Anfa – Geheimabkommen zur Staatsfinanzierung?

Jetzt wurden weitere Aktivitäten der EZB und der nationalen Zentralbanken der Eurozone bekannt, die den Verdacht erhärten, dass sie gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoßen. Gegen das QE-Programm der EZB ist eine Verfassungsklage am Bundesverfassungsgericht anhängig.

Das sogenannte Anfa-Abkommen regelt nicht-öffentlich, welche Spielräume die nationalen Notenbanken der Eurozone für „nichtgeldpolitische“ Anlagen von Wertpapieren und Staatsanleihen haben, die sie auf eigene Rechnung kaufen. Im Rahmen dieses Abkommens (Anfa – Agreement on net-financial assets) wurden zwischen 2006, vor Ausbruch der Finanzkrise, und 2012, dem Höhepunkt der Euro-Krise, für rund 510 Mrd. Euro Wertpapiere mit frischem Geld aufgekauft. Bis Ende 2014 stiegen die Wertpapierkäufe im Anfa-Rahmen sogar auf mehr als 720 Mrd. Euro. Nach aktuellen EZB-Zahlen soll das Volumen bei 565 Mrd. Euro liegen.

Das Anfa-Abkommen wird geheim gehalten, selbst in den Zentralbanken haben nur wenige hochrangige Personen Zugang zu dem Dokument. Im Zuge der Griechenland-Krise wurde die Existenz des Anfa-Abkommens in Briefen der EZB zum ersten Mal thematisiert, jedoch bis jetzt nicht weiter problematisiert.

Die Notenbanken verwischen die Spuren ihrer Käufe im Rahmen des Anfa-Abkommens. Sie werden in den Bilanzen und Geschäftsberichten der meisten Notenbanken nicht separat ausgewiesen, sondern in Sammelpositionen „sonstige Wertpapiere“ versteckt. Diese Positionen waren im Zuge der Krise explosionsartig angestiegen, wie der Berliner Finanzwissenschaftler Daniel Hoffmann in einer Studie aufgedeckt hat.

EZB-Chef Draghi, in der Pressekonferenz der EZB der zurückliegenden Woche darauf angesprochen, reagierte ausgesprochen gereizt. Er gab zu, dass die Kaufstrategien der nationalen Notenbanken „schwer zu verstehen“ seien, schloss aber aus, dass es sich um monetäre (Staats-)Finanzierung handelt. Er nannte stattdessen die Möglichkeit, dass Zentralbanken Anfa zur Deckung künftiger Pensionsverpflichtungen nutzen. Weitere Details könne er nicht nennen, man solle die nationalen Notenbanken fragen. Entweder hat Draghi etwas zu verbergen oder die Zentrale weiß nicht genau, in welchem Maß die nationalen Notenbanken ihre Spielräume nutzen oder auch überziehen oder.

Besonders hervorgetan haben sich im Rahmen von Anfa die Banca d’Italia und die Banque de France. Die italienische Notenbank dürfte für 108 Mrd. Euro Staatsanleihen gekauft haben, die französische hat wohl ähnlich hohe Beträge für staatliche Papiere ausgegeben. Auch in Irland und Belgien sowie in Griechenland haben die Notenbanken erstaunlich hohe Positionen angekauft. Mit "künftigen Pensionsverpflichtungen" lässt sich das kaum erklären.

Die nationalen Notenbanken unterliegen wie die EZB selbst nach Artikel 123 des "Vertrages zur Arbeitsweise der Europäischen Union" dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung. Die EZB muss sicherstellen, dass dies nicht umgangen wird. Im Rahmen des Anfa-Abkommens kann der EZB-Rat nationale Notenbanken mit Zweidrittelmehrheit stoppen, wenn deren Käufe die festgelegten Quoten überschreiten. Auf die Aufforderung, die Eigenportfolios zurückzufahren, hätten die angesprochenen Notenbanken jedoch nur äußerst zögerlich reagiert, heißt es.

Ifo-Chef Hans-Werner Sinn sagt: „Das Schöne am Euro ist, dass man sich im eigenen Keller Geld drucken kann, das in anderen Ländern als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt ist.“ Und: „Die größten Rettungsaktionen während der Krise wurden nicht von den Parlamenten beschlossen, sondern vom EZB-Rat und von den nationalen Zentralbanken der Krisenländer. (…) Das Volumen der Sondergeldschöpfung, die sich die Krisenländer Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien und Zypern genehmigt haben, lag in der Spitze bei über 1000 Mrd. Euro.“ Dies zeige, dass das EZB-System „zu einem Selbstbedienungsladen verkommen ist“, sagte Sinn.

Weiter sagte Sinn in einer vom ifo-Institut veröffentlichten Erklärung: „Diese nationale Sondergeldschöpfung, zu deren Ursachen auch die ELA-Kredite sowie die Absenkung und fehlende Einheitlichkeit der von den nationalen Notenbanken verlangten Pfandqualitäten für Refinanzierungskredite gehören, war keine Geldpolitik im engeren Sinne, sondern im Wesentlichen eine Bail-out-Politik zur Rettung notleidender Bankensysteme und Staaten.“ Mit ihr seien die Kreditkonditionen, die der internationale Kapitalmarkt verlangte, unterlaufen worden. „Dass diese Sondergeldschöpfung, wie nun bekannt wurde, sogar dazu genutzt wurde, in riesigem Umfang nach eigenem Gusto Staatspapiere zu erwerben, legt den Verdacht eines Umgehung des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nahe“, ergänzte Sinn.

Der Zweck heiligt die Mittel… Gegen die Regeln, die sich die Eurozone gegeben hat, verstossen ihre Institutionen in schöner Regelmäßigkeit. Nicht gerade ein Beweis für die Stabilität des Konglomerats, das den Euro garantieren soll.

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