S&P 500 – Window-Dressing zum Quartalsende?

Der S&P 500 steigt in seiner besten Woche in 2024 um 2,3%. NDX und Nasdaq Composite gewinnen auf Wochensicht ebenfalls. Der Dow schafft +2,0%. Der DAX erzielt einen Wochengewinn von 1,5%. Alle erreichen im Laufe der zurückliegenden Woche neue Allzeithochs.

Die Ölpreise entwickeln sich uneinheitlich, Öl Brent mit –0,4%, WTI Öl +0,3%. Der CRB-Rohstoffindex legt im Wochenvergleich um 0,4% zu. Gold ebenfalls mit +0,4%, Silber verliert unter der Psycho-Marke von 25 2,1%.

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Die US-Renditen zeigen sich über das gesamte Laufzeitenspektrum schwächer. Die der 10yr-TNotes sinkt auf Wochensicht um 2,7%, die der 2yr-TNotes verliert 2,9%, die der 13wk-TBills knapp behauptet mit -0,3%. Der Dollar-Index fester, Euro/Dollar erneut leichter. Die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen gewinnen weitere 1,6%, bzw. 0,9%.

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Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt auf Wochensicht um 1,8%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), steigt um 3,3%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, gewinnt 3,2%.

In der zurückliegenden Woche entstanden in den großen US-Indices wiederum Aufwärtslücken, die am zurückliegenden Freitag nur teilweise geschlossen wurden. Die hier, wie auch im DAX am 22. Februar gerissenen bedeutenden Aufwärtslücken sind weiter offen.

Der Rendite-Spread am langen Ende nimmt im leicht positiven Bereich wieder zu. Die Inversion der Zinsstruktur über das gesamte Spektrum nimmt leicht zu, jetzt -0,99%. Die negative Differenz zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR nimmt wieder deutlich zu. Die Erwartungen hinsichtlich einer baldigen Leitzins-Senkung bekamen neuen Schub.

Tauben allerorten. In einem weithin erwarteten Schritt beendete die Bank of Japan die Ära der Negativzinsen, sie hob ihre Kurzfristzinsen auf 0% an. Die Bank of England ließ die Zinsen unverändert, signalisierte aber, dass sie einer Zinssenkung näher kommt. Am Donnerstag begann die Schweizerische Nationalbank als erste große Zentralbank mit einer überraschenden Zinssenkung um 0,25% und signalisierte damit auch Vertrauen in sinkende Inflation.

Auf der FOMC-Sitzung am Mittwoch blieben die kurzfristigen Zinssätze unverändert, damit war auch gerechnet worden. Die Mitglieder des FOMC reagierten nicht auf die unerwartet hohen Inflationswerte für Februar, sie gehen in ihren Projektionen weiterhin von drei Zinsschnitten in 2024 aus. Darüber hinaus wurden die Prognosen für das BIP-Wachstum für 2024, 2025 und 2026 hoch gestuft. In der Euphorie ging unter, dass die Fed ihre Fed Funds Rate per Ende 2025 nur noch bei 3,9% sieht anstatt bei 3,6% wie zuvor.

Fürwahr ein Goldilocks-Szenario, das die Fed entwirft: Das BIP soll nun in 2024 um 2,1% steigen (zuvor 1,4%), die Arbeitslosigkeit soll bei rund 4% auf historisch niedrigem Niveau verharren und die Inflation soll bis 2026 kontinuierlich in Richtung 2%-Ziel laufen. Das Wachstum der US-Wirtschaft liegt in einem mittleren Bereich und die Inflation sinkt von mäßigem Niveau aus. Also kann die Fed die Zinsen senken und so können die Finanzierungskosten zurückgehen.

Und was Fed-Chef Powell noch sagte: Die Geschwindigkeit der Straffung der Bilanz durch Bond-Verkäufe könnte nun zurückgehen, sprich, die Fed will weniger Liquidität vom Markt nehmen. Und dann das (Chartquelle: @jkylebass): Die Fed hat ihre „schwarze Kasse" benutzt, um enorme Mengen an Liquidität in den Finanzmarkt zu pumpen – seit Mitte 2023 an die zwei Bill. Dollar. Der S&P 500 hat bis jetzt perfekt reagiert. Und es bleiben noch 400 Mrd. Dollar zwischen jetzt und der Wahl zur US-Präsidentschaft – reiner Zufall, oder?

