Weihnachtsgeschäft – wie sieht es aus?

Gestern enttäuschte der Verlauf des US-Einzelhandels. Im Oktober wurde lediglich ein Plus von 0,1% gemeldet, erwartet wurde eine Zunahme um 0,4%. Damit ist der Einzelhandel im Jahresvergleich um 1,7% gewachsen – vor einem Jahr war noch eine jährliche Zunahme um 4,7% festgestellt worden. Keine wirklich gute Botschaft angesichts der Tatsache, dass mindestens zwei Drittel des US-BIP auf den privaten Konsum entfallen.

Die monatlichen Daten sind „verrauscht“. Die Auswertung der längerfristigen Bewegung zeigt allerdings eine Entwicklung unter dem Trend (obere rote Signalkurve im folgenden Chart). Dies hat sich bereits im April abgezeichnet.

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Rechnet man die Treibstoff-Umsätze heraus, ist der US-Einzelhandel im Oktober um 4,1% gegenüber dem Vorjahresmonat angewachsen. Im Mai lag der so gerechnete Zuwachs aber noch bei 5% und im Oktober 2014 sogar bei 5,5%. Auch hier zeigt die Entwicklung zuletzt eher nach unten. Die Ölpreise begannen zur Jahresmitte 2014 einzuknicken.

Als unmittelbare Folge der schwachen Einzelhandelsdaten verlor der S&P-Aktiensektorindex der zyklischen Konsumgüter am Freitag 2,7%. Er hatte seit dem Einbruch des Gesamtmarktes Ende August in der Spitze um fast 16% zugelegt – fast 4% mehr als der S&P 500. Diese Entwicklung wurde von Beobachtern als gutes Zeichen für die Verfassung der US-Wirtschaft angesehen und weckte Hoffnungen auf ein gutes Weihnachtsgeschäft. Dabei wurde übersehen, dass diese Entwicklung nur von einer Handvoll Giganten nach Marktkapitalisierung getragen wurde, wie z.B. Amazon. Die Kurse des Gros der Anbieter entwickelten sich in derselben Zeit flach bis negativ (siehe hier!). Der Sektor-Index gewichtet nach Kapitalisierung, große Unternehmen sind damit überrepräsentiert.

Wie allseits bekannt und immer noch stimmig, gilt China als Werkbank der Welt. Und hier wurden erneut schwache schwache Konjunkturdaten gemeldet. Die Exporte der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sind im Oktober um 6,9%, und damit das vierte Mal in Folge gefallen. Vor allem Ausfuhren in Industrieländer wie Japan und in die Europäische Union waren für den erneuten Rückgang verantwortlich, hieß es. Die Importe brachen um 18,8% ein, die zwölfte Abschwächung in Folge, auch ein Indiz für die lahmende chinesische Binnenkonjunktur. Die chinesische Regierung hatte sich durch die Yuan-Abwertung zuletzt eine Belebung der Auslandsnachfrage erhofft. Aufs Jahr gerechnet sind Importe und Exporte in den ersten zehn Monaten um 8,5% zurückgegangen, die Regierung hatte sich ein Plus von 6% vorgestellt.

Wenn also die globale Werkbank weniger produziert, ist wohl die Nachfrage nach ihren Produkten auf der Welt geringer. Das liegt auch an hohen Lagerbeständen. So kommt mittlerweile in den USA das Verhältnis zwischen Lagerbeständen und Umsatz für den gesamten privaten Geschäftssektor auf 1,38, der Wert ist im Jahresvergleich um 5,3% angestiegen.

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Ein solch hoher jährlicher Zuwachs wurde seit 1993 außerhalb von Rezessionen nur unmittelbar vor der Rezession 2001 und im Spätjahr 2006 erreicht. Die Zunahme des Verhältnisses zwischen Lagerbeständen und Umsatz begann schon im August 2014. Lagerhaltung kostet Geld und verzögert den Rückfluss der gebundenen Mittel in die Unternehmenskasse. Wenn sich die Lager nachhaltig stärker als der Umsatz entwickeln, spricht viel dafür, dass die Unternehmen die Nachfrage der Konsumenten falsch einschätzen. Dann muss irgendwann ein Rabatt-Verkauf stattfinden, das schmälert die Erträge und bringt die Unternehmensgewinne zusätzlich zu den Kosten der Lagerhaltung unter Druck.

