US-Aktien haben die zurückliegende Woche mit leichten Verlusten beendet. Der S&P 500 hatte am Mittwoch noch ein Allzeithoch produziert, nachdem die Fed einerseits ihre Wachstumsprojektion nach oben korrigiert hatte, andererseits aber „auf Gedeih und Verderb“ die Leitzinsen niedrig halten will. Die US-Wirtschaft soll nun so schnell wachsen wie in fast 40 Jahren nicht. Aber der Fuss bleibt weiter auf dem geldpolitischen Gas-Pedal.
In den zurückliegenden 12 Jahren hat die Fed mehr als 36 Bill. Dollar in die Wirtschaft gepumpt. Was hat es gebracht? Der folgende Chart vergleicht die kumulativen geldpolitischen Aktionen der Fed mit der kumulativen Entwicklung des realen BIPs. Mehr als 12 Dollar an Liquidität kommen auf ein Dollar Wirtschaftswachstum. Ein miserables Investment… (Chartquelle)
Die Inflationserwartung anhand der 5yr Breakeven Rate kommt jetzt auf 2,5%. Dieser Pegel wurde zuletzt vor Ausbruch der Finanzkrise erreicht, als die Hauspreise von Hoch zu Hoch liefen und der Ölpreis zum Sprung auf über 150 Dollar ansetzte. Die Fed glaubt aber, die Inflationsrate bleibe noch lange unter zwei Prozent.
Die Rendite der 10yr-TNotes (TNX) macht sich aktuell daran, eine seit Mitte der 1980er bestehende Abwärtslinie aufzuhebeln. Das passierte zuletzt 2018, als die Fed versuchte, ihre Geldpolitik zu normalisieren und ihre Bilanz zu verkürzen. Anfang 2018 lag der Leitzins in den USA bei 1,375% und stieg bis Ende September 2018 auf 2,125%. Daraufhin begann der S&P 500 abzustürzen, er verlor bis Ende Dezember fast 25%. Im Oktober toppte der TNX bei 3,2% und kannte danach bis zum zweiten Quartal 2020 (fast) nur eine Richtung – abwärts bis 0,5%.
Der aktuelle Ausbruch des TNX über seine lange Abwärtslinie findet statt bei Null-Zinsen, einer Bilanzsumme der Fed von rund 7,5 Bill. Dollar und einem noch zwei Jahre laufenden QE-Programm mit 120 Mrd. Dollar pro Monat. Nicht zu vergessen, die drastisch gestiegene und munter weitergehende Staatsverschuldung. Ökonomen der Fed haben im November 2019 analysiert, dass eine Monetarisierung von Schulden in Ländern mit untragbar hoher Verschuldung zu extremen Inflationsraten führt und oft in wirtschaftlichem Ruin endet. Dann…
Aktien profitieren in der Anfangsphase einer inflationären Entwicklung, weil sie auch als Sachwerte gesehen werden, die vor Geldentwertung schützen sollen. Wenn allerdings die Renditen deutlich und nachhaltig anziehen, platzt die Inflationsillusion. Der jüngste große Inflationsausbruch geht zurück auf die 1970er Jahre – nach einem steilen Anstieg verlor der S&P 500 innerhalb von nicht einmal drei Jahren die Hälfte seines Wertes.
Inflation gilt unter globalen Fonds-Managern jetzt als größtes Risiko, gefolgt von der Sorge um einen Ausbruch im Bond-Markt. Die Angst vor einer Blasenbildung an Wall Street ist verglichen zum Vormonat deutlich zurückgegangen. Das hat die jüngste Umfrage der Bank of America ergeben. „Covid-19“ liegt nach zwölf Monaten in Folge nicht mehr auf dem Spitzenplatz. Übrigens: Nach der BofA-Umfrage im Dezember 2019 glaubten 68% der Fondmanager nicht an eine Rezession in 2020 (nach 35% im November 2019) Als „Contrarian müsste man jetzt mit dem Schlimmsten rechnen… (h/t und Chart Jeroen Blokland
SPACs (special purpose acquisition companies) haben seit Jahresbeginn mit 79,4 Mrd. Dollar mehr Mittel akquiriert als im Gesamtjahr 2020. In 2021 sind 264 neue SPACs entstanden. Solche Mantel-Konstruktionen sammeln zunächst Kapital über einen Börsengang ein, was dann in die Übernahme eines (vorher nicht festgelegten) Unternehmens investiert wird – IPOs der besonderen Art.
