US-Strafzölle und das große Bild

Die Trump-Administration hat mit Wirkung vom heutigen Tage an Strafzölle auf Aluminium und Stahl für Importe aus der EU und aus den Nafta-Ländern aktiviert. Zugleich wird eine Sonderuntersuchung hinsichtlich deutscher Kfz-Hersteller eingeleitet, Trump möchte offenbar deren Importe in USA kappen.

Die USA weisen nicht zu Unrecht darauf hin, dass sie vielfach mit höheren Zöllen belastet werden als in der umgekehrten Richtung erhoben werden (siehe hier!). Warum das so ist? Vermutlich wird es Teil eines Kuhhandels gewesen sein, der den USA andere Vorteile etwa im Bereich von grenzüberschreitendem Kapitalverkehr und (digitaler) Dienstleistung beschert hat.

Für über 180 Stahl- und Aluminiumprodukte aus Europa gelten nun amerikanische Einfuhrzölle von 25% und 10%. Dabei ist ein Handelsvolumen von 7,2 Mrd. Dollar betroffen. Im Gegenzug erhebt die EU 25% Zoll auf über 180 amerikanische Güter im Wert von fast 3,2 Mrd. Dollar, eine zweite, ähnlich lange Liste soll nach Verstreichen einer von der WTO vorgegebenen Frist in Kraft gesetzt werden.

Die ökonomische Bedeutung der nun erhobenen Strafzölle samt der in Rede stehenden Gegenmaßnahmen hält sich in Grenzen. Größere Folgen hätte das Ganze, wenn sich eine Spirale von Maßnahmen und Reaktionen entwickelt. Je schneller sie sich dreht, je weniger Planungssicherheit gibt es im internationalen Geschäft. Und das ist das Entscheidende. Denn bliebe es bei mehr oder weniger einmaligen Schritten, würden sich die Marktteilnehmer alsbald auf die neue Situation einstellen. In jedem Fall ergibt sich durch das Erheben von Zöllen zwar eine Anhebung des internationalen Preisniveaus, was aber bei einmaligen Schritten oder solchen in langen Zeitabständen ebenfalls nur geringe Effekte nach sich zieht.

Allgemein wird nun gejammert über die Störungen des Freihandels, der angeblich nichts als positive Auswirkungen für alle beteiligten Länder hat. Das kann man getrost bezweifeln (siehe u.a. hier und hier und hier!). Zudem hat die in den frühen 1970er Jahren gestartete moderne Globalisierung in den zurückliegenden zwanzig, dreißig Jahren für große Teile der Mittelschicht in der industrialisierten Welt kaum reale Einkommens- und Vermögenzuwächse gebracht, während die wohlhabendsten paar Prozent immer reicher wurden (siehe z.B. hier!).

Ein Ziel der Trump-Administration ist die Schwächung der WTO, in der die Emerging Markets mittlerweile nach deren Geschmack zu viel Macht haben. Insbesondere soll v.a. China wirtschaftlich geschwächt werden. Zudem soll das amerikanische Leistungsbilanzdefizit reduziert werden, weil dadurch angeblich Arbeitsplätze verloren gegangen sind.

Den tatsächlich gegebenen Protektionismus Chinas zu durchbrechen, dürfte mit einem amerikanischen Alleingang, wie er offenbar versucht wird, kaum zu erreichen sein. Und die Trumpschen Vorhaben, die darauf abzielen, die Wirtschaft bei Vollbeschäftigung zu stimulieren, führen zu höheren Importen und folglich zu zunehmendem Handelsbilanzdefizit (siehe hier!). Soll dies gestoppt werden, müssen die Einfuhrzölle noch deutlich weiter steigen, damit neue Produktionskapazitäten im Inland entstehen.

Damit ist das Vorgehen der Trump-Administration entweder inkonsistent bis dumm oder es steckt etwas anderes dahinter. Hierzu hilft ein Blick auf die zurückliegenden Dekaden.

Bis etwa zur Jahrtausendwende schien das Weltwirtschaftswachstum ungebrochen (siehe hier!). In der Zeit bis 2008 zeichnete sich ein Plateau in dieser Hinsicht ab. Mit dem offenen Ausbruch der Finanzkrise 2008 offenbarte sich die Instabilität des insbesondere seit der Deregulierung des Bankensystems Ende der 1990er Jahre entfesselten Finanzkapitalismus. Überbordende Schuldenniveaus drücken auf die Wachstumsmöglichkeiten, die Raten des Wirtschaftswachstums sind rückläufig.

Das bildet den Rahmen für einen „Parteiwechsel“ auf Seiten des internationalen Kapitals. Hatte in den Hochzeiten der Globalisierung diejenige Fraktion das Sagen, die eher geräuschlos Geschäfte machen wollte durch Durchdringen möglichst vieler Länder der Erde mit westlichem Kapital, westlichen Regeln und westlicher Kultur, so zeichnete sich mit der aufkommenden Wachstumsschwäche die Grenze dieser Strategie ab.

Trump ist die Marionette einer anderen Kapitalfraktion. Diese versucht, mit offener Konfrontation ihre Pfründe zu sichern. Die Politik dieser Fraktion ist auf allen politischen Ebenen reaktionär, national wie international, und lässt die Maske der Demokratie und Verständigung nach und nach fallen. Sie findet eine gewisse soziale Basis, die sie (noch) braucht, in Teilen der deklassierten Mittelschicht der USA und behauptet, deren Interessen zu vertreten, indem sie neue Arbeitsplätze schafft. Hier gibt es durchaus Parallelen zu Ende der 1920er Jahre insbesondere in Deutschland.

Wenn diese Sicht stimmt, dann hat diese Politik auch eine stark defensive Ausrichtung. Wie ein Blick in die Geschichte zeigt, sind dann aber gerade solche Kräfte zu allem fähig nach der Devise „willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein.“ So gesehen ist Trump auch der Ausdruck einer größeren Zeitenwende.

Ein Wort noch zur US-Wirtschaftspolitik: Vorhaben und Ziele der Trump-Administration laufen darauf hinaus, die staatliche Verschuldung deutlich zu steigern. Die Spartätigkeit ist in den USA traditionell gering, es ist erforderlich, dass das Ausland verstärkt US-Schulden kauft. Gleichzeitig soll China in die Schranken gewiesen werden, das Land, das über viele Jahre mehrere Bill. Dollar an US-Staatanleihen angehäuft hat. Mit den sich hieraus ergebenden Implikationen für den Außenwert des Dollar habe ich mich hier beschäftigt. Man könnte sehr verkürzt sagen, ein (nachhaltig) sinkender Dollar ist Gradmesser für den Erfolg dieser US-Politik.

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