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John P. Hussman: Der Aktienmarkt befindet sich derzeit an Bewertungsextremen, die in der US-Finanzgeschichte nur zweimal erreicht wurden: In der Woche zum 31. Dezember 2021 (der Höchststand im Jahr 2022 wurde am nächsten Handelstag erreicht) und in der Woche zum 26. August 1929, dem Höhepunkt der damaligen Blase. Die gegenwärtigen Bewertungsextreme wären nur dann lediglich langfristig besorgniserregend, wenn die Maßstäbe für die inneren Werte des Marktes nicht gleichzeitig divergierend ungünstig wären.

Es ist wieder populär, so Hussman, zu glauben, dass „es diesmal anders ist" – dass die Wirtschaft in eine neue Ära dauerhaft hoher Gewinnspannen und Kreditausweitung eingetreten ist; und dass ein enger, selektiver, zweistufiger Rausch unter den großkapitalisierten Glamour-Aktien ausreicht, um den Markt immer höher zu treiben. Also nehmen Anleger an, dass die Beziehung zwischen den aktuellen Bewertungen und den nachfolgenden Renditen gebrochen ist. Da aber Aktien letztlich einen Anspruch auf künftige Cashflows darstellen, die im Laufe der Zeit geliefert werden müssen, bedeuten höhere Startbewertungen umso niedrigere künftige Renditen. Keine spekulative Episode in der Geschichte ist jemals gut ausgegangen.

Wenn Anleger dazu neigen, zu spekulieren, handeln sie zunächst wahllos. Wenn die Spekulation aber in ihrer zweiten Stufe sehr selektiv wird, ist dies in der Regel ein Anzeichen für eine subtil aufkommende Risikoaversion. Aus diesem Grund muss man die Psychologie der Anleger in Bezug auf Spekulation und Risikoaversion anhand von Gleichförmigkeit, bzw. Divergenz des Marktgeschehens in Tausenden von Einzelaktien, Branchen, Sektoren und Wertpapierarten, einschließlich Schuldtiteln unterschiedlicher Bonität messen, so Hussman.

Als Bewertungsmaßstab nimmt er das Verhältnis zwischen der Marktkapitalisierung des nicht-finanz Sektors und der Bruttowertschöpfung, einschließlich der geschätzten Auslandseinnahmen.

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Ich hatte mich hier mit der Bewertungsthematik befasst. Unter Berücksichtigung von sich über die Zeit verändernden strukturellen Faktoren sehe ich die Bewertung des Aktienmarktes in 1929 und 1999/2000 beim rund 1,8-fachen des „fairen“ Werts. Für die Jahreswende 2021/2022 komme ich auf einen Faktor von unter 1,4. Hussmans Hinweis auf interne Divergenzen kann ich nachvollziehen, hier „knirscht“ es. Ich komme darauf weiter unten zurück.

Von Jeroen Blokland stammt die folgende Graphik. Sie zeigt Volatilität und Rendite verschiedener Anlage-Klassen. Demnach wären Aktien („PE growth“) als relativ gutes Investment anzusehen, zwar mit hoher Volatilität, aber einem guten „Return“. Das Gegenstück wären „Natural Ressources“. Investitionen in Infrastruktur sind ein gutes Ruhekissen – sie weisen eine geringe Volatilität auf und erzielen im Vergleich dazu eine akzeptable Rendite.

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Der Goldpreis ist nach seinem jüngsten Höchststand angesichts eines stärkeren Dollars zurückgegangen. Kurzfristig könnte der Druck anhalten, doch die Erwartung niedrigerer Zinssätze dürfte dem Vermögenswert längerfristig Auftrieb geben. Darüber hinaus sind die Zentralbanken weiterhin starke Käufer. So hat die polnische Zentralbank ihre Goldreserven erheblich aufgestockt und im vergangenen Jahr 130 Tonnen Goldbarren erworben. China hat sich als Haupttreiber der Goldnachfrage sowohl der Verbraucher als auch der Zentralbanken erwiesen. Die wirtschaftlichen Herausforderungen und die Instabilität des chinesischen Immobiliensektors haben die Goldinvestitionen von Privatpersonen in diesem Land erhöht.

