Was haben wir denn da für eine Mann-Schaft in Berlin. Ein Kanzler, der sich nicht erinnert, obwohl er sich schon mal erinnert hat. Und ein Wirtschaftsminister, der sich wohlwollend gesehen als Dilettant erweist. Und nicht nur in Bezug auf Russland hart an der Deindustrialisierung Deutschlands arbeitet.
Cicero schreibt, im Kanzleramt säße ein skrupelloser Machtzyniker. Und fragt: Wie konnte jemand mit so wenig Anstand so weit kommen?
Der Youtuber Rezo veröffentlichte kurz vor der Bundestagswahl 2021 ein Video, in dem er in aller Deutlichkeit auf die Bedeutung des Hamburger Brechmitteleinsatzes von 2001 durch die Polizei eingeht. Scholz drohte damals die Bürgermeisterwahl zu verlieren und versuchte, mit law-and-order Punkte zu machen.
Der Umgang mit dem Brechmittelskandal ist eine Art Blaupause, so Cicero, die sich im Umgang mit sämtlichen seiner Skandale und Fehlentscheidungen wiederfindet, als da sind: Wirecard, G20, Nord Stream 2, HSH Nordbank, Cum-Ex. War es das schon?
Cum-Ex: Erst lautete im November 2019 die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken in Hamburg, es habe keine persönlichen Gespräche zwischen Senatoren und der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Warburg-Bank über das Cum-Ex-Verfahren gegeben. Dann verneinte Scholz im Juli 2020 vor dem Finanzausschuss des Bundestags, dass es außer einem Treffen mit dem Vorstand der Warburg Bank von 2017 weitere Gespräche gegeben hat. Später stellte sich heraus, dass in 2016 zwei Treffen und ein Telephonat stattgefunden haben. An das Gespräch in 2017 mochte sich Scholz vor einigen Wochen vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg auch nicht mehr erinnern.
Solches Verhalten wird durch eine Medienlandschaft begünstigt, die heutzutage mehr das nacherzählt, was ihr von denen aufgetischt wird, die sie zu kontrollieren hat. Scheint so, als würden unsere Oberen dadurch besonders ermuntert.
Wenn das politische Establishment von den Unteren fordert, für den Frieden zu frieren, und die gleichen Leute ein rauschendes Fest geben, wenn Diäten erhöht werden in einer Zeit, in der immer mehr Bürger und kleine Unternehmen in die Ecke gedrängt werden, wenn Steuergelder für unnötige bis halbseidene (Gender-)Projekte verschwendet werden, wenn immer wieder feudale Entgleisungen der Oberen bekannt werden – dann müssten Journalisten, die ihr Handwerk ernst nehmen, dies prominent entlarven. Aber da kommt nur ab und zu mal ein Feigenblatt, wenn es nicht anders geht – mehr nicht.
Wirtschaftsminister Habeck – sein Ministerium lässt sich im Juli Teile der Gasverordnung von Vorständen aus der Branche in die Feder diktieren. Dann kommt raus, dass die Bestimmungen einen warmen Geldregen auch für die Unternehmen vorsehen, die finanziell solide dastehen oder sogar zu den Profiteuren der explodierenden Energiepreise gehören. Welch ein Zufall! Habeck muss zurückrudern, man habe in der Hektik Fehler gemacht.
Dann legt er einen mehr als peinlichen Auftritt bei „Maischberger“ hin, in dem er offenbart, dass er mit dem Insolvenzrecht auf Kriegsfuß steht. Er behauptet, es müsse nicht automatisch eine Insolvenzwelle geben, wohl könne es aber sein, dass sich bestimmte Geschäfte nicht mehr rentieren. Die Geschäfte ganzer Branchen würden dann eventuell eingestellt und vielleicht später wieder aufgenommen. Das sei dann aber keine klassische Insolvenz (siehe hier!).
