Ausblick 2016 – Dollar, Rohstoffe, Euro

Seit Mitte 2014 zeigt der Dollar-Index ausgeprägte Stärke. Sie hatte sich Mitte 2008 bereits zart angekündigt, als er bei 72 einen Boden fand. Zunächst hatte die Entwicklung jedoch eher volatilen Seitwärtscharakter. Der Aufwärtsimpuls aus Mitte 2014 startete bei knapp 80 und führte in der Spitze im März 2015 bis gut 100. Dieses Niveau wurde im November 2015 nochmals erreicht. Gut möglich, dass dieses Doppel-Topp für einige Zeit ein charttechnischer Widerstand bleibt (Chartquelle).

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Ist es die eigene Stärke der US-Währung oder die relative Schwäche anderer den Korb Dollar-Index bildenden Währungen? Wenn die Weltleitwährung Dollar so stark ist, weist das auf einen signifikanten Fluss von Geldmitteln in die USA hin. Schätzungen laufen darauf hinaus, dass in der Spitze bis zu neun Billionen Dollar im Ausland unterwegs waren. Dies bedeutet gleichzeitig, dass Liquidität dort abgezogen wird, die ersetzt werden muss, u.a. damit die Assetpreise im Ausland, insbesondere in den Emerging Markets nicht zusammenbrechen.

Der Euro springt als Carry-Trade-Währung zum Teil in diese Bresche. Die EZB tut alles, um den Euro zu schwächen und sorgt mit ihrem QE-Programm für Liquidität. Dieses Programm ist in seinen monatlichen Raten mit dem letzten QE-Programm der Fed vergleichbar, liegt sogar darüber. Aber auch die Entwicklung bei Euro/Dollar scheint ins Stocken zu geraten, und zwar auf Tagesbasis recht genau an einer aus 1985 kommenden Aufwärtslinie. Im Wochenchart (Chartquelle) sind zwei Tiefs aus März und November 2015 festzustellen, mehr oder weniger spiegelbildlich zum Verlauf im Dollar-Index.

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In einem mittelfristigen Szenario dürfte im Dollar-Index der Widerstand bei 100 zunächst halten und der Aufwärtsimpuls aus Mitte 2014 korrigiert werden (bis zum 50er bis 61,8er Retracement), bevor es zu einer neuen Attacke auf die „100“ kommt.

Rohstoffe notieren in Dollar. Ein steigender Dollar verteuert sie in anderen Währungen, letztlich sinken die Rohstoffpreise mit steigendem Außenwert des Dollar. Im folgenden Chart wird die hohe Synchronität zwischen Euro/Dollar und dem CRB-Index für industrielle Rohstoffe gezeigt. Sie existiert in dieser Form etwa seit der Jahrtausendwende, seit 2010 ist sie nahezu „perfekt“ (Bestimmtheitsmaß 0,76): Die Rohstoffpreise sinken mit sinkenden Euro/Dollar (steigendem Dollar).

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Wenn dieser Zusammenhang weiter fortbesteht, dürften sich die Rohstoffpreise, der CRB-Index (Exc Ret), mit dem mittelfristigen Topp im Dollar-Index allmählich auf dem aktuellen Niveau stabilisieren. Dieses liegt mit gut 168 klar unter den Tiefs bei rund 182 aus 1999, bzw. aus Oktober 2001 und auch unter dem Tief bei 175 aus 1975. Möglicherweise lockert sich der Zusammenhang etwas und lässt die Rohstoffpreise längere Zeit in einer volatilen Seitwärtsphase zubringen, die an der Oberseite vielleicht bis 220 im CRB-Index reicht (Chartquelle).

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Das Geschehen an der Währungsfront muss möglicherweise unter langfristigen Gesichtspunkten aus folgender Perspektive gesehen werden (h/t Dr. Martin Hüfner, assenagon). Das Volumen des Welthandels hatte etwa um 2000 sein höchstes jährliches Wachstum. Seitdem zeigt der Trend (einfaches gleitendes Mittel über sieben Jahre) abwärts (Datenquelle).

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In den 1980er Jahren lag das jährliche Wachstum des Welthandels im Mittel bei knapp 4,5%, in den 1990er Jahren kam es auf gut 6,6%, seit 2000 liegt es bei 5,1% (mit einem Einbruch um -10,3% in 2009 und einer Gegenbewegung von +12,5% in 2010). Betrachtet man nur die Jahre ab 2011, so kommt es auf 3,9%.

Die (Rück-)Flüsse in die US-Währung und damit die Dollar-Stärke dürften auch damit zu tun haben, dass der Welthandel weniger stark wächst. Salopp gesagt, wenn der Welthandel weniger stark wächst, wird auch weniger an Welt-Leitwährung gebraucht, um diesen Handel abzuwickeln.

Wenn das aber so ist, erst recht, wenn sich der Trend der Deglobalisierung weiter verstärkt, dann kommen ganz andere Zeiten auf uns zu. Mit dem Ende des Systems von Bretton Woods und der Freigabe der Bindung der Währungen aneinander und (in Grenzen) an Gold begann im Jahre 1971 die „moderne“ Globalisierungswelle. Sie führte zu ausufernder globaler Arbeitsteilung, Fertigungsstätten wurden aus den industrialisierten Ländern verlagert vor allem nach Asien. Dies sorgte dort für einen starken wirtschaftlichen Aufschwung und verteuerte im Laufe der Zeit die dortigen Lohnkosten so weit, dass die Währungen der Fertigungsländer immer mehr nach unten manipuliert wurden, um weiter konkurrenzfähig zu bleiben.

