Die USA und die Dominanz des Dollar

Insbesondere seit Beginn des Ukraine-Kriegs mehren sich die Zeichen, dass die Bedeutung des Dollar als Leit- und Reserverwährung abnimmt. Der Dollar untermauert die Rolle der USA als führende Wirtschafts- und Militärmacht. Es ist bezeichnend, dass selbst Saudi-Arabien Öllieferungen nicht mehr ausschließlich in Dollar abrechnet.

Bis Anfang der 1980er Jahre war das Außenhandelsdefizit der USA relativ ausgeglichen. Dann kam es zu einer ersten defizitären Entwicklung, Anfang der 1990er Jahre folgte ein erneuter Ausgleich. Seitdem aber importieren die USA beständig deutlich mehr Waren und Dienstleistungen als sie in andere Länder exportieren. Im Gesamtjahr 2021 betrug das Defizit mehr als eine Billion Dollar. Nachfolgend der monatliche Verlauf seit 1992.

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Im Kontext der Funktion des Dollar als Weltleitwährung (und Weltreservewährung) haben die Länder mit Handelsüberschüssen exorbitante Dollar-basierte Forderungen gegen die USA aufgebaut. Anstatt für die eigenen Exporterlöse US-Waren zu importieren, haben diese vornehmlich US-Staatsanleihen, sowie auch andere Vermögenswerte (Aktien, Immobilienpapiere usw.) aus den USA erworben.

Die globale Funktion des Dollar ist eine Quelle enormer finanzieller Zuflüsse in die USA. Die USA können so ihre Kosten für Militär und Haushaltsdefizite den exportorientierten Ländern aufhalsen. Diese Refinanzierungsquellen kompensieren die niedrige volkswirtschaftliche Sparquote der USA, sie lag zuletzt bei 4,1%, vor 2008 erreichte sie auch Werte unter 3%.

Die Auslandsverschuldung der USA ist per Ende 2022 auf rund 7,25 Bill. Dollar angewachsen (Chartquelle).

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Die Forderungen des Auslands entwerten sich durch die Ausdehnung der Geldmenge in den USA, allein seit Anfang 2020 ist die Geldmenge der USA bis Ende 2022 um mehr als 40% angewachsen. Der reale Tauschwert dieser Forderungen ist also entsprechend gefallen. In vielen Ländern mit Exportüberschüssen und Dollar-Guthaben hat sich die Geldmenge jedoch ähnlich entwickelt.

Da die Geldmengen-bedingten Realwert-Verluste also in den beteiligten Ländern ähnlich sind, gewinnt der Außenwert des Dollar besondere Bedeutung. Der Dollar-Index DXY notiert aktuell bei 102 an einem wichtigen Pegel. Bezogen auf die Zeit seit 1988 lag DXY nur zwischen November 1999 und Februar 2003 über diesem Wert. Und seit Ende April 2022 wieder. Ein anhaltender Fall unter 102, erst recht unter 90 dürfte die Gläubiger, bzw. die Gläubigerländer wegen der Entwertung ihrer Guthaben in Dollar auf den Plan rufen (Chartquelle).

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China ist das Land mit den größten Beständen an Forderungen gegenüber dem Ausland. Gegenwärtig betragen diese 3,2 Bill. Dollar. Das Maximum lag 2014 bei 4 Bill. Dollar. Die Forderungen gegenüber den USA machen den Löwenanteil aus. Das Land stützte insbesondere in der Zeit vor 2014 den Dollar, um die eigenen Exporte hoch zu halten (Chartquelle).

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Im Saldo der Auslandsvermögenswerte in den USA spiegeln sich die akkumulierten Außenhandelsdefizite der USA, bzw. die Export-Erlöse des Auslands wider. Sie sind auf minus 16,1 Bill. Dollar gefallen. 2010 lag der Saldo noch bei minus 2,5 Bill Dollar, 2021 waren es minus 18,1 Billl. Dollar. Im Zuge des Krieges in der Ukraine haben Ausländer also Vermögenswerte aus den USA abgezogen.

Indem ausländische Akteure ihre Exportüberschüsse über lange Zeit in Finanzpapiere (Vermögenswerte, Staatsanleihen, Aktien usw.) der USA investiert haben, haben sie ein umfassendes Subventionsprogramm für die USA finanziert. Das war so nur möglich wegen der Funktion des Dollar als Weltleit- und Weltreservewährung.

Der Anteil des Dollar an den globalen Währungsreserven kommt aktuell auf knapp 60%, der Trend weist abwärts. Zur Jahrtausendwende lag der Wert bei über 70%. Der Euro konnte sich um 2010 herum mal auf einen Anteil von nahezu 30% aufschwingen, mittlerweile erreicht er nur noch 20%. Die anderen großen Währungen haben es kumuliert in der Zeit ab 1999 nie wesentlich über 10% gebracht (Chartquelle).

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Wir stehen somit heute an einem Punkt, wo die Bedeutung des Dollar als Reservewährung stetig abnimmt, gleichzeitig steigt die Auslandsverschuldung der USA immer mehr an. Der Anteil der US-Vermögenswerte in ausländischer Hand nimmt immer weiter zu, aber deren Werthaltigkeit ist mit immer größeren Fragezeichen zu versehen. Gewinnt der Abwärtstrend des Anteils des Dollar als globale Leit- und Reservewährung an Dynamik, dürfte das die Spannungen in der Welt weiter anwachsen werden lassen.

Wie kam es eigentlich zur dominanten Stellung des Dollar?