Viel schlimmer aber, ihm scheint es egal, was mit den kleinen Betrieben geschieht, die unter der Last hoher Energierechnungen zusammenbrechen. Denn das ist ihm immerhin bewusst, dass die Kunden sich mit der Inflation für den täglichen Bedarf immer mehr Discountern zuwenden. Gefallen sei die Entscheidung, dass die Kosten bei den Unternehmen übernommen werden, die im internationalen Wettbewerb stehen und dadurch die Produktion verlieren, weil sie ihre Kosten nicht weitergeben können, so Habeck. Der Bäcker um die Ecke zählt nicht dazu. Vielleicht dann, wenn er Blötchen nach China liefert.
Mit dem TV-Auftritt verfestigt sich der Eindruck, dass diese Bundesregierung entweder keinen Durchblick und keinen Plan hat oder sie hat gerade einen. Einen, der hinscihtlich der Sicht von Habeck auf die kleinen Unternehmen korrespondiert mit dem, was Reset-Schwab in seinem Buch von 2020 schreibt. Dort begrüßt er den durch Corona angestoßenen Strukturumbau der Wirtschaft hin zu großen Firmeneinheiten ausdrücklich.
Der Eindruck der persönlichen Unfähigkeit dieses Ministers verfestigt sich durch seinen grandiosen Plan, zwei von drei AKWs im ersten Quartal des kommenden Jahres noch als Standby-Reserve vorzuhalten. Auch da kann man fragen: Unfähigkeit oder was?
Der Chef von Preussen Elektra schreibt als Betreiber eines der beiden fraglichen AKWs, Isar 2 in Bayern, dass ein solcher Reservebetrieb nicht umsetzbar ist. Das habe man das Ministerium bereits am 25. August wissen lassen. Ein bedarfsweises Anheben oder Drosseln der Leistung sei nicht möglich. Und wenn die Anlage komplett heruntergefahren ist, sei es völlig unklar, was passiert, wenn sich die Stromversorgung sowieso schon in einem kritischen Zustand befindet. Herr Habeck, wissen Sie, ein AKW braucht in der Anlaufphase eine stabile Stromversorgung.
Ich halte die Argumentation von Preussen Elektra für nachvollziehbar – ein AKW ist kein Gas-Kraftwerk, das schnell reagieren kann. Und: Wie problematisch kritische Zustände in der Netzinfrastruktur sein können, hat sich vor Jahren gezeigt, als in Norddeutschand bei Stürmen Leitungen von Überlandtrassen heruntergerissen worden waren. Mehrere Versuche in einem längeren Blackout und der volle Einsatz eines Pumpspeicher-Kraftwerks (Vianden, Luxemburg) mit seinen mehr als 1000 MW waren nötig, um das Netz nach längerer Zeit wieder hochzufahren.
Habecks Ministerium war informiert über die technischen Zusammenhänge hinsichtlich AKW-Standby. Aber das wurde ignoriert, vielleicht aus grünem Wunschdenken heraus. Vielleicht weil man es besser weiß. Vielleicht, weil man glaubte, man habe einen schönen Marketing-Trick für das dumme Volk erfunden. Oder warum?
Nachdem nun unsere Wirtschaft dabei ist, wegen extremer Energiekosten zu implodieren, soll es auch dem China-Geschäft an den Kragen gehen. Ein Schritt nach dem anderen bei der Deindustrialisierung. Wobei man zum ersten Schritt nochmal klar festhalten muss, dass die Ursache für die sich anbahnende Wirtschaftsmisere nicht der Einmarsch Russlands in die Ukraine ist, sondern die Reaktion unserer Oberen darauf. Sie haben Russland per Sanktionen den Wirtschaftskrieg erklärt und sind jetzt überrascht, was passiert. Russland nimmt die Kriegserklärung an und Scholz hat wohl, wie manch anderes auch, vergessen, dass er in der Merkel-GroKo selbst an der Gas-Abhängigkeit von Russland mitgearbeitet hat.