Die Gewinne der im S&P 500 zusammengefassten US-Konzerne sind im dritten Quartal im Jahresvergleich um rund 3% geschrumpft, schon im zweiten Quartal 2015 waren sie rückläufig. Die Schwäche ist breit angelegt, nicht nur die Export-orientierten Multis sind betroffen, auch viele Unternehmen im Binnenmarkt, wie z.B. Filial-Einzelhändler. Gleichzeitig zeigen die Lohnstückkosten (non-farm business) mit plus 1,95% im dritten Quartal nach oben.

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Die Preisentwicklung beim CPI liegt nahezu bei 0%, was nichts anderes bedeutet, als dass die Unternehmen wenig Marktmacht haben, höhere Preise durchzusetzen. Nimmt man den PPI als Preisindex für die Fertigungsindustrie, so ist hier per Oktober sogar ein j#hrlicher Rückgang um 4,1% festzustellen.

Mit anderen Worten: Die Unternehmensgewinne kommen von verschiedenen Seiten unter Beschuss – keine gute Nachricht für die Entwicklung der Aktienkurse, die übergeordnet noch am ehesten hiervon beeinflusst werden. Hinzu kommt: je verhaltener die Entwicklung der Unternehmensgewinne ausfällt, je weniger wird investiert. Zurückhaltung bei Investitionen aber drückt mit Verzögerung und mit Multiplikatoreffekt auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.

Das Risiko eines spürbaren Wirtschaftsabschwungs ist somit nicht von der Hand zu weisen. Die überraschend positiven US-Arbeitsmarktdaten für Oktober sprechen nicht dagegen – der Arbeitsmarkt läuft der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gewöhnlich deutlich hinterher. Es bleibt abzuwarten, ob das Weihnachtsgeschäft doch noch um die Ecke kommt. Selbst wenn – es gibt bereits einen deutlichen Tempoverlust in der wirtschaftlichen Dynamik, der erst einmal überwunden werden muss.

Ergänzung:
Ich möchte noch auf einen Aspekt eingehen, der oben bei der Outperformance hoch kapitalisierter Werte angesprochen wurde. Entwickeln sich hoch kapitalisierte Werte nachhaltig besser als gering kapitalisierte, so weist das zum einen auf eine geringe Marktbreite hin. Schließlich gibt es viel mehr kleine als große Unternehmen. Zum anderen neigen große Anleger dazu, hoch kapitalisierte Werte dann zu bevorzugen, wenn die Aussichten an den Aktienmärkten unsicherer sind. Da solche Aktien deutlich liquider sind, besteht die Erwartung, sie im Falle eines Falles günstiger abstoßen zu können als dies bei kleinen Werten möglich ist. Wenn man die Kursentwicklung zweier ETFs auf US-Aktien gegenüberstellt, von denen sich der eine auf hoch kapitalisierte Firmen (Large Cap) und der andere auf gering kapitalisierte (Small Cap) konzentriert, so ergibt sich das folgende Bild:

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Ein Ausschlag der türkisen Signallinie nach oben zeigt eine relativ bessere Entwicklung von Small Caps, nach unten wird eine relativ bessere Entwicklung von Lage Caps signalisiert. Deutlich wird, dass seit Mitte Juli große Werte relativ gesehen besser laufen als kleine. Zuvor waren ab der zweiten Januarhälfte kleine Werte en vogue.

Damit ergibt sich, dass momentan offenbar keine wirklich ausgeprägte Risikoneigung herrscht, wie dies auch andere Indikatoren andeuten, etwa die Auswertung des Verlaufs von VIX und S&P 500, sowie der Verlauf der Positionierung in Indexoptionen auf Aktien.

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