Mitte der 1970er Jahre trat das Petro-Dollar-System an die Stelle des Goldstandards, der bis 1971 (Ende des Währungssystems von Bretton Woods) für die dominante Rolle des Dollar gesorgt hatte. Grundlage war die Vereinbarung mit Saudi-Arabien, dass Öl-Lieferungen ganz generell mit Dollar bezahlt werden mussten. Die Saudis investierten die Dollar, die sie für Öl erhielten, in amerikanische Staatsanleihen und andere US-Vermögenswerte. Da die Goldbindung des Dollar aufgehoben worden war, konnten die USA in weiten Grenzen ihre Öllieferungen mit „beliebig“ gedruckten Dollar bezahlen. Und da Erdöl und Gas von nahezu jedem Land benötigt werden, braucht eben jedes Land für diesen Handel fortwährend Dollar. Im Laufe der Zeit weitete sich die Regel, Energie in Dollar zu bezahlen, auf den gesamten Warenverkehr aus. Heute werden noch rund 80% des weltweit verkauften Erdöls in Dollar abgerechnet.

So entstand die besondere Bedeutung des Dollar als dominierende Währung auf der Welt. Zugleich begründete das die Möglichkeit der USA, die Kosten ihrer militärischen und wirtschaftlichen Dominanz vielen Ländern auf der Welt aufzuhalsen, insbesondere denen, die fortwährend Exportüberschüsse mit den USA erzielen. Im Besonderen entstand dadurch auch das Privileg der USA, in weitem Umfang beliebig Geld zu schöpfen, z.B. für Importe. Die anderen Länder hatten die Konsequenzen zu tragen.

Die aktuelle Situation rund um den Ukraine-Krieg hat dem Dollar zunächst als Krisenwährung Auftrieb gegeben (siehe den Chart oben!). Außerdem locken die USA beispielsweise deutsche Unternehmen mit Subventionsprogrammen an (siehe etwa den Inflation Reduction Act und Programme für die grüne Transformation). Der große Verlierer ist die deutsche Wirtschaft. Bereits vor dem Krieg büßte die deutsche Industrie in Bezug auf Energiekosten, Steuern, Lohnkosten und die im internationalen Vergleich hohen Kosten für den Bürokratieaufwand an Wettbewerbsfähigkeit ein.

Produktivität und Wertschöpfung drohen nun in die USA, aber auch in andere Länder abzuwandern, z.B. auch in die VR China. Die Importe von Flüssiggas (LNG) und von Rüstungsgütern aus den USA nach Europa stärken die wirtschaftlichen Akteure dort. Das alles stützt den Dollar mit all seinen Möglichkeiten für die USA. Die Abhängigkeit nimmt zu, mit der Sprengung der Nord Stream Pipelines gibt es auch kein schnelles Zurück.

Die Sanktionspolitik der USA gegenüber Russland hat die Welt erleben lassen, dass ihre Guthaben in Dollar nicht sicher sind. Allein daraus resultiert schon eine Tendenz, sich vom Dollar unabhängiger zu machen. Die mit der sogenannten Energiewende zunehmende Bedeutung von Rohstoff-Lieferländern stärkt das Selbstbewusstsein der BRICS-Welt. So gerät die dominierende Stellung des Dollar unter Druck.

Kürzlich erst haben Saudi-Arabien und die VR China beschlossen, Öllieferungen nicht mehr nur in Dollar abzurechnen. Man kann es als Randnotiz abtun oder als einen weiteren Dominostein in einer folgenschweren geopolitischen Entwicklung: Pakistan hat Anfang Juni erstmals eine Lieferung russischen Öls in chinesischen Yuan bezahlt (siehe hier!).

Die USA werden ihre Machtstellung und die des Dollars nicht freiwillig aufgeben. Sie haben mit Fokus auf ihre Interessen und die Ölvorkommen nicht gezögert, den Tod von Millionen von Menschenleben im Irak und in anderen Teilen der Welt in Kauf zu nehmen. Warum sollte das in Kontinentaleuropa nun anders sein? Die Neocons haben in den USA weiterhin einen entscheidenden Einfluss auf die Politik. Sie propagieren, die USA müssten eine auf Regeln basierende Ordnung verkünden, aber „mit zweierlei Maß messen" und das Monopol auf Vertragsbruch und Gewalt zum Erreichen „höherer Ziele“ aufrechterhalten.

Hinter dem Krieg in der Ukraine steht als ein übergeordnetes Ziel der Zugriff der USA auf die Rohstoffe und Ressourcen in Russland. Nach 1990 war man in der Ära Jelzin schon einmal nahe dran, doch dann kam Putin. Jetzt sieht man erneut eine Chance, wenn es gelingt Russland zu zermürben. Deren Wert soll mehr als doppelt so hoch sein wie die US-Staatsverschuldung (per Jahresende 2022 31,4 Bill. Dollar). Der Zugriff darauf würde die Hegemonie der USA und die beherrschende Rolle des Dollar auf Jahrzehnte verlängern.

Die politische Hegemonie der USA und die Bedeutung des Dollar als globale Leitwährung sind untrennbar miteinander verknüpft. Insoweit sind Bestrebungen überall in der Welt zu begrüßen, die darauf abzielen, die Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren.

Die europäische und die deutsche Politik steht voll hinter der „Perspektive“ der USA. Aus zwei Weltkriegen auf europäischem Boden haben diese Kräfte nichts gelernt. Dieser Weg führt in die Katastrophe. Man kann nur hoffen, dass eine ausreichend große Menge von kritischen Menschen die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkennt.

[Unter Verwendung von Material aus dieser Quelle]

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