Die US-Inflationsdaten für Juli waren nicht „gut“ genug – der S&P 500 und der NDX verzeichnen die zweite Verlustwoche in Folge. Der S&P 500 verliert auf Wochensicht 0,3%, der Dow steigt um 0,7%, der NDX sinkt um weitere 1,6%, der breitere Nasdaq –1,9%. Der DAX fällt um weitere 0,8%.
Euro/Dollar sinkt im Wochenvergleich um 0,6%; Dollar und Euro gegen Yen steigen weiter (+2,3%, bzw. +1,7%). Die Ölpreise (Brent, bzw. WTI) steigen um weitere 0,7%, bzw. 0,6%. Der CRB-Rohstoffindex kaum verändert. Gold (in Dollar) fällt um weitere 1,5%, Silber (in Dollar) sinkt um weitere 3,9%.
Die US-Renditen fester: Die der 10yr-TNotes, dem wichtigsten Preis weltweit, steigt um weitere 2,7% auf 4,154%, das jüngste Maximum stammt mit 4,25% vom 23.10.22. Die Rendite der 2yr-TNotes steigt um 2,3% auf 4,893%, die der 13wk-TBills legt um 0,4% auf 5,427% zu. Die Zinsstruktur zeigt am kurzen Ende eine mit –1,27% weiter abnehmende, aber immer noch hohe Inversivität. Am langen Ende nimmt der Spread im leicht positiven Bereich nicht weiter zu. Über alle Laufzeiten hinweg ist der Spread mit –1,17% weiter abnehmend negativ.
Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken nimmt auf Wochensicht 2% ab. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index, sinkt um weitere 0,7%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, verliert weitere 5,0%.
Das „Puzzle“ der Einzeldaten zusammengefügt: NDX und Nasdaq zeigen erneut relative Schwäche, Akteure nehmen v.a. bei weit gelaufenen Aktien Gewinne mit, so etwa bei MegaTechs. Die Zinsstruktur wird weniger invers. Nach der Differenz zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff. Fed Funds Rate zu urteilen, halten die „Märkte“ den Leitzins für zu hoch.
Die Rendite von Ramsch-Anleihen sinkt in den zurückliegenden Tagen synchron mit dem S&P 500. Sie gilt als „Kanarienvogel in der Kohlemine“, eine steigende Rendite zeigt abnehmende Risikobereitschaft an. Daher ist eine gegenläufige Entwicklung üblich. Ein Hinweis auf eine unangemessene Sorglosigkeit oder auf eine Rückkehr der Bullen? Ich komme darauf zurück.
Die US-Inflationsdaten für Juli brachten keine neuen Impulse. Die weiterhin hohe Kern-Inflation trübte die Stimmung ein wenig, zudem kamen die Erzeugerpreise etwas stärker herein als erwartet. Auch wurde das Kreditrating einiger kleiner und mittlerer Banken abgestuft. Und die US-Regierung setzt Maßnahmen inkraft, um den Export von modernster Chip-Technologie nach China zu regulieren. Ja, und in Deutschland wird das Füllhorn des deutschen Steuerzahlers diesmal über dem taiwanesischen Chip-Giganten TSMC ausgekippt, der (deshalb?) in Dresden eine Produktionsstätte errichten will. Ein notleidendes Unternehmen namens Intel war schon zuvor in den Genuß gekommen, deswegen soll in der Nähe von Magdeburg ein Werk entstehen.
In der VR China sind die Verbraucherpreise im Juli zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren gesunken. Der Verbraucherpreisindex fiel im Jahresvergleich um 0,3%, der Erzeugerpreisindex sank um 4,4%. Ein herausfordendes Umfeld für die politischen Entscheidungsträger im Bemühen, den Konsum anzukurbeln. Hinzu kommt, dass die Verschuldung lokaler Regierungen dort offenbar aus dem Ruder gelaufen ist. Angesichts der schwächelnden Wirtschaft finden nun in mindestens zehn Provinzen Buchprüfungen statt. Die Schulden der lokalen Regierungen werden auf rund 13 Bill. Dollar geschätzt.
Chinas Exporte und Importe sind im Juli stärker zurückgegangen als erwartet. Die anhaltende Handelsflaute in Verbindung mit einer seit vier Monaten in Folge schrumpfenden Produktionstätigkeit verstärkt die Besorgnis hinsichtlich der wirtschaftlichen Wachstumsaussichten des Landes. Der Immobiliensektor ist angeschlagen, die Inlandsnachfrage ist nach Ende der „Pandemie“ schwach. Alles trägt zu der Hoffnung auf umfangreiche finanzielle Anreize bei.