Die Stimmung unter den deutschen Unternehmen hat sich merklich verbessert. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im März auf 87,8 Punkte gestiegen, nach 85,7 Punkten im Februar. Insbesondere die Erwartungen der Unternehmen fielen deutlich weniger pessimistisch aus. Auch die Einschätzungen zur aktuellen Lage verbesserten sich. Die deutsche Wirtschaft sieht einen Silberstreif am Horizont. Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich das Geschäftsklima markant verbessert. Von Optimismus sind die Firmen aber noch ein Stück entfernt. Der Auftragsbestand war weiter rückläufig. Im Dienstleistungssektor ist der Geschäftsklimaindex spürbar gestiegen. Vor allem in Transport und Logistik sowie im Gastgewerbe ging es bergauf.

Micron Technology meldet, dass die High Bandwidth Memory Chips für 2024 ausverkauft sind und der überwiegende Teil der Produktion für 2025 Kunden bereits zugesagt wurde. Diese Speicher sind im KI-Umfeld von entscheidender Bedeutung für die Verarbeitungsgeschwindigkeit. Nvidias GPUs stellen auf diese Technologie ab. Im Rahmen der Nvidia-Entwicklerkonferenz sagte CEO Jensen Huang, dass es noch mindestens zwei Jahren dauern dürfte, bis der derzeitige Nachfrage-Überhang nach den KI-Lösungen des Unternehmens abgebaut ist.

Zinssätze sind die Belohnung für den Konsumverzicht in der Gegenwart. Alle wirtschaftlichen und finanziellen Aktivitäten finden über die Zeit hinweg statt. Also benötigt die Welt positive Zinssätze. Ansonsten werden die Marktsignale in der Wirtschaft und auf den Finanzmärkten verzerrt. Kapital wird falsch alloziert, alles wird finanziert, die Preise von Vermögenswerten spiegeln ihre Wertentwicklung nicht wider. Und dann kommt es zur Anomalie, dass Aktien und Bonds im größeren Zeitrahmen negativ korrelieren, wie das in der Periode der Geldflut zwischen 1998 und 2019 der Fall war (Chartquelle).

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Der Chart zeigt, dass die nominalen Erträge von Aktien und Anleihen ansonsten über die Jahrhunderte hinweg in einem rollenden Zeitfenster von zehn Jahren (!) stets mehr oder weniger synchron liefen. Scheint so, als träten wir wieder in die Normalität einer positiven Korrelation ein.

„Die eigentliche Funktion des Zinses", schrieb Joseph Schumpeter, „ist sozusagen die Unterbrechung oder der Regulator" der wirtschaftlichen Tätigkeit. Nach Schumpeters Meinung eine „notwendige Unterbrechung". Der Zins macht die Zeit zu einem Produktionskostenfaktor. Zeit ist Geld. Unternehmer, die bei der Produktion Zeit sparen, die Waren am schnellsten auf den Markt bringen, gehen als Gewinner aus dem Spiel der schöpferischen Zerstörung hervor. Der Zins rationiert Kapital. Aus dieser Perspektive ist der Zins ein Ansporn zur Effizienz – eine Hürde, die darüber entscheidet, ob eine Investition rentabel ist oder nicht. Der Zinssatz, so schrieb Schumpeter, „fließt in jede wirtschaftliche Überlegung ein". … so lange es einen Zinssatz gibt …

Tom McClellan: Die Inflationszahlen aller Art haben sich beruhigt. Doch zumindest bei den Lebensmitteln steht die Teuerung vor einem weiteren Anstieg. Das ist die Botschaft des folgenden Diagramms. Die Bewegungen der Goldpreise neigen dazu, etwa ein Jahr später in den Preisen von Weizen-Futures widergespiegelt zu werden. Das gilt auch für die Maispreise (nicht dargestellt). Getreide ist ein wichtiger Rohstoff für viele Fertigprodukte, einschließlich Fleisch, und so führt ein Anstieg der Getreidepreise in der Regel auch zu steigenden Lebensmittelpreisen.

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Die Goldpreise erreichten ihren monatlichen Tiefpunkt im Oktober 2022 und sind seitdem stark gestiegen. Die Weizenpreise erreichten ihren Tiefpunkt fast ein Jahr später, im September 2023, und begannen nach dem Goldplan zu steigen. Zwar sind die Weizenpreise kürzlich ein wenig gefallen und haben sich damit vom Goldplan entfernt. Aber McClellan geht davon aus, dass die Weizenpreise mittelfristig wieder steigen werden, um dem Goldpreis zu folgen.

