Zeichen eines Aktien-Topps?

Bei der Antwort auf die Frage, was abgesehen von (unerwarteten) Risiken Katalysator für heftige Kursbewegungen sein kann, ist entscheidend, wann marktbestimmende Akteure für sich entscheiden, Gewinne mitzunehmen.

Beginnen diese, sich heraus zu schleichen, bleibt das nicht lange unbemerkt, andere schleichen hinterher, dann wird es schließlich am Ausgang eng. Mit dieser Thematik hat sich vor einigen Jahren eine Studie von Xavier Gabaix, H. Eugene Stanley, Parameswaran Gopikrishnan und Vasiliki Plerou befasst. In „A Theory of Large Fluctuations in Stock Market Activity” wird eine Theorie präsentiert, die überschießende Volatilität in relativ illiquiden Märkten von den Handelsaktivitäten großer institutioneller Investoren her erklärt.

Die Volatilität nach VIX bewegte sich bis vor kurzem auf einem Langzeit-Tief, aktuell nähert sich der Index einer langfristigen Abwärtslinie. Unter charttechnischen Gesichtspunkten dürfte der Pegel bei 18,30 von besonderer Bedeutung sein.

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Diese Theorie untermauert auch, dass bei der Frage nach einem Markt-Topp die Analyse des Verlaufs des Handelsvolumens eine wichtige Rolle spielt. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung des Marktvolumens im S&P 500 seit 2008. Hier wird deutlich, dass erstens bedeutenden Topps ein Absinken des Volumen um einige Monate vorausläuft. Zweitens weist das Volumen seit Herbst 2008 eine über die Jahre sinkende Tendenz auf (bläuliche Linie). Es nähert sich aktuell der roten Linie, die -von kurzfristigen Durchhängern abgesehen- ein Minimum bei der Volumenentwicklung repräsentiert.

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Auf der Suche nach Indizien für ein Topp stellt Doug Short im folgenden Chart Margin Debt an der NYSE und den S&P 500 gegenüber, jeweils in einer inflationsbereinigten Form. Bedeutende Markt-Topps fallen demnach mit einer Gipfelbildung bei der Margin Debt Zeitreihe zusammen, wobei auch deutlich wird, dass sich ihre Entwicklung vor einem Topp beschleunigt. Ihre aktuell absolute Höhe ist mit den Niveaus vergleichbar, die im März 2000 und im Juli 2007 erreicht wurden.

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Besonders krass erscheint die Entwicklung der US-Aktienkurse angesichts der Entwicklung des US-BIP. Seine jährliche Steigerungsrate außerhalb einer Rezession ist aktuell so niedrig wie noch nie seit dem zweiten Weltkrieg.

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Angesichts dieser schwachen Entwicklung der Wirtschaft ist die Gewinnentwicklung interessant: Im zweiten Quartal sind die Bank-Gewinne um 27% angestiegen, was verhinderte, dass im S&P 500 ein Gewinnrückgang zu vermelden gewesen wäre. Mit den Bank-Zahlen sind die Gewinne hier um 3,3% im Jahresvergleich angestiegen, ohne sie wären sie um 1,2% zurückgegangen. Auch im Vorjahr hatten sich die Banken besser als der breite Markt entwickelt. Das Wall Street Journal geht davon aus, dass nicht-Finanz-Unternehmen nun ihre Möglichkeiten ausgeschöpft haben, aus einer schwachen Wirtschaftsentwicklung durch Entlassungen und Kosteneinsparungen Gewinne herauszupressen. Banken hingegen könnten selbst in der lahmsten Wirtschaftentwicklung Geld verdienen und sei es durch „Innovationen“ etwa derart, Rohstoffe in Lagerhäusern herumzuschieben, um den Eindruck von Knappheit zu erwecken (siehe hier!).

Stellt man den S&P 500 und den Treasury-Markt (hier als Kehrwert der 10-jährigen Bond-Rendite) gegenüber, so fällt die enorme Divergenz auf, die sich seit September 2012 entwickelt hat. Die Rendite bewegt sich aktuell mit rund 2,9% auf einem zwei-Jahres-Hoch, nachdem sie Anfang Mai noch bei 1,6% notierte. Die Divergenz zwischen Aktien und US-Staatsanleihen wird früher oder später eingeebnet – einen möglichen Gleichgewichtspfad zeigt die türkise Linie. Das würde für den S&P 500 ein Korrekturziel von grob 1450 (ohne Unterschießen) nahelegen.

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Auch wenn ein Markt-Topp immer wahrscheinlicher wird und die Finanzmärkte damit allmählich dazu zurückfinden, trübe fundamentale Gegebenheiten zu reflektieren, so können Übertreibungen immer länger andauern als gedacht. So liegt es zwar auf der Hand, dass mit dem für Mitte September erwarteten Beginn der Reduktion der QE-Maßnahmen der Fed ein Katalysator für eine Topp-Bildung geliefert wird. Allerdings ist dies so offensichtlich und wird in solch epischer Breite in den Medien behandelt, dass der Anlass für ein längerfristiges Markttopp wohl eher aus einer anderen Eche kommt.

Frei nach Quizmaster Robert Lembke: Welchen „Schwarzen Schwan“ hätten S’ denn gern?

Nachtrag:
(21.8.13) Einige bekannte Investoren erwarten eine deutliche Korrektur an den Aktienmärkten, so etwa Marc Faber und Roland Leuschel. George Soros mit 1,25 Mrd. US-Dollar auf der Short-Seite unterwegs.

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