Wirtschaftswachstum – vom Ideal zur Realität

Das Wirtschafts-Wachstum hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab, der Demographie mit einer wachsenden qualifizierten Erwerbsbevölkerung und der Produktivität.

Eine alternde Bevölkerung oder ein großer Teil der Bevölkerung unter 25 Jahren trägt nicht viel zur Produktion bei. Menschen im Alter von 25 bis 55 Jahren, die einer produktiven Tätigkeit nachgehen, müssen auch über die erforderlichen Qualifikationen verfügen. Eine qualifizierte Ausbildung ist im Sinne des wirtschaftlichen Wachstums viel mehr wert als ein Barkeeper mit Bachelor-Abschluss.

Das Wachstum der Produktivität wird bestimmt durch private Investitionen. Dr. Lacy Hunt: Staatliche Investitionen kurbeln die Wirtschaft zwar kurzfristig an, wirken aber langfristig als Wachstumsbremse. Mechanisierung und Automatisierung erhöhen den Output pro Arbeitnehmer und steigern so die Produktivität.

Zur Finanzierung privater Investitionen in die Automatisierung werden Ersparnisse benötigt. Inländische Ersparnisse sind Auslandsanleihen vozuziehen. Auslandsschulden, insbesondere wenn sie auf eine Zweitwährung lauten, können zu volatilen kurzfristigen Kapitalströmen führen. Arbeitnehmer konsumieren das meiste, was sie verdienen, ihre Sparquoten sind niedrig. Wohlhabende weisen in der Regel weit höhere Sparquoten auf. Ein hohes Maß an fianzieller Ungleichheit erhöht die Sparquote, drückt aber den Konsum. Ein niedriger Konsum führt zu weniger Investitions-Anreizen. Das richtige Gleichgewicht ist wichtig.

Niedrige Budget-Defizite stellen sicher, dass die staatliche Kreditaufnahme nicht die privaten Investitionen verdrängt. Staatliche Investitionen sind kein Ersatz für private Investitionen, da sie übergeordnet zu niedriger Produktivität und geringem Wachstum führen.

Die Geldpolitik wird häufig eingesetzt, um den Konsum und die Investitionen durch niedrige Zinssätze zu stimulieren. Aber niedrige Zinssätze schrecken von privaten Ersparnissen ab, die das Lebenselixier einer gesunden Wirtschaft sind. Niedrige Zinssätze führen mit einer Verzögerung von ein bis zwei Jahren zu Inflation, sei es im Finanz- oder im Güterbereich, je nachdem wohin die zunehmende Geldmenge fließt.

Billige Schulden und hohe Inflation (mit negativen Realzinsen) führen zu Fehlinvestitionen in spekulative Vermögenswerte, von denen erwartet wird, dass sie im Preis steigen, ohne notwendigerweise die Produktion zu erhöhen. Im Ergebnis werden produktive Investitionen durch Fehlinvestitionen (Spekulation) als auch durch Staatsdefizite verdrängt. Das schadet dem langfristigen Wachstum.

Ein weiterer Faktor bei niedrigen Zinssätzen ist, dass die Preise für Wohneigentum viel schneller steigen als die Einkommen, wodurch für jüngere, am Anfang ihrer Erwerbstätigkeit stehende Arbeitnehmer der Zugang zu Wohneigentum erschwert wird. Das führt über eine starke Verzögerung zu einem heimtückischen Ergebnis: Die Gründung neuer Haushalte verlangsamt sich und damit auch die Geburtenrate. Das untergräbt die langfristige demographische Entwicklung.

Dies kann zwar bis zu einem gewissen Grad durch Zuwanderung behoben werden, aber oft sind die Zuwanderer unqualifiziert. Zudem führen sprachliche und kulturelle Herausforderungen zu einer schlechteren Assimilation und damit zu einem steigenden Anteil von niedrigen Einkommen. Das drückt cet. par. die gesamtgesellschaftliche Sparquote und damit auch die Investitionen.

Zusammenfassend: Wir benötigen eine zunehmende Zahl an qualifizierten Arbeitskräften und eine steigende Produktivität durch gesunde private Investitionen. Umgekehrt erfordern Investitionen ein stabiles Wachstum, damit verlässliche Perspektiven statt instabiler Boom-Bust-Zyklen bestehen und eine ausreichende Finanzierung durch private Ersparnisse gewährleisten. Die Staatsdefizite müssen niedrig und die Realzinsen angemessen hoch gehalten werden (z.B. 3%), damit eine niedrige Inflation eine effiziente Kapitalallokation (für produktive private Investitionen) begünstigt.

Von diesem Ideal sind wir weit entfernt. Die Realität sieht so aus:

Das nachstehende Schaubild zeigt, dass die privaten US-Inlandsinvestitionen (ohne Gebäude – blau) bei 13,5% des BIP liegen, was ein durchaus brauchbarer Wert ist. Der Anteil der Investitionen geht aber seit den frühen 1980er Jahren zurück, damals lag er noch bei 15,5%. Die Produktivität (magenta), berechnet als reales BIP/Beschäftigte außerhalb der Landwirtschaft, ist seit den 1950er Jahren stetig gestiegen.

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Der folgende Chart zeigt den Rückgang des durchschnittlichen 10-Jahres-Wachstums des realen BIP seit 1960 und die steigende Verschuldung im Verhältnis zum nominalen BIP.

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Das Wachstum verlangsamt sich aufgrund der schlechten demographischen Lage, steigender Staatsdefizite und Fehlinvestitionen infolge negativer Realzinsen. Geopolitische Spannungen und die Notwendigkeit, Lieferketten und Energiequellen zu sichern, tragen dazu bei, dass die Staatsausgaben die Steuereinnahmen auf absehbare Zeit bei weitem übersteigen werden. Die schon lange ausufernde Staatsverschuldung dürfte private Investitionen weiter verdrängen und für ein geringes zukünftiges Wachstum sorgen.

Das nachstehende Diagramm zeigt die CBO-Projektionen für die Verschuldung im Verhältnis zum BIP für die nächsten dreißig Jahre.

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Die Fed wird vermutlich die langfristigen Zinssätze drücken, um die Regierung bei der Bedienung der massiven Zinslast für ihre Schulden zu unterstützen. Dies dürfte zu hoher Inflation, negativen Realzinsen, Fehlinvestitionen in spekulative Vermögenswerte, geringem Wachstum und zu zunehmender Instabilität führen (nach Hyman Minsky).

Schlussfolgerung

Wir werden wahrscheinlich ein Jahrzehnt der Stagflation erleben, mit geringem Wachstum, hoher Inflation und instabilen Finanzmärkten. Dabei bleibt zu hoffen, dass die Inflation das nominale BIP im Verhältnis zur Staatsverschuldung ansteigen lässt und so die Schuldentragfähigkeit im Laufe der Zeit verbessert. Dies ergäbe die Gelegenheit, die Haushaltsdefizite zu verringern und eine gesundere Geldpolitik zu betreiben.

In der Zwischenzeit: Wenn die Zinsen niedrig und die Inflation hoch ist, sollten Sie als Basis in Sachwerte investieren. Suchen Sie nach Werten -mit stabilen Einkommensströmen, die stürmischen Zyklen standhalten können- und nicht nach spekulativem Wachstum.

[Unter Verwendung von Material aus „Long-term outlook: How does it all end?“]

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