Ich denke, die Erwartungen der großen Akteure an den Finanzmärkten laufen weiterhin darauf hinaus, dass die Leitzinsen zunächst nicht weiter steigen werden. Trotzdem dürfte in der nächsten Zeit das Thema Inflation bedeutend bleiben. Damit zusammenhängend spielen die Preise für Rohstoffe und Energie eine wichtige Rolle, namentlich die Preise für Kupfer und Öl.
Mitte Mai kam es beim Kupfer-Preis zu einem „Death Cross“, als die EMA50 die EMA200 von oben nach unten durchschnitten hat. Der Abwärtskanal aus der Jahreswende ist intakt, der Preis bewegt sich nahe des wichtigen Pegels von 580 (S&P GSCI Copper Index – Chartquelle).
Es ist, wie es immer ist – wenn der Preis eines solch wichtigen Rohstoffs sinkt, gilt das zunächst als gute Nachricht, insbesondere dann, wenn die Inflation hoch ist. Sinkt er immer weiter, greift allmählich die Sorge um sich, dass vielleicht mit der Nachfrage und damit mit dem wirtschaftlichen Wachstum etwas nicht stimmt. In diesem Sinne dürfte es jetzt am aktuellen Punkt spannend werden, etwa 50% des Anstiegs seit Mitte Juli 2022 sind korrigiert, auch wichtige Retracements früherer Impulse liegen hier.
Der Preis für Kupfer hat auf die Verbraucherseite einen eher mittelbaren und verzögerten Einfluss, bei den Preisen für Energie ist der Zusammenhang direkter. Häufig wird in diesem Zusammenhang bildlich von einer Konsumsteuer gesprochen. Der Preis für Rohöl der Sorte WTI ist Mitte Juli über den bedeutenden Pegel bei 77 ausgebrochen und hat dabei zugleich auch den Abwärtskanal aus September 2022 verlassen. Hält die Dynamik bei der EMA50 an, würde in Kürze zusammen mit der EMA200 ein „Golden Cross“ gebildet, ein bullisches Zeichen für die Preisentwicklung (Chartquelle).
Insgesamt dürfte die Entwicklung beim Ölpreis hinsichtlich Inflation jetzt genau beobachtet werden und das kurzfristige Sentiment bei Aktien prägen.
Und da wir nun schon wieder (oder immer noch oder immer wieder) bei der Inflation sind – wie sieht es mit Gold aus? Das Edelmetall (oder auch Silber als sein „Hebel-Derivat“) wird ja als Inflations-Hedge angesehen. Das mag auch sein, es hatte etwa zeitgleich zur US-Inflationsentwicklung im Frühjahr Hochs ausgebildet. Jetzt steht der Preis 150 Dollar oder gut 7% tiefer. Auch das steht zumindest richtungsmäßig im Einklang mit der Verbraucherpreisentwicklung.
Aber das Edelmetall erzeugt keine laufenden Erträge und so sinkt in der Regel sein Preis mit steigenden Renditen, mit denen die Fed die Inflation zu bekämpfen vorgibt. Wenn Sie Ihr Geld derzeit in Gold angelegt haben, entgeht Ihnen eine Rendite von 5,4% auf 3-Monats-T-Bills. Das macht den Besitz von Gold in Bezug auf die „Opportunitätskosten" ziemlich teuer. Andererseits gilt Gold auch als Krisenversicherung, was diese Rechnung überlagern kann.
Gleichzeitig sind hohe kurzfristige Zinssätze ebenfalls Gift für den Aktienmarkt, insbesondere wenn die Fed die Zinssätze über die Rendite der 2yr-TNotes anhebt, wie es aktuell der Fall ist. Wenn dann Fed-Offzielle auch noch ihre Absichten äußern, eine Weile so weiterzumachen, dann stützt die Rendite-Entwicklung (cet. par.) weder Aktien noch Gold.
Tom McClellan zeigt das Verhältnis zwischen DJIA und Gold über mehrere Jahrzehnte hinweg. Zum Vergleich wird das Verbrauchersentiment dargestellt. Diese Stimmungsumfrage hat im Jahr 2022 einen historischen Tiefstand erreicht, als die Verbraucher bei hoher Inflation stark verunsichert waren. Die Umfragedaten beginnen sich zu erholen, aber das DJIA/Gold-Verhältnis hat sich bis jetzt nicht viel bewegt.
Niedrige Umfragewerte (insbesondere in der Gegend um oder unter 65) gehen ziemlich zuverlässig mit Tiefständen des DJIA/Gold-Ratios einher – das sind die Zeitpunkte, wo man am liebsten aus Gold aussteigen und in Aktien investieren würde, schreibt McClellan. Umgekehrt gilt auch, dass man an Hochpunkten des DJIA/Gold-Ratios sinnvollerweise aus Aktien aussteigt und auf (relativ) billiges Gold setzt, insbesondere dann, wenn sie mit Stimmungs-Hochs (noch dazu in der Gegend von 100) zusammenfallen.
