QE – Zeitenwende?

Die Fed hat auf ihrer gestrigen FOMC-Sitzung bekanntgegeben, dass sie ihre QE-Maßnahmen ab Februar um weitere 10 Mrd. Dollar auf dann 65 Mrd. Dollar pro Monat reduzieren wird. Sie will ihre weiteren Schritte von der Erholung der Wirtschaft leiten lassen, d.h. jedes Anzeichen weiterer Stärke wird in der Erwartung der großen Marktteilnehmer umgesetzt in eine Verschärfung des "QE-Tapering"-Kurses.

Die gestrige Veröffentlichung des Beschlusses zog sogleich weitere Verkäufe riskanter Assets nach sich – Aktien schlossen nahe den Tagestiefs. In der vergangenen Woche hatte bereits "Risk-off" Einzug gehalten, Emerging Markets waren besonders betroffen.

Bonds waren auch gestern wieder gesucht, ebenso Gold. Der Yen gewann ebenfalls an Stärke, wobei man zweifeln kann, ob das seiner vermeintlichen Rolle als „safe haven“ zuzuschreiben ist. Wahrscheinlicher ist, dass mit Yen-Krediten finanzierte Assets (v.a. in den Emerging Markets) verkauft wurden, um in Zeiten zunehmender Unsicherheit das Währungsrisiko zu reduzieren.

Seit Beginn des offenen Ausbruchs der Finanzkrise 2007/2008 haben die Fed, die EZB, die BoE und die BoJ per QE-Aktivitäten mehr als vier Billionen Dollar an zusätzlicher Liquidität in ihren Volkswirtschaften geschaffen (siehe auch hier; Chartquelle).

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Wenn diese Ära zu Ende geht, steigen die Risiken für die hauptsächlichen Nutznießer dieser Geldflut wieder deutlich an. Wer ist das?

Eine Untersuchung von McKinsey legt nahe, dass die künstlich erniedrigten Zinsen den Regierungen in den USA und in Europa zwischen 2007 und 2012 rund 1.6 Bill. Dollar an Schuldendienst erspart haben. Das hat ihnen höhere Staatsausgaben und weniger Austerität ermöglicht. Wenn die Zinsen auf das Niveau von 2007 zurückkehren, könnten die Zinszahlungen der Regierungen in einer isolierten Betrachtung um 20% steigen.

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Die Regierungen in den USA und in Europa sind kurzfristig besonders betroffen, weil die Staatsschulden nur noch eine mittlere Laufzeit von 5,4, bzw. von ungefähr sechs Jahren haben. In Großbritannien sieht es besser aus, hier sind im Mittel noch fast 15 Jahre Zeit. Mit steigenden Zinsen stehen die Regierungen bei der nach wie vor hohen Schuldenquote vor der Wahl, Steuern zu erhöhen oder mehr zu sparen, um einem wachsenden Schuldendienst entgegen zu wirken.

US-amerikanische und europäische nicht-Finanz-Unternehmen haben von den künstlich niedrigen Zinsen mit gut 700 Mrd. Dollar profitiert, was ihre Gewinne in den USA und in Großbritannien um ungefähr 5%, in der Eurozone um etwa 3% gesteigert hat. Dieser Effekt fällt weg, wenn die Zinsen wieder steigen. Einige Unternehmen werden dann ihre Geschäftsmodelle überdenken müssen. So beruht zum Beispiel “Private Equity” in besonderem Ausmaß auf der Verfügbarkeit von billigem Kapital.

Auch die Emerging Markets haben von der Geldflut profitiert (siehe auch hier!). Die Käufe von dortigen Staats- und Unternehmens-Anleihen durch ausländische Investoren haben sich zwischen 2009 und 2012 auf mehr als 260 Mrd. Dollar verdreifacht. Wenn QE-Programme auslaufen, erleben solche Länder einen Abfluss von Kapital. Besonders betroffen sind dann die mit hohen Leistungsbilanzdefiziten.

Haushalte in den USA und in Europa haben seit der Finanzkrise bis 2012 630 Mrd. Dollar an Netto-Zinseinkommen eingebüßt. Haushalte mit bestehender hoher Schuldenlast sind davon besonders betroffen, junge Haushalte konnten hingegen von den niedrigen Zinsen profitieren. Die Schuldenlast der privaten Haushalte in den USA, in Großbritannien und in den meistemn Ländern der Eurozone ist absolut wie relativ zum BIP immer noch höher als zur Jahrtausendwende. Viele, insbesondere ältere Haushalte trifft eine Zinserhöhung daher hart.

Umgekehrt kommen viele Lebensversicherer insbesondere in einigen europäischen Ländern in zunehmende Probleme, wenn die QE-Aktivitäten ungehindert weiter gehen. Oft sind die garantierten Verzinsungen von Lebensversicherungen höher als die Renditen von Staatsanleihen. Eurozonen-Banken haben zwischen 2007 und 2012 230 Mrd. Dollar an Netto-Zinseinkommen eingebüßt. Eine Fortdauer künstlich niedriger Zinsen könnte sie in in Bedrängnis bringen, insbesondere auch vor dem Hintergrund eines aufgeblähten europäischen Bankensystems.

Wenn QE weitergeht, dürften Immobilienanlagen weiter im Preis steigen und damit die Zeichen eine Überhitzung in diesen Märkten insbesondere in Europa, Kanada und in einigen Emerging Markets verstärken.

[Unter Verwendung von Material aus Project Syndicate, Richard Cooper und Richard Dobbs]

Nach über fünf Jahren hat sich die Erwartung verfestigt, dass die Geldflut bis ans Ende aller Tage weitergeht. Was einmal als Bekämpfung der Folgen der übermäßigen Risiko-Ausrichtung von “too big to fail”-Banken gedacht war, ist längst zur Droge geworden. Wie bei jeder Drogenabhängigkeit zieht ein Entzug schwere Nebenwirkungen nach sich. Die Frage ist, ob der „Patient“ mittlerweile kräftig genug ist, um diese durchzustehen. Stellt sich heraus, dass der Entzug zu früh oder zu schnell erfolgt, dürfte eine Rückkehr zur vorherigen Drogen-Dosis möglicherweise nicht ausreichen, um den Patient zu stabilisieren.

Japan: In den Jahren 1995 und 1996 gab einige schwache Anzeichen wirtschaftlicher Erholung, daraufhin wurden fiskalische und geldpolitische Lockerungen wieder eingeschränkt. Das erwies sich als verfrüht, es begann ein Abstieg in Deflation. Vor bald einem Jahr startete daraufhin „Abenomics“ mit einem aberwitzigen Geldflutprogramm, die Bank von Japan will die Geldbasis in einem Zeitraum von zwei Jahren verdoppeln.

In Zusammenhang mit QE stellt sich immer wieder die Grundsatzfrage: Was ist besser – eine zeitweilige Entspannung oder eine grundlegende Sanierung? Was nutzt es (wie das Beispiel Japan zeigt), eine Scheinblüte hervorzurufen, die alle Preise verzerrt und zu Fehlallokationen führt, aber dem Übel nicht an die Wurzel geht? Und jetzt auch wieder der Blaupause Japan gemäß: Nach QE folgt QE zum Quadrat. Wird ein untaugliches Mittel deshalb tauglich, wenn es maximal überdosiert wird?

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