Der italienische Ministerpräsident Monti hat in einem Interview mit dem Spiegel gesagt, die europäischen Regierungschefs sollten sich bei der Bekämpfung der Euro-Krise ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten bewahren: „Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration“.
Daraufhin bellten insbesondere deutsche Politikerinnen und Politiker los und bezeichneten die Mitspracherechte des Bundestages in der Europapolitik "ausdrücklich als unverzichtbar", woraufhin Monti das Gegenteil behauptete: Er wünsche keineswegs eine Schwächung der Kontrollfunktion der Abgeordneten über die Regierungen, sondern im Gegenteil deren Stärkung auf nationaler wie europäischer Ebene.
Der Goldman Sachs nahestehende Monti drückt mit seiner ersten Äußerung nur das aus: Die ohnehin schon schwach ausgeprägten demokratischen Möglichkeiten in Europa stellen ein Hindernis dar bei der Rettung der europäischen Finanzindustrie auf Steuerzahlers Kosten.
Dass sich deutsche Politiker über die Äußerungen Montis so echauffieren, ist allerdings wiederum bezeichnend für diese, die erst vor kurzem über die Zustimmung des Bundestags zu Fiskalpakt und ESM selbst die teilweise Entmachtung des deutschen Parlaments beschlossen haben. Sie hätten lieber schweigen sollen.
Dass Monti seinen Testballon gleich wieder eingefangen hat, ist ebenso bezeichnend. Schließlich will der feine Herr „Technokrat“ möglichst geräuschlos an seine Rettungsmilliarden aus Brüssel kommen. Aber gleichzeitig sorgt er sich um die „Effizienz“, daher schon mal der Versuchsballon.
Man kann sicher sein, dass bald noch mehr von der Sorte kommt.
Immer daran denken:
Nach IWF ist das gesamte europäische Bankensystem auf Basis berichteter Verschuldung mit 26 zu 1 gehebelt. Es hat einen Umfang von über 46 Bill. Dollar, fast das dreifache des EU-BIP. Es ist fast viermal so groß wie das der USA (46 gegen 12 Bill. Dollar). Das US-Bankensystem ist mit 13 zu 1 halb so stark gehebelt, sein Umfang liegt unterhalb des US-BIP.
Bei einem Schuldenhebel von 13 reicht ein Verlust von 7,7% (oder 1 Bill. Dollar) zur Kapitalauslöschung des US-Bankensystems aus, beim europäischen Bankensystem ist bei gut 3,8% (oder 1,75 Bill. Dollar) „Schicht im Schacht“.
Die EZB-Bilanz ist aktuell 3,8 Bill. Dollar lang. Das ist mehr als das deutsche BIP und macht etwa ein Viertel des BIP der Europäischen Union aus. Die Bilanzsumme der Fed liegt bei 2,8 Bill. Dollar und damit bei einem Fünftel des US-BIP (14,5 Bill. Dollar).
EU-Banken müssen bis Ende 2012 Hunderte von Milliarden Schulden revolvieren. U.a. sind französische Banken mit 30% ihrer gesamten Schulden dabei, bei spanischen und italienischen Banken sind es mehr als ein Drittel, bei deutschen Banken sind es fast 40%, bei irländischen Banken fast 50%.
EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia gibt schon mal einen kleinen Ausblick auf das, was mit der nächsten Bankenrettung auf uns zukommt (h/t Eurointelligence): Er schätzt die totalen Kosten aller EU-weiten Bankenrettungen auf 4 bis 5 % des EU-BIP. Die Summe der Garantien werde auf etwa 10% des BIP-27 kommen (2011: 12,64 Bill. Euro; Eurozonen-BIP (17 Länder) 9,4 Bill. Euro). Da nach den neuen EU-Beschlüssen Banken vom ESM direkt gerettet werden können sollen: Das alleine entspricht etwa dem anfänglich angesetzten Kapital des ESM. Und dann sollen auch noch PIIGS gerettet werden…
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