Wann treten Rezessionen auf?

Durch die völlig verfehlte Politik der Zentralbanken, jede Krisenerscheinung mit Geldflut zu bekämpfen, hat das Wirtschaftsystem dieser Welt ein Höchstmaß an Fragilität erreicht.

Wer glaubt noch allen Ernstes, dass die aufgehäuften Schulden von 360% des globalen BIPs jemals zurückgezahlt werden können? Dabei sind in den 360% noch gar nicht z.B. diejenigen Verpflichtungen der Staaten enthalten, die in deren Gesamtrechnung nicht ausgewiesen werden. Nimmt man die hinzu, kommt man wahrscheinlich auf eine Größenordnung von 500%.

Angesichts dieser Sachlage ist es nur zu wahrscheinlich, dass der Funke, der zum Flächenbrand führen könnte, etwas mit dem Schuldenberg zu tun hat. Außerdem wird der Konjunkturzyklus immer mehr überlagert durch Kreditfaktoren, eben auch durch Interventionen der Zentralbanken.

Sehen wir uns die Situation kurz vor früheren Rezessionen an…
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…so findet man folgende Merkmale. Dabei soll der Schwerpunkt auf den drei jüngsten Rezessionen liegen, als sich die Schuldenlast stürmisch entwickelte:

  • Der „High Yield Bond Spread“ und die jährlichen Änderungen im S&P 500 laufen aufeinander zu. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es in Q3/2011 und zum Jahreswechsel 2015/2016 ebenfalls solche Bewegungen gab. Insbesondere die wirtschaftliche Situation um den Jahreswechsel 2015/2016 war in der Tat kritisch
  • Die „Earnings Yield“ beginnt zu sinken (gleichbedeutend mit steigender Bewertung nach KGV)
  • Die „Dividends Yield“ steigt an
  • Ein enger Zusammenhang mit der Inflationsentwicklung scheint nach 1980 nicht zu bestehen

Der „High Yield Bond Spread“ wird gerne und auch zutreffend als „Canary in the Coal Mine“ bezeichnet. Der folgende Chart (h/t Jeroen Blokland) zeigt, dass der S&P 500 und der „High Yield Bond Spread“ seit einigen Monaten divergieren.

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Wertet man die jährlichen Veränderungen der oben dargestellten Zeitreihen plus die der Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen (TNX) aus, so ergibt sich folgendes Bild:

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Die violette Signallinie im unteren Teil-Chart hat drei Zustände: „Oben“ steht für „alles o.k.“, „mittig“ steht für „Achtung, kritisch“, „unten“ steht für „Rezession voraus“. Die Signallinie warnte vor allen Rezessionen nach 1981 zeitig mit einem Ausschlag nach unten. Um den Jahreswechsel 2015/2016 herum wurde ebenfalls vor einer Rezession gewarnt; wie schon gesagt, war die wirtschaftliche Lage seinerzeit tatsächlich kritisch (im Nov 2016 wurde Trump zum US-Präsidenten gewählt). Die Signallinie reagierte mit der Rezession vom März 2020 zwar auch, zeigte aber lediglich „Achtung, kritisch“ an. Seit Jahresbeginn meldet sie „alles o.k.“. Auch ein Hinweis darauf, dass wir es mit einer alles andere als typischen Rezession zu tun haben.

Aus Sicht der hier behandelten Indikatoren bahnt sich auf Sicht von rund sechs Monaten gegenwärtig keine Rezession an.

Gestern wurde für August (vorläufig) das Verbrauchersentiment in den USA gemeldet. Es ist auf ein Niveau gefallen, so tief wie seit Dezember 2011 nicht. Die Makrolage liegt nach den betrachteten Makroindikatoren zwar noch solide im Boom-Quadranten, die analysierten Sentiment-Indikatoren haben sich jedoch deutlich eingetrübt. Sie laufen in aller Regel vor, so dass hier nun etwas Vorsicht angebracht ist. Nachfolgend die Entwicklung über die jüngsten drei Wochen:

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(Zur Erklärung: „Blau“: Makrodaten, „Grün“: Sentimentdaten, „Roter“ Kreis: Mittelwert von beiden, „Beige“: Finanzdaten; Tief („Bust“) des Konjunkturzyklus im dritten Quadranten, Aufschwung im zweiten Qu., „Boom“ im ersten Qu., Abschwung im vierten Qu.)

Der S&P 500 hat die zweite Gewinnwoche in Folge hinter sich. Die Tagesbewegungen werden immer kleiner, was erwarten lässt, dass demnächst ein Volatilitäts-Ausbruch folgt. Noch lassen sich die Bullen durch nichts und niemanden aus der Bahn werfen – auch nicht durch einen Produzentenpreisindex (PPIACO), der im Juli im Jahresvergleich um fast 20% zugelegt hat.

Der Glaube herrscht nach wie vor vor, dass die Inflation nur vorübergehend ist, wie die Fed seit langem säuselt. Auch wenn Inflation insbesondere zu Beginn den Aktien-Bullen sogar in die Hände spielt und auch im späteren Verlauf aus sich selbst heraus nicht übermäßig negativ für Aktienkurse ist – eine zu starke und zu lang anhaltende Inflation ruft die Anleihegläubiger auf den Plan, die höhere Renditen verlangen. Zunehmende Renditen wiederum sind Gift in einer hoch verschuldeten Wirtschaft, womit wir wieder beim Beginn des Artikels wären. Also sollte man weiterhin besonders genau beobachten, was sich an den Kreditmärkten und insbesondere bei der Fed tut.

Mag sein, dass der S&P 500 bis zum „Labour Day“ dahinschleicht, möglicherweise kommt es auch zu einem Fehlausbruch nach oben. Häufig markiert dieses Datum einen Szenenwechsel an den Finanzmärkten. Auf der Unterseite wäre die Untergrenze des aktuellen Aufwärtskanals zu beachten. Hier verläuft auch die EMA50. Bei 4245 verläuft eine statische Unterstützung, dann kommt auch schon die EMA200 bei 4015 in den Fokus.

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