Diese Beziehung gerät gelegentlich aus dem Ruder, wenn ein bedeutendes exogenes Ereignis auftritt. Covid ist ein gutes Beispiel dafür. Ein weiteres Beispiel ist die Rohstoffblase von 2008, als die gesamte Wall Street plötzlich verrückt nach Rohstoffindizes wurde (weil Aktien 2008 nicht mehr funktionierten). Abgesehen von solchen Umständen ist dies eine ziemlich dauerhafte Beziehung. Die Gesamtkorrelation des Subindex des Verbraucherpreisindex für Nahrungsmittel und Getränke mit Gold (12-monatiger Vorlauf) ist nicht so eng wie bei Weizen, aber die Startpunkte der Auf- und Abwärtsbewegungen stimmen im Allgemeinen überein.

Die Botschaft aus McClellans Überlegungen ist also für die allgemeine Inflation, dass ein gewisser Anteil der Preise hoch bleiben oder sogar steigen wird. Das hält die „Headline“-Inflation hoch und die zumindest auf hohem Niveau verharrenden Lebensmittelpreise beschneiden das Nachfrage-Potenzial für andere Güter. Wenn man zusätzlich unterstellt, dass die Energiepreise künftig mit der allgemeinen Erwartung sich eher wieder belebender Wirtschaftstätigkeit hoch bleiben werden, engt das den Nachfrage-Spielraum weiter ein. Ich gehe allerdings nach wie vor davon aus, dass um die Jahresmitte herum sich ein deutlicher Abschwung manifestiert.

Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 5234,18 geschlossen. Der Index schloss an der Aufwärtslinie aus Ende Oktober, zugleich die Unterseite eines kurzfristigen Aufwärtskanals. Dessen Oberseite hat der Index bereits fünf Wochen lang nicht mehr erreicht. Seitdem lässt sich ein flacherer Aufwärtskanal ausmachen. Dessen Oberkante wurde am zurückliegenden Donnerstag touchiert (Chartquelle).

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Auf der Oberseite herrscht unchartiertes Gelände. Bei rund 5180 und dann eng gestaffelt darunter bis 4800 liegen leichte statische Supports. Die EMA50 verläuft bei 5020 (steigend). Bei 4825 liegt das 38er-Retracement des Aufwärtsimpulses aus November (falls der Impuls nun beendet ist).

Die Marktindikatoren zeigen sich per Saldo mit 43:0 noch mäßig bullisch. Das Verhältnis von SPX zu VIX ist hoch, tendiert seitwärts, das „Klima“ ist in Greed. Die Volatilitätsauswertung des VIX zeigt Selbstzufriedenheit. Die Volumenverteilung läuft weiterhin in Akkumulation. Der TQUAL-Indikator, gebildet aus RSI, Stochastik und MACD internationaler Aktienindices, läuft seit kurzem in bullischer Richtung. Die Marktbreite nach TRIN ist umgekehrt und entwickelt sich bärisch.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen lineare Eigenschaften weiterhin dominieren. Es herrscht starker „Inflow“. Eine weitere Entwicklung in Richtung Expansion ist noch möglich, vermutlich aber eher in Form eines Blowoffs. Bärische Merkmale sind kaum noch existent. Die Prognose sieht für den S&P 500 eine mögliche Spitze bei 5300+.

Die Rendite der Ramsch-Anleihen markiert zusammen mit dem Höhenflug des S&P 500 zwar weiterhin kein neues Tief, das jüngste wurde Ende Dezember gebildet. Aber sie tendiert abwärts, ein Zeichen kurzfristig zunehmender Risikoausrichtung.

Die Charts der aggregierten Marktindikatoren, der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis, sowie der Rendite der Ramsch-Anleihen werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert.

Kurzfristig: In der nun folgenden Vor-Osterwoche mit vermutlich abnehmendem Handelsvolumen und zugleich der letzten Woche im Quartal dürfte die Devise „Windos-Dressing“ heißen. Das stützt die Annahme eines noch anhaltenden Höhenflugs. Auf der Unterseite ist 5180 jetzt eine wichtige Marke. Wird sie unterschritten, dürfte es zu weiteren Gewinnmitnahmen kommen. Bis zu einem Rückgang auf rund 5100 dürfte es noch genügend Schnäppchenjäger geben, die den S&P 500 bremsen.

Übergeordnet: Der erste Zielbereich für die Bären dürfte die EMA50 sein. Der April ist häufig gekennzeichnet von erratischen Kurszuckungen.

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