Es wird immer „interessanter“. Nachdem unsere Oberen in Berlin merken, dass sich die Bevölkerung nicht alles gefallen lässt, bricht ein Hauen und Stechen unter ihnen los. Keiner will es gewesen sein mit der Gasumlage. Alle sind plötzlich irgendwie dagegen, mal mehr, mal weniger.
Es muss ja wohl allen von denen klar gewesen, dass von der Gasumlage auch Firmen profitieren, die bisher hervorragend an der Entwicklung der Energiepreise verdient haben. Öffentlich kritisiert hat das aber zunächst mal niemand. Erst als sich Widerstand zu regen begann, fing das Gemurmel in Regierungskreisen an.
Jetzt kommt heraus, was sich hinter den Kulissen abgespielt hat. Die Ratingagenturen sollen im Juli plötzlich mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit von Uniper gedroht haben. Sie forderten, an die Eigentümerstruktur und an die Verbraucher heran zu gehen. Am Ende kam die Gasumlage heraus. An den rechtlichen Details der Verordnung schrieben aber nicht nur Beamte aus Wirtschafts- und Finanzministerium sowie Vertreter Unipers, sondern sogar die Bosse zweier großer Energiekonzerne persönlich. Mit dem Ergebnis waren die Ratingagenturen zufrieden.
Nachdem Habeck nun merkt, dass es nicht so läuft, wie er sich das vorgestellt hat, lässt man sich die billigste „Erklärung“ einfallen, die es gibt: Angeblich hatte man, so wird berichtet, in der Hektik übersehen, dass die Umlage von gut laufenden Unternehmen ausgenutzt werden würde. Dabei hätte man längst stutzig werden müssen: RWE hatte schon vor längerem unter Verweis auf die solide Bilanz gesagt, die Umlage nicht in Anspruch nehmen zu wollen!
Da sollte man doch mal folgende Punkte festhalten:
Politik wird offenbar nicht von denen gemacht, die wie und warum auch immer gewählt wurden. Die Leitlinien bestimmen anscheinend z.B. Rating Agenturen. Das sind die, die vor der Finanzkrise 2008 massenhaft wider besseres Wissen Unbedenklichkeits-Bescheinungen ausgestellt hatten und die Krise dadurch erst zu dem gemacht haben, was sie wurde.
Zweitens schreiben die Konzernbosse sich offenbar die Verordnungen gleich selbst, damit sichergestellt ist, dass etwas für sie Günstiges herauskommt. Das erinnert mich an den Dodd-Franck-Act zur Verhinderung einer neuen Bankenkrise in den USA. 2011 wurde das etwa 2000 Seiten lange Gesetz von Vertretern der Finanzindustrie mit verfasst, also denen, die für die Finanzkrise 2008 verantwortlich sind.
Da die Rating-Agenturen US-Institutionen sind, vertreten sie US-Interessen. Offenbar haben bei den dortigen Bündnispartnern gewisse Kreise Interesse an einem beschleunigten Niedergang der deutschen Wirtschaft.
Und wenn irgendwelche hochbezahlten Damen und Herren in Hektik etwas übersehen haben, wie jetzt als Entschuldigung aus Habecks Minsterium verlautet – tut mir leid, dann sind die ihr Geld nicht wert und sollten gehen (hilft auch beim Sparen). Aber wie ja wohl schon deutlich wurde – ich glaube nicht an Hektik oder so. Hier war etwas geplant, was jetzt am Unmut in der Bevölkerung scheiterte. Man darf auf den nächsten Versuch gespannt sein.
Jetzt wird die Diskussion um die Versteuerung von Übergewinnen angeheizt. Sie ist nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver.
Schon beim Tank-Rabatt war klar vorherzusehen, dass der in den sowieso schon prall gefüllten Taschen der Energiekonzerne landen würde. Auch dabei kann mir niemand erzählen, das habe man nicht vorher wissen können (oder in der Hektik übersehen). Den Öl-Multis wurden ihre Übergewinne auf dem Silbertablett serviert, auf Kosten der Verbraucher und Steuerzahler.
Schon beim Tank-Rabatt hätte darüber hinaus eine Preisaufsicht einschreiten müssen. Dazu gibt es ein extra Amt. Von dem war aber nur zu hören: „Wir beobachten das ganz genau“. Dieser Tage kann es wieder beobachten – Ende August endet der Tank-Rabatt. Und auch beim Gas hätte meiner Meinung nach längst eine funktionierende Preisaufsicht einschreiten müssen und können.
Beim Gas kommt noch die perfide Preisfindung an der Spot-Strom-Börse in Leipzig hinzu, sozusagen eine system-immanente Übergewinn-Garantie: Der Tagespreis wird auf das teuerste Angebot festgelegt. Und das sind angesichts der explodierenden Gaspreise diejenigen Stromerzeuger, die dazu Gas benutzen. Und so kommt es, dass der Gaspreis letzten Endes den Strompreis treibt.
Ich komme (wieder mal) nicht umhin: Diese Regierung hat alles andere im Auge, nur nicht die Interessen ihrer Wähler.
Wie sagte Außen-Ministerin Baerbock in einem aktuellen Bild-Interview so schön: „Ich glaube, dass die Menschen in unserem Land sehr genau durchschauen, wer da versucht, politisches Kapital aus dem Krieg und den hohen Energiepreisen zu schlagen.“
Diesem einen Satz dieser Frau möchte ich mich gerne anschließen.
PS: Und noch einmal, was Uniper angeht. Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist – man hätte das Unternehmen geordnet insolvent gehen lassen sollen, um es unter stringenter staatlicher Aufsicht weiter zu betreiben. Einem mehrheitlichen Einstieg Deutschlands bei Uniper sahen aber die finnische Regierung und der Mehrheitseigentümer Fortum kritisch. Man sorgte sich um getätigte Milliardeninvestitionen. Mit dem beschlossenen deutschen Anteil von 30% behält Fortum die Mehrheit (und bestimmt somit).
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