen, v.a. im Digitalbereich, wird weiter zunehmen. Mit den Rettungsmaßnahmen findet eine gigantische Umverteilung von öffentlichen Geldern (Steuern) in den privaten Firmensektor und in den Finanzbereich statt. Ein Raubzug eben.
Dass der 2009 gestartete Bull-Run in den letzten Zügen lag, war schon naheliegend durch die geheimnisvolle Verlängerung der Fed-Bilanz, die im September 2019 begann. Im Januar versuchte die Fed, im Repo-Markt wieder Liquidität abzuziehen, das dürfte einer der Auslöser für den in der zweiten Hälfte Februar eingeleiteten Crash sein. Zudem hatte sie ihre im September eingeleiteten Maßnahmen bis März befristet. Schon die vage Aussicht, die Geldflut könnte erneut versiegen, erwischte offenbar hoch gehebelte Spekulationen auf US-Treasurys oder Unternehmensanleihen auf dem falschen Fuß.
Was folgte, war der typische Domino-Effekt. Mit dem Buhmann „Corona“ fällt es besonders leicht, umfangreiche Rettungsaktionen für notleidende Spekulationen, sprich Umverteilungsmaßnahmen durchzuziehen. Die Bevölkerung in Schockstarre, Hysterie oder Panik hat mit anderem zu tun, als sich die Machenschaften genauer anzusehen. Man ist ja schon froh, wenn es einen nicht dahinrafft…
Wer sich jetzt (zu Recht) ereifert über die Regierung Trump, übersieht, dass die US-Demokraten die Maßnahmen mit tragen. Klar, was hätten sie sonst machen sollen in dieser „Stunde der Not“? Oder? Sagen wir es so – sie sind selbst Teil des „Systems“.
Denn nicht zu vergessen – die Deregulierung der Finanzindustrie geschah unter Clintons demokratischer Präsidentschaft, genau wie der Beitritt Chinas in die WTO. China wurde damals zu einseitig vorteilhaften Bedingungen aufgenommen, weil sich die US-Finanzindustrie „Wandel durch Handel“ erhoffte. 2008 startete zwar der Republikaner Bush die seinerzeitigen Rettungsaktionen, unter der Präsidentschaft des Demokraten Obama ging jedoch die beispiellose Geldflut erst richtig los. Mag sein, dass die ersten Hilfsprogramme damals erforderlich waren, um einen Kollaps zu verhindern, aber danach hätte man zügig aufräumen müssen. Stattdessen ließ die anhaltende Flut des billigen Geldes die Machtfülle der Finanzindustrie noch größer werden.
Was in den USA vorgemacht wird, läuft mit leicht veränderten Vorzeichen hier genauso ab. So war es auch 2008, warum soll es jetzt anders sein? Die Macht liegt hüben wie drüben bei der Finanzwirtschaft.
[Unter Verwendung von Material aus „Unsanitized: Bailouts, A Tradition Unlike Any Other“]Der folgende Chart veranschaulicht die Macht-Verhältnisse. Der Anteil der Gewinne der Finanzindustrie am US-BIP ist seit 1969 um gut 150% angestiegen, der der nicht-Finanz-Industie blieb mehr oder weniger gleich. Der Anteil der Löhne und Gehälter betrug 1969 gut 50% des BIP, aktuell liegt der Wert bei 43%. Das reale BIP hat sich in dieser Zeit fast vervierfacht, das nominale verzeichnet inflationsbedingt einen Faktor von fast 22, die Gesamtverschuldung hat sich mehr als vervierzigfacht. Schulden sind ein glänzendes Geschäft, und wenn was schief geht, kommt der Rettungsdienst – s.o!
Ergänzung:
Ich hatte mich in den zurückliegenden Tagen mit der Frage beschäftigt, wie gefährlich Corona ist und ob dermaßen einschneidende Maßnahmen gerechtfertigt sind, wie die massive Beschränkung von bürgerlichen Freiheiten und die Lahmlegung des Wirtschaftslebens. Für mich ist klar, dass COVID-19 nicht gefährlicher ist als ein Influenza-Virus – siehe u.a. hier, hier, hier, hier und hier.
Die Politik züchtet Hysterie, Angst und Panik und stellt (noch wenig ausgesprochen) die Alternative auf – Gesundheit oder Freiheit. Wenn wir nicht aufpassen, werden solch massive staatliche Eingriffe zu einer Dauererscheinung.
