S&P 500 nahe Allzeithoch – wieder mal…

Die Saison der Quartalsberichte hat begonnen – und mithin wird erneut die Frage aufgeworfen, ob die Kurse das halten, was die Gewinne versprechen (oder umgekehrt…). Zu Jahresbeginn war für das erste Quartal 2015 eine Steigerung der Gewinne im S&P 500 um 5,3% vorhergesagt worden, jetzt wird mit einem Rückgang um 2,8% gerechnet – jeweils im Jahresvergleich.

Nach einer Untersuchung von Zacks Investment ist der Anteil der negativen Gewinnrevisionen für das zurückliegende Quartal aktuell mit 8,3% so hoch wie seit langem nicht – der Durchschnitt liegt bei 3,1%. Für alle Unternehmen, die Quartalszahlen berichten, kommen die Gewinnerwartungen im abgelaufenen Vierteljahr auf –3,8% y/y. Für das zweite Quartal wird sogar gegenwärtig mit –4,3% gerechnet. Sollte das so eintreten, sollten also zwei Quartale in Folge ein negatives Gewinnwachstum aufweisen, so wäre das eine Gewinnrezession.

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Zurückgeführt wird das auf die Stärke des Dollar insbesondere gegenüber dem Euro, die die Wettbewerbsposition der US-Multis im Ausland tangiert. Viele US-Unternehmen, die den Hauptumsatz im eigenen Land erzielen, wie z.B. als Branche die Versorger und die Telekommunikation, werden hiervon hingegen kaum beeinflusst. Was die US-Unternehmen im Ausland belastet, ist für Unternehmen aus der Eurozone ein warmer Regen, der ihre Gewinne sprudeln lässt.

Es ist aber nicht nur der Dollar, der die Gewinnsituation der US-Firmen belastet, es ist auch der Einbruch der Ölpreise (der in einem gewissen Zusammenhang damit steht). Des weiteren zeigen die US-Makrodaten seit Jahresbeginn Schwäche. Diese zieht sich durch zahlreiche Indikatoren. So sind die Bauausgaben gesunken und die Situation im produzierenden Gewerbe schlägt sich im Verlauf des ISM-Index nieder. Dieser Stimmungsindex hatte im Herbst 2014 bei rund 58 ein lokales Hoch ausgebildet, sinkt seit Dezember 2014 in monatlicher Folge und notiert im März bei 51,50. Die Scheidelinie bei 50 trennt Expansion von Kontraktion.

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Indikatoren, die die Verbraucherstimmung anzeigen, befinden sich hingegen weiterhin in einer Aufwärtsbewegung. Das hängt einerseits mit den gesunkenen Energiepreisen zusammen, andererseits ist es typisch für konjunkturelle Durchhänger, dass sich die Stimmung in der Industrie deutlich früher eintrübt als bei den Konsumenten.

Eine Gewinn-Rezession für sich genommen sorgt zwar üblicherweise für eine volatilere Gangart bei der Entwicklung der Aktienkurse. Aber für eine unmittelbar bevorstehende Makro-Rezession gibt es bisher keine belastbaren Anzeichen. Und so lange wäre aus makroökonomischer Sicht nicht damit zu rechnen, dass sich ein mittelfristiges Aktien-Topp ausbildet und ein Bärenmarkt entwickelt.

Die Bewertung von Aktien hat luftige Höhen erreicht und das führt üblicherweise zu erhöhter Volatilität, so lange kein neuer bullischer Katalysator in Sichtweite ist (wie aktuell). Das Shiller P/E-Ratio liegt bei 27,3 und damit so hoch wie Ende 2007, als damals der Abstieg des S&P 500 begann. Auch im großen historischen Kontext zählt das aktuelle Niveau zum Spitzenbereich. Absolute Rekordmarken sind 30 (1929) und 44 (2000). Nimmt man das „nackte“ KGV, also nicht korrigiert um zyklische und Preis-Faktoren, so notiert es mit 20,6 ebenfalls im oberen Bereich.