Nun also der zweite Schritt – China: Habeck zeigt sich von den Xinjiang-Papers erschüttert. Es geht um Menschenrechtsverletzungen bei den Uiguren in China. Also kommt die gesamte Wirtschaftsbeziehung zur VR China auf den Prüfstand. So will es auch die feministische Außenpolitik von Frau Baebock, die sich nur noch der Ukraine verpflichtet fühlt. Angesetzt werden soll zunächst an den staatlichen Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen in China. Es geht um mehr als 11 Mrd. Euro. Die sollen zumindest erheblich zusammengestrichen werden. Zudem sind alle deutschen Direktinvestitionen in China zukünftig beim Bundeswirtschaftsministerium anzumelden und zu genehmigen.
Die Liste der Staaten, in denen Investoren mit deutschen Ausfallbürgschaften operieren, ist lang. Und auf dieser stehen eine ganze Reihe von Staaten mit krassesten Menschenrechtsverletzungen. Die Begründung der von Habeck beabsichtigten Sanktionen hinsichtlich China erweist sich da Heuchelei. Scholz schiebt noch nach, die Wirtschaftsbeziehung zur VR China stelle ein „Klumpenrisiko“ dar.
Tatsächlich ist die VR China der mit Abstand wichtigste Handelspartner Deutschlands. 2021 betrug das Handelsvolumen mit dem Land fast 250 Mrd. Euro. Die Importe aus China sind im ersten Halbjahr 2022 um fast 46% angestiegen. Alleine im ersten Halbjahr 2022 haben deutsche Unternehmen zehn Milliarden Euro in China investiert. Die Volkswagen AG verkauft seit Jahren dort mehr Autos als in Deutschland.
Die gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten sind hinsichtlich China um ein Vielfaches höher als bei Russland. Wenn die Konsequenzen der „Entflechtung“ schon bei Russland so hoch sind, wie sieht es dann erst hinsichtlich der VR Chna aus?
Der Hauptgeschäftsführer des VDMA, Thilo Brodtmann, schließt für seine Klientel den Rückzug aus China rundweg aus: „Dafür ist der Markt viel zu groß und zu wichtig.“ Der VDMA vertritt die Interessen der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer, den innovativen Mittelständlern.
Die deutschen transatlantischen Oberen stehen unerschütterlich an der Seite der USA. Welche weiteren deutschen Beteiligungen am amerikanischen Krieg gegen den Herausforderer China wird es geben? Aus Sicht der USA ist die VR China der strategische Hauptfeind. Das Land dürfte längstens bis zur Mitte des Jahrhunderts die USA als größte Wirtschaftsnation überrundet haben. Taiwan wird von den USA gehätschelt, die VR China soll all ihre Kräfte in diesem Konflikt bündeln.
In Berlin wird gemacht, in Washington wird gelacht: Das Handelsvolumen zwischen den USA und der VR China kam 2021 mit fast 660 Mrd. Dollar auf einen neuen historischen Höchststand. Das ist rund das zweieinhalbfache des deutschen Handels mit der VR China.
Ist das alles in Ihrem Sinn?
[Unter Verwendung eines Beitrags in der Wochenzeitung Demokratischer Widerstand, Ausgabe 103 – h/t Krisenfrei]Ergänzung:
Sarah Wagenknecht sagte in ihrer Bundestagsrede so richtig: "Natürlich ist der Krieg in der Ukraine ein Verbrechen. Aber die Vorstellung, dass wir Putin dadurch bestrafen, dass wir Millionen Familien in Deutschland in die Armut stürzen und dass wir unsere Industrie zerstören, während Gazprom Rekordgewinne macht – ja wie bescheuert ist das denn? Preiswerte Energie ist die wichtigste Existenzbedingung unserer Industrie.“ Neben vielen Verlierern dieser Politik gibt es auch einen Gewinner, den es mit den westlichen Sanktionen gegen Russland gar nicht geben dürfte, Gazprom. Und wem gehört das Unternehmen? Russland.
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