Der chinesische Yuan hat seit dem Topp Anfang 2014 gegen Dollar bis jetzt fast 9% verloren. Dies wird indirekt auch als Schwächezeichen der dortigen Wirtschaft gewertet. Und diese wird wiederum assoziiert mit einem insgesamt verhaltenen Wachstum der Weltwirtschaft, wie sich das u.a. auch aus dem Verlauf des Welt-BIP (siehe vorheriger Chart!) ablesen lässt. Hier gab es in den Jahren 2004 bis 2007 ein Wachstums-Topp, als Werte zwischen 4,9% und 5,7% erreicht wurden (Anm.: Korrektur gegenüber der ersten Fassung, KS). In 2015 sind nur noch 3,1% erreicht worden (2010 gab es nach einem Nullwachstum in 2009 eine Reflexerholung von +5,4%).

Wenn die Deglobalisierung tatsächlich weiter voranschreitet, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Dollar-Stärke übergeordnet weitergeht und der zunächst einmal signifikante Widerstand bei 100 im Dollar-Index schließlich doch nach oben aufgehebelt wird. Das würde für Euro/Dollar bedeuten, dass der seit den 1980er Jahren bestehende Aufwärtskanal eben auch irgendwann Geschichte ist. Dann würde das nächste große Ziel des Währungspaares jenseits der Parität bei 0,85 liegen. Allerdings ist dabei kurz- und mittelfristig der Carry-Trade-Effekt im Euro zu berücksichtigen. Sollte es nämlich z.B. krisenbedingt zu umfangreichen Auflösungen solcher Kredite kommen, stärkt das den Euro und wirkt dem Einfluss zunehmender Dollar-Stärke entgegen. Dann erstarken Dollar und Euro um die Wette mit dem Ergebnis einer zeitweiligen volatilen Seitwärtsbewegung bei Euro/Dollar.

Für Rohstoffe dürfte mit übergeordneter Stärke im Dollar die Botschaft sein, dass sie nach einer volatilen Seitwärtsphase wieder den Rückzug antreten und neue Tiefs ausbilden. Diese Annahme sehe ich zunächst im Zusammenhang starker Dollar – schwache Rohstoffpreise begründet. Wenn zum anderen die Wachstumsschwäche der globalen Wirtschaft weiter anhält, bedeutet das sinkende Nachfrage nach Rohstoffen und damit tendenziell Druck auf deren Preise. Die weltweite Wachstumsschwäche scheint sich auch in nachlassender Stärke des Welthandels zu offenbaren, wie im obigen Chart gezeigt, zudem gibt es Gründe, die u.a. hier und hier und hier thematisiert wurden.

Kommen wir zum Schluss von den langfristigen Perspektiven auf den kurz- bis mittelfristigen Zeitbereich zurück:

Möglicherweise stehen wir aktuell am Rande der ersten, durch einen Ölpreisfall ausgelösten deflationären Krise. Krisen zuvor wurden entweder durch inflationäre Effekte, sei es bei Rohstoffen (Öl) oder Assetpreisen (z.B. Anleihen) oder durch Pleiten bedeutender Player an den Finanzmärkten ausgelöst. George Soros warnt in diesem Zusammenhang aktuell vor dem Ausbruch einer Krise, die den Umfang der von 2008 annehmen könnte.

Bob Janjuah, Nomura Securities, bezieht folgenden Standpunkt: „Ich fühle mich immer sicherer, dass die Implosionen Schulden-getriebene Assetpreis-Blasen (wie die von 2008) nicht mit noch mehr Schulden und einer weiteren Runde von durch die Zentralbanken angetriebenen Asset-Blasen gelöst werden können. Die Politik seit 2008 hat zu einem hohen Maß an Instabilität in der Weltwirtschaft und in den Märkten geführt. Greenspan ist dem Platzen der Schulden-getriebenen dot.com-Blase mit einer weiteren Runde an Blasen (hauptsächlich im Hausbereich und im Finanzsektor) entgegen getreten. Wir wissen alle, wie es endete.“ Er sieht in den USA eine Rezession bei Unternehmensgewinnen und im Arbeitsmarkt aufziehen. Der S&P 500 dürfte im ersten Halbjahr das Niveau von etwa 1500 anpeilen, sagt er.

Mit Beginn der modernen Globalisierung verlor der Dollar-Index auf lange Sicht an Wert. Mit sich verstärkenden Anzeichen einer Deglobalisierung dürfte hier eine Rückabwicklung stattfinden, die den Dollar-Index langfristig wieder stärkt. Wie stark Euro/Dollar davon tangiert wird, hängt von der Entwicklung der Carry-Trade-Aspekte im Euro ab. Ein starker Dollar drückt die Rohstoffpreise tendenziell, die sich auch in der Tendenz zur Deglobalisierung zeigende globale Wachstumsschwäche dürfte ebenfalls langfristig weiteren Druck auf die Rohstoffpreise ausüben.

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