Starke Bewegungen im Währungsbereich verdienen immer eine besondere Aufmerksamkeit. Seit Anfang März verliert der Yen deutlich an Wert, die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen legen deutlich zu. Das zuerst genannte zeigt relative Stärke, der Euro steht seit Mai 2021 gegen Dollar unter anhaltendem Druck.
Ein wichtiger Einflussfaktor für Währungsbewegungen ist das Zinsdifferential. Die Japanische Zentralbank fährt seit 2012 ein Programm zum massiven Kauf von staatlichen Schulden. Sie gibt ein Renditeziel nahe Null aus und handelt entsprechend. Der Hintergrund ist die im Jahr 2012 ausgerufene Politik der „Abenomics”. Dieser Verzweiflungsakt gegen zwei Dekaden Deflation und stagnierendes BIP umfasste geldpolitische Maßnahmen zum Anheizen der Inflation und umfangreiche staatliche Anreizprogramme. Zudem sollten breit angelegte strukturelle Reformen angestoßen werden ( siehe etwa hier und hier!). Übrig blieben im wesentlichen die Aktionen der BoJ, mehr oder weniger alle neue Schulden landen in deren Büchern, die Staatsverschuldung liegt bei weit über 200% des BIP, zeitweilig greift die BoJ auch über Käufe etwa von ETFs direkt in den Aktienmarkt ein.
Seit Januar werden in den USA steigende Leitzinsen erwartet. Nach einem kleinen Zinsschritt im März wird für die am 3. und 4. Mai stattfindende FOMC-Sitzung der Fed eine Steigerung des Leitzinses um 0,5% sicher erwartet. Einige Akteure rechnen sogar mit 0,75%.
Die japanische Währung gilt traditionell als Carry-Trade-Währung. Die Akteure an den Finanzmärkten erwarten weiterhin dauerhaft niedrige Zinsen für Yen-Kredite. Angesichts der zunehmend schärferen geldpolitischen Kommentare aus den Reihen der Fed liegt es nahe, dass Schuldner Zuflucht zu billigen Yen-Krediten suchen. Werden verstärkt Yen-Kredite nachgefragt, schwächt das den Yen dann, wenn die Kredite in andere Währungen (Dollar, Euro) transferiert werden. Umgekehrt würden Auflösungen solcher Carry-Trade-Kredite den Yen stärken, weil dazu Yen gekauft werden muss.
Seit Anfang März sehen wir eine deutliche Schwächung des Yen gegen Dollar und auch gegen Euro. Das zeigen die beiden folgenden Charts im mittleren Bild (gelb für das jeweilige Yen-Währungspaar).
Der jeweils obere Chart zeigt zudem, dass das jeweilige Yen-Währungspaar im Vergleich zum S&P 500, bzw. zum EuroStoxx50 schon seit Januar einen dominierenden Einfluss hat (Abwärtsbewegung der rotbraunen Linie aus dem roten Band heraus – siehe auch die Erklärung in den beiden Charts). Diese Situation hält an, sie ist recht dynamisch. Ein Umkehrpunkt ist gegenwärtig nicht abzusehen, wie auch das folgende Bild der beiden Währungspaare zeigt.
Einen sicheren Beweis für zuletzt stark zunehmende Carry-Trade-Kredite kann ich nicht antreten. Theoretisch wären auch andere Erklärungen denkbar. Aber der Zusammenhang mit anderen Vorgängen in den Finanzmärkten, insbesondere auf der Renditeseite, verleiht dem eine hohe Plausibilität.
Die in der kommenden Woche stattfindende FOMC-Sitzung der Fed dürfte eine große Bedeutung für die weitere Entwicklung an den Finanzmärkten haben. Die Renditen der 2yr- und 10yr-TNotes, sowie die der 30yr-TBonds haben vor einigen Tagen lokale Maxima markiert. Die Rendite der 13wk-TBills steigt noch unverdrossen weiter an und preist einen Zinsschritt von 0,5% ein. Die 2yr-TNotes gelten als guter Indikator für die mittelfristige Zinspolitik, deren Rendite steht aktuell bei gut 2,5%.
Angesichts dieser Konstellation wundert es nicht weiter, dass der S&P zuletzt auf einen sehr wichtigen Pegel bei rund 4160 zurückgefallen ist. Der wurde bisher respektiert, es zeichnet sich eine Gegenbewegung ab. Fällt der Pegel bei 4160, dürfte es zügig weiter abwärts gehen (Chartquelle).
Wenn Carry-Trades für die Yen-Schwäche ursächlich sind, ist das insofern für die kurzfristige Stabilität der Finanzmärkte nicht die schlechteste Nachricht, als dass eben noch Schulden gemacht (oder zumindest revolviert) werden. Die Betonung liegt auf "kurzfristig"…
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