Durch die Coronakrise sieht sich fast jedes fünfte Unternehmen in Deutschland bedroht. Das geht aus der neuesten Konjunkturumfrage des ifo Instituts hervor. Demnach waren es im Februar 18,7%, nach 17,6% im November 2020 und 21,8% im Mai 2020. Der Bau wird mit 3,6% als am wenigsten bedroht angesehen.
Die beiden letzten Absätze werfen ein Schlaglicht darauf, wie hoch entwickelt die Risikobereitschaft im Überfluss an monetären Mitteln und wie sehr die konjunkturelle Entwicklung bedroht ist. Beides sind Warnzeichen.
Der folgende Chart zeigt den Zusammenhang zwischen der jährlichen Entwicklung des S&P 500, dem jährlichen BIP-Wachstum, sowie der Entwicklung der Differenz zwischen der 10yr-Rendite (TNX) und dem jährlichen BIP-Wachstum. In aller Regel steigen Aktienkurse oder halten sich im positiven Bereich, wenn diese Differenz negativ ist. Das ist plausibel – wenn die Wachstumsrate höher ist als die Rendite, liegt ein expansives Umfeld vor.
In den zurückliegenden sieben bis zehn Jahren lag die Differenz zwischen der 10yr-Rendite (TNX) und dem jährlichen BIP-Wachstum durchgehend im negativen Bereich und die jährliche Veränderung der Referenzrendite gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ihre Ausschläge werden größer und es gab zeitweilig einen auffälligen Gleichlauf zwischen der jährlichen Veränderung der 10yr-Rendite (TNX) und der Entwicklung des S&P 500.
Seit Herbst 2018 und insbesondere seit Oktober 2019 funktioniert keiner der beschriebenen Zusammenhänge mehr. Eines scheint klar: Angesichts der gewaltig angewachsenen Verschuldung insbesondere auch der Unternehmen dürften schon relativ geringe Renditesteigerungen verheerende Auswirkungen haben. Die anlaufende Inflation mag die Lage hier zeitweilig etwas entspannen, weil Unternehmen gestiegene Kosten teilweise auf die Konsumenten überwälzen können. Aber die Gefahr ist groß, dass das Geschehen außer Kontrolle gerät und an den Finanzmärkten das geschieht, was eigentlich Aufgabe der Fed ist ist – die Zinsen anzuheben.
Der S&P 500 bewegt sich in einem kurzfristigen Aufwärtskanal aus Oktober 2020. Kleinere Einbrüche werden immer wieder schnell gekauft. Der Bull-Run scheint intakt zu sein (Chartquelle).
Einige technische Merkmale sind davon nicht ganz so überzeugt, die Volumenverteilung ist nach wie vor in Distribution, die Advance-Decline-Linie zeigt bullischen Tempoverlust, die Marktbreite nach TRIN-Index ist bärisch orientiert. Die Auswertung von RSI, Stochastik und MACD zeigt hingegen eher eine überverkaufte Situation. Der VIX verläuft aktuell an einem wichtigen statischen Pegel (~21). Darunter tut sich eine im Februar 2020 gerissene große Kurslücke auf.
Der Bull-Run wird alt, das technische Bild ist fragil, die Renditeentwicklung steht im Fokus. Die Aktien-Kursentwicklung dürfte zunächst weiterhin volatil verlaufen, bis die technischen Divergenzen abgebaut sind und die Kellertüre geöffnet werden kann.
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