Die Großspekulation braucht frisches Geld, die Realwirtschaft braucht ein Konjunkturprogramm
Nachtrag:
(28.4.20) Am 18. Oktober 2019 hielt ein Expertengremium in New York die Simulationsübung „Event 201“ ab. Veranstalter waren das Johns Hopkins Center for Health Security, das Weltwirtschaftsforum und die Gates-Stiftung. Teilnehmer waren 15 hochrangige Führer von globalen Unternehmen, Regierungen und öffentlichen Gesundheitssystemen. Die Übung hatte nach Angaben der Veranstalter das Ziel, die Einsatzbereitschaft von Behörden und privaten Organisationen im Falle einer Pandemie zu verbessern.
Das Johns Hopkins Center hatte für die Veranstaltung ein Szenario einer von Schweinefarmen in Brasilien ausgehenden Pandemie entworfen. Erreger sollte ein neues, von Tieren ausgehendes Corona-Virus sein. Zunächst sollten sich die Fallzahlen wöchentlich verdoppeln. Mit zunehmender Zahl der Todesfälle würden die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen immer gravierender. Als Medikament sollte lediglich ein Virostatikum zur Verfügung stehen, das aber die Ausbreitung des Erregers nicht eindämmen kann. Das Pandemie-Szenario sollte nach 18 Monaten und 65 Millionen Toten enden und sich dann abschwächen bis zu einer Impfung oder einer „Durchseuchung“ von 80 bis 90% der Weltbevölkerung.
Nachtrag:
Siehe zu „Event 201“ auch hier!
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COVID-19 nicht gefährlicher ist als ein Influenza-Virus? Kommt darauf an wie man gefährlich definiert. Für jeden Infizierten wird der Verlauf seinem Gesundheitszustand, Vorbelastungen, Alter usw. entsprechen – egal ob Influenza oder Corona. Der Unterschied ist nur dass 2/3 gegen Influenza immun oder geimmpft sind, gegen Covid-19 gibt es hingegen noch keine Immunität.
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Natürlich geht es bei der Gefährlichkeit irgendeines Erregers, z.B. auch eines multiresistenten Krankenhauskeims, auf der individuellen Ebene um die Disposition des Infizierten, insbesondere den Zustand seines Immunsystems.
Aber allgemeiner gesehen: Im Winter 2017/2018 gab es über 25.000 Influenza-Tote (trotz Impfungen). An Corona sind in Deutschland bis jetzt etwa 1.100 Menschen gestorben – und dabei ist die Frage, wieviele davon mit und wieviele an dem Virus.
Natürlich sind die Statistiken verzehrt – jeder der Covid-19 positiv getestet wurde und stirbt ist aktuell an dem Virus gestorben. Wer eine Grippe hatte und stirbt ist vielleicht an einer Lungenentzündung oder an einem Herzinfarkt gestorben, d.h. Grippe hat tendenziell zu geringe Todeszahlen, Covid tendenziell zu viele. Wie auch immer, wer an Covid-19 gestorben ist, wäre wahrscheinlich auch an Influenza gestorben. Aber gegen Influenza kann man sich sicher besser schützen. In diesem Jahr gibt es übrigens aktuell nur 400 Influenza-Tote. D.h. die Massnahmen helfen natürlich auch gegen Influenza. Im Vergleich zu den Vorjahren werden in diesem Jahr sicher auch die Influenza-Toten genauer erfasst, d.h. vergleibarer mit Covid-19. Wir werden sehen wie die Zahlen dich entwickeln und ob sich das im Sommer abschwächt – bei den Todeszahlen wird es sicher nicht bleiben.
Statistik hin oder her, irgendwie scheint es doch so dass bspw. in Nord-Italien und New York mehr Leute sterben als in der Grippe-Saison üblich – kann mich nicht erinnern dass 2017/2018 Tote in Kühlwägen gelagert und abtransportiert wurden.
Die Zahl der Influenza-Toten schwankt von Jahr zu Jahr stark, 2017/2018 war es sehr schlimm, die beiden folgenden Grippewellen waren eher harmlos.
Für die besondere Situation in Nord-Italien gibt es Gründe, ich hatte einige in diesem Blog erwähnt. So z.B.: Das Gesundheitssystem ist in Italien besonders schlecht, die Zahl derer, die an Krankenhauskeimen sterben, ist besonders hoch, der Anteil älterer Leute in der Region dort ist besonders hoch. Zudem gibt es in der besonders stark betroffenen Region dort viele chinesische Firmen für Billig-Mode, man vermutet, dass Chinesen nach dem Neujahrsfest mit dem Virus zurück nach Italien gekommen sind. Aber auch in Italien gibt es (noch?) keine deutliche Abweichung von der mittleren Sterberrate. Zu New York weiß ich nur, dass eine der Ursachen in der großen chinesischen Gemeinde dort vermutet wird (Rückkehrer vom Neujahrsfest, wie in Nord-Italien).