Wäre man diesem „System“ gefolgt, wäre man 1980 in Aktien eingestiegen und hätte 1999/2000 verkauft. Dann wäre man 2009 erneut in den Dow gegangen und hätte sich in 2018 wieder verabschiedet.
Das jüngste Stimmungsextrem vom Juni 2022 lag bei 50, das Verhältnis von DJIA/Gold lag gleichzeitig irgendwo mittendrin über dem Tief zu Beginn von „Corona“. Wenn man den Stimmungsindex als Signal und das Verhältnis als Bestätigung nimmt, ist die Situation nicht besonders eindeutig. Das liegt auch daran, dass sich Gold aufgrund der geopolitischen Unsicherheiten relativ gut gehalten hat.
Es gibt zahlreiche solche Indikatoren, die auf Verhältnissen basieren. Sie sind so konstruiert, dass sich die zugrundeliegenden Zeitreihen normalerweise gegenläufig entwickeln. Bewegen sie sich jedoch in die gleiche Richtung, ist deren Signalqualität gering.
Stellt man den US-Produktionsindex und den um zwei Monate vorgeschobenen ISM-Index gegenüber, so scheint die US-Wirtschaft aktuell in einer „Zwischen-Rezession“ zu stecken wie zuletzt im Herbst 2018 und davor um den Jahresbeginn 2016 herum. In der Mehrzahl solcher „Tempoverluste“ kam es anschließend zu einer teils deutlichen wirtschaftlichen Wiederbelebung (Chartquelle).
Es hängt am ISM-Index – der Produktionsindex hat ein lokales Minimum hinter sich, beim ISM-Index ist das noch Hoffnung. Die ist zwar nicht ganz unbegründet, wie ich zuletzt hier dargestellt habe. Die Frage ist aber, wie weit der zarte Ansatz trägt. 2019 gab es auch eine Erholung, die abbrach – damals in Zusammenhang mit „Corona“.
Der folgende Chart stellt dar, wie sich der Dow im Rahmen des vierjährigen Präsidenzschaftszyklus entwickeln würde, jedenfalls nach Meinung von Ned Davis Research. Demnach wäre von jetzt an bis weit in den Herbst hinein mit einer Abwärtsbewegung zu rechnen.
Der S&P 500 hat die Woche bei 4464,05 beschlossen. Er hat intraday genau eine aus März herrührende Trendlinie erreicht, sowie den bedeutenden Pegel bei 4455 unterschritten. Zudem notiert er knapp über seiner nur noch leicht steigenden EMA50 (4428). Damit ist jetzt ein sehr wichtiger Punkt erreicht (Chartquelle).
Die Volumenverteilung läuft mittlerweile etwas stabiler in Distibution, die Marktbreite nach TRIN meldet einen frischen bärischen Status. Das Put-Call-Verhältnis entwickelt sich zunehmend bärisch und der TQUAL-Indikator zeigt nun ein ziemlich deutliches bärisches Rollover. Damit kommen sowohl von der Volumenentwicklung, wie von einem Sentimentaspekt, wie auch von der Markttechnik her Hinweise auf künftig schwächere Aktienkurse.
Auch die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis stehen auf Kontraktion und zeigen zudem zum ersten Mal seit der zweiten Mai-Hälfte „Flow out“, als der S&P 500 volatil seitwärts lief. Damals, im Mai, war die Indikatorlage noch per Saldo zunehmend positiv, aktuell ist sie leicht zunehmend negativ.
Damit ergibt sich ein ungünstigerer Analyse-Hintergrund für die Kursentwicklung des S&P 500 als zwischen Mitte April und Ende Mai. Damals konsolidierte der Index vor der folgenden Aufwärtsphase, aktuell erscheint mir die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die eingeschlagene Abwärtsbewegung übergeordnet weiter geht.
Dabei ist das erste Ziel die EMA50 (aktuell 4428), darunter liegt bei 4414 das 38er Retracements des Aufwärtsimpulses aus Ende Mai. Die nächste Etappe auf der Unterseite wäre das 62er Retracement bei knapp 4300, hier verläuft auch ein wichtiger Pegel (Hoch aus Mitte August 2022). Das Abwärts-Szenario ist Makulatur, wenn die Abwärtslinie aus Ende Juli (rot) aufgehebelt wird.
Der Chart der zusammengefassten Marktindikatoren wird täglich auf der Chartseite aktualisiert, ebenso der Chart der fraktalen Oszillatoren.
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