Bundestagswahl – interessante Ergebnisse

Die Bundestagswahl am gestrigen Sonntag brachte einige interessante Ergebnisse. Eine politische Wende wurde aber nicht eingeleitet.

  • Die FDP ist mit 4,8% an der 5%-Hürde gescheitert, sie ist im neuen Bundestag nicht mehr vertreten. Sie hatte ihm von seinen Anfängen an stets angehört. Sie hat gegenüber der Wahl vor vier Jahren 9,8% der Stimmen verloren.
  • Die „C“-Parteien erreichen mit 41,5% fast die absolute Mehrheit der Sitze im Bundestag. Sie profitierten an vorderster Front vom Debakel der FDP.
  • Die AfD verfehlt mit 4,7% den Einzug in den Bundestag. Sie konnte traditionelle Wähler aller großen Parteien anziehen. Die meisten Beobachter rechnen ihr für die kommende Europawahl gute Chancen aus.
  • Die SPD kann leicht zulegen. Sie steckt immer noch im Dilemma der Agenda 2010 fest, die sie in die politische Nähe der „C“-Parteien gerückt hat.
  • Die Linke verliert 3,3%, stellt aber nach CDU/CSU und SPD die drittstärkste Fraktion im Bundestag.
  • Die Grünen verlieren 2,3%. Ihnen dürfte ihre Vorschriftenwut und ihre Steuerpläne zum Verhängnis geworden sein.
  • Die Piraten unter „ferner liefen“.

Die Wähler hatten die FDP vor vier Jahren mit einem beachtlichen Wahlergebnis ausgestattet und erwartet, dass sie innerhalb der Koalition mit den „C“-Parteien eigene „freiheitliche“ Akzente setzt und u.a. ihre Wahlzusage niedrigerer Steuern einlöst. Den letzten Punkt hat sie lediglich hinsichtlich einer kleinen Gruppe (Hotels u.a.) umgesetzt, danach versank die Partei in Führungsquerelen, verheerenden taktischen Fehlern und betrieb eine "Politik", die von den meisten Wählern bestenfalls als überflüssig angesehen wurde.

Günther Nonnenmacher, FAZ, sieht den Grund für das Scheitern der FDP in ihrer schlechten Regierungsbilanz, sie sei nicht einmal ansatzweise in der Lage gewesen, ihr Rekord-Wahlergebnis von 2009 in Politik umzusetzen. Außenminister Westerwelle sei zuerst als Untoter und dann als Lehrling durch die Weltpolitik gegeistert. Mancher Beobachter sieht das Ende der FDP gekommen.

Die "C"-Parteien haben einen Wahlkampf auf der Linie geführt, mit Merkel als Spitzenkandidat wisse jeder, wofür sie steht und was sie „für Deutschland“ geleistet hat. Sie haben es verstanden, die wichtigen Fragen hinsichtlich Eurozone und EU herauszuhalten. Das gelang ihnen auch deshalb, weil SPD und Grüne ebenfalls nicht daran interessiert waren, das zu einem Thema zu machen – wieso denn auch, schließlich unterscheiden sich diese Kräfte hier ja kaum.

Dass dieses Thema das Wahlvolk aber sehr wohl beschäftigt, ist am Erfolg der AfD zu erkennen. Die erst im April gegründete Partei war offenen und versteckten unfairen Anfeindungen seitens der etablierten Parteien ausgesetzt. Die Medien taten ein Übriges, sie nicht in Erscheinung treten zu lassen und wenn, dann gab es ein deutsch-nationales Zerrbild.

Die „C“-Parteien sind nun auf der Suche nach einem Koalitionspartner. Die Grünen kommen hier nach Überzeugung vieler Beobachter weniger in Frage als die SPD. Die SPD muss sich einerseits erinnern an die Große Koalition bis 2009, deren Bilanz für sie schlecht ausfiel. Andererseits wird sie eine erneute Große Koalition kaum abschlagen, weil sonst die Gefahr besteht, dass sie weiter an Bedeutung verliert. Dennoch könnte eine Große Koalition sie noch mehr ins Abseits drängen, wenn sie sich wiederum hauptsächlich als Erfüllungsgehilfe der „C“-Parteien wahrnehmen lässt.

Vermutlich wird in der SPD allmählich das Mantra "auf Bundesebene kein Zusammengehen mit den Linken“ ad acta gelegt werden. Sie dürfte ansonsten auf absehbare Zeit kaum mehr in die Lage kommen, eine Regierung bilden zu können. Die SPD dürfte sich vermutlich nun auch immer mehr „grüne Themen“ zu eigen machen, nachdem die Grünen mit ihrem Versagen hierzu einladen. Denkbar, dass die SPD in einer Großen Koalition gegen Mitte der Laufzeit Widersprüche mit den „C“-Parteien zuzuspitzen beginnt, um eigenes Profil herauszustellen. Möglich, dass sie die Koalition dann sogar scheitern lässt, um in vorgezogenen Neuwahlen mit neuem "grün-sozialem“ Gesicht Punkte zu sammeln.

Bleibt unter dem Strich: An der grundlegenden Linie der deutschen Politik wird sich zunächst nicht viel ändern. Das gilt auch für die Europapolitik. Bleibt abzuwarten, ob die neue Regierung sich hinsichtlich neuer Hilfen für Krisenländer bewegt und Weichen stellt, die Austeritätspolitik zu lockern. Die SPD würde in einer Großen Koalition genau hier von Anfang an Zeichen setzen wollen. Darauf hoffen gerade auch die Krisenstaaten.

Mancher Beobachter hatte im Vorfeld bei einem Erfolg der „C“-Parteien ein kleines Freudenfeuer im DAX erwartet. Das blieb aus.

Nachtrag:
(24.9.13) Wolfgang Münchau schreibt in der FT, Frau Merkel sei wegen ihrer Politik der „sicheren Hände” gewählt worde. In Wirklichkeit sei diese aber unglaublich rücksichtslos. Ihr Sieg wird drei wirtschaftspolitische Konsequenzen haben: Erstens wird die Linie der Nicht-Krisen-Lösung weitergeführt, die öffentlichen Hände betreffende Schuldenschnitte kommen nicht in Frage. Zweitens wird es (auch in einer Koalition mit der SPD) keine fiskalische Lockerung geben in dem Sinne, die deutsche Konjunktur anzukurbeln, um der südlichen Peripherie der Eurozone zu helfen. Drittens wird durch den Sieg Merkels (und eine Große Koalition) der Zeitpunkt verschoben, an dem die SPD anfängt, in einer größeren makroökonomischen Perspektive zu denken und zu handeln.

(25.9.13) Lesenswerte "Überlegungen" zur Regierungsbildung hier!

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