Anfang eines Rohstoff-Superzyklus?

Das Thema Inflation wird uns hier noch eine zeitlang beschäftigen. Die Fed wird nicht müde, den aktuellen Preisauftrieb als transitorisch zu bezeichnen. Womit sie dann auch rechtfertigt, dass sie die Leitzinsen und ihr QE-Programm unverändert lassen kann.

In der kurzfristigen Betrachtungsweise verzerren Basiseffekte die Situation und lassen die Inflationsentwicklung stärker aussehen als sie ist. Der von der Fed besonders beachtete PCE-Preis-Index (ohne Nahrung und Energie) ist im April auf Jahressicht um 3,06% gestiegen. Bereinigt man ihn um Basiseffekte, käme er irgendwo bei 2,4% zu liegen, mithin klar über den Höchstwerten der zurückliegenden zehn Jahre (2,1%). Es bleibt also selbst nach Abzug der Basiseffekte eine ungewöhnliche Preissteigerung übrig.

Üblicherweise kann man drei Phasen bei der Entwicklung einer inflationären Bewegung unterscheiden: Zunächst steigen die Produktionskosten an, hierbei spielen die Preise für Rohstoffe eine entscheidende Rolle. Dann versuchen die Produzenten, die gestiegenen Kosten an die Zwischenhändler weiterzugeben. Im dritten Schritt kommen die Preissteigerungen beim Verbraucher an. Hinzukommende Faktoren hierbei sind die Marktmacht der Anbieter und das Nachfragepotenzial beim Verbraucher. Zweitrundeneffekte entstehen, wenn die Löhne steigen. Übergeordnet wirken Produktivitätsfortschritte disinflationär, zunehmende Konzentration auf der Anbieterseite wirkt inflationär.

Bezogen auf die aktuelle Situation gibt es drei Sonderfaktoren: Die staatlichen Maßnahmen (Anreizprogramme insbesondere in den USA) in Zusammenhang mit „Corona“ wirken im Gegensatz zu den reinen QE-Aktivitäten der Zentralbanken direkt auf die Realwirtschaft – sie schaffen zusätzliche Nachfrage. Gleichzeitig wirken die Nachwehen konzentrationsfördernd, kleine und mittlere Unternehmen kommen durch Lockdown & Co in eine existenzbedrohende Lage. Viele werden nach und nach verschwinden, zu Spottpreisen übernommen von kapitalkräftigen Akteuren. Dies wirkt beides tendenziell inflationär.

Hinzu kommt die sogenannte „grüne Revolution“, also die Umstellung der Wirtschaft auf geringere CO2-Produktion. Sie führt auf Jahre zu größerem Ressourcenverbrauch und damit zu tendenziell weiter steigenden Rohstoffpreisen.

Die folgende Graphik zeigt die Entwicklung der Rohstoff-Superzyklen über die zurückliegenden 225 Jahre. Sie führen zu vier Extremen bei den Rohstoffpreisen, 1812, 1864, 1920 und 1980. Der nächste Peak wird etwa 2040/2045 erwartet.

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Die Abstände zwischen den einzelnen Hochpunkten kommen im Mittel auf rund 55 Jahre. Das wiederum entspricht recht gut den langen Kondratieff-Zyklen. Zudem fallen die Hochpunkte der Rohstoffpreise recht gut mit den jeweiligen Scheitelpunkten der Kondratieff-Zyklen, den Übergängen vom jeweiligen „Sommer“ zum „Herbst“, zusammen. Die Hochpunkte der Rohstoffpreise korrespondieren wiederum recht gut mit Maxima bei der Entwicklung der Verbraucherpreis-Inflation. So gab es 1980 z.B. eine Steigerung des CPI um 15%. (Quelle: ArgentumInvest)

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Das würde auch implizieren, dass wir uns am Beginn eines neuen Kondratieff-Zyklus befinden. Solche Zyklen sind von zentralen Basis-Innovationen getragen, die das Zeug haben, die Art zu wirtschaften für lange Zeit zu prägen. Fragen Sie mich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal, was das sein könnte. Es hat sicher mit dem Energiethema zu tun – ist es die Elektromobilität oder ist es der Übergang zur Wasserstoff-Technologie oder ist es die Brennstoffzelle?

Ein weiteres Argument, warum wir aktuell in einem frühen Stadium eines neuen Rohstoff-Superzyklus sein dürften, liefert der Vergleich der Rohstoffpreise (hier anhand des GSCI Commodities Index) mit dem Dow Jones Aktien-Index. In dieser Relation notieren Rohstoffe so tief wie seit hundert Jahren nicht.

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Man könnte das auch anders sagen: Der Dow-Index notiert so hoch wie noch nie, im Vergleich dazu müssen Rohstoffe zwangsläufig blass aussehen. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Der historische Mittelwert des Verhältnisses zwischen den beiden Preisen, Rohstoffe und Aktien, liegt in etwa bei 0,5. Aktuell kommt das Verhältnis auf unter 0,1. Selbst dann ist also noch ordentlich Potential für die Aufwärts-Entwicklung der Rohstoffpreise. Wobei unterstellt sei, dass die Aktienkurse ihren übergeordneten langen historischen Aufwärtstrend beibehalten.

Ein weiteres Argument für nachhaltige Inflation: Es gibt nur zwei Wege, wie die globale Wirtschaft der Schuldenfalle entkommen kann – durch Pleiten oder durch Inflation. 2008 hat man erlebt, wie schmerzhaft der erste Weg ist. Die Zentralbanken werden diesen Weg nicht noch einmal gehen wollen. Nachdem sie im Nachgang der Finanzkrise alles getan haben, um die Inflation im Finanzsektor anzukurbeln mit der die Nachwirkungen von Pleiten abgefedert wurden, werden sie jetzt alles tun, um auf den zweiten Weg zu kommen. Nämlich die Schulden durch Inflation zu zerstören. Das ist es auch, warum Fed-Powell den Anlegern vor einiger Zeit Rohstoffe ans Herz gelegt hat.

Es gibt durchaus Argumente, die für eine letztlich deflationäre Entwicklung sprechen. Denen werde ich mich in weiteren Beiträgen.

[Die Charts sind dem Beitrag „Supercycle or not?“ entnommen]

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