Allerdings ist die Bewertung keineswegs der wichtigste Faktor, wenn darum geht, zu beurteilen, wie es weitergeht. Gestern erst gelang es dem S&P 500, sich aus dem Einflussbereich seiner EMA50 nach oben zu lösen. Diese über 50 Tage laufende exponentielle Mittelwertlinie gilt bei großen Anlegern als wichtige Signallinie für den Verlauf zumindest auf Sicht der nächsten ein bis zwei Monate. Dabei geholfen hat die Nachricht eines auf 50 Mrd. Dollar angelegten Aktienrückkaufprogramms bei General Electric, wobei das Unternehmen den Rahmen für solche Aktionen bis 2018 auf 80 Mrd. Dollar aufspannt.

Was sich hinter solchen Aktienrückkaufprogrammen verbirgt und wie sie zu bewerten sind, wird u.a. hier erörtert. Letztlich geht es darum, Aktionäre auszuzahlen und den Gewinn je Aktie zu steigern, was die Bewertung nach Kurs-Gewinn-Verhältnis tendenziell abzusenkt. Der strategische Unternehmenswert steigt dadurch nicht – im Gegenteil, das Unternehmen gibt einen Teil seiner Cash-Reserven ab. Offenbar weiß es nichts Besseres damit anzufangen…

Beobachter gehen davon aus, dass die Aktion von GE Bestandteil eines übergreifenden Trends ist. Stimmt das –wovon ausgegangen werden kann-, so verliert die Bewertung nach KGV nur weiter an Gewicht, weil Aktienrückkäufe die Bewertung optisch verbilligen und so Aktien günstiger bewertet erscheinen als sie tatsächlich sind. Genau das richtige Mittel, um einen Herdentrieb am Laufen zu halten oder noch zu forcieren.

Wie weit dieser Herdentrieb mittlerweile gediehen ist, lässt sich am besten daran festmachen, wie weit sich im Kursverlauf des S&P 500 mittlerweile lineare Merkmale ausprägen. Im folgenden Chart zeigt dies die obere rote Linie („Linearity“). Sie hatte im Dezember einen Rekordwert von 96%. Aktuell ist er auf 94% zurückgegangen, was im historischen Vergleich immer noch sehr hoch ist. Für sich alleine sind solch hohe Werte keine Indikation auf eine unmittelbar bevorstehende Korrektur. Damit zu rechnen ist erst, wenn das Niveau von 90% unterschritten wird. Auch von anderen Indikatoren, die die statistische Verteilung der Dynamik im Kursverlauf (gelbe Linie im oberen Chart-Bereich) und die Zuordnung und Richtung verschiedener gleitender Durchschnitte (hellgrüne Linie) auswerten, kommt bisher kein Warnsignal (vergleichen Sie dazu die Topp-Phasen 2000 und 2007 im Chart!). Gegenüber dem Bild von Ende Dezember 2014 ergeben sich somit immer noch keine wesentlichen Änderungen.

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Kurzfristig spricht nichts dagegen, dass der S&P 500 sein ATH von Ende Februar wieder erreicht – es fehlen noch wenige Punkte. Ob dieser psychologische Widerstand dann einfach herausgenommen werden kann? Ich halte das für nicht sehr wahrscheinlich, eher wird dann wieder kurzfristig das Augenmerk auf der negativen Gewinnentwicklung liegen, von der ich nicht glaube, dass sie bereits vollständig eingepreist ist.

Wenn das Szenario bei Euro/Dollar sich so umsetzt wie hier erwartet, dürfte das Währungspaar sein jüngstes EoD-Tief bei 1,050 (oder auch das Hoch im Dollar-Index bei gut 100) zwar nochmals testen, dann jedoch eine mittelfristige Umkehr einleiten. Wenn diese dynamisch ausfällt, würde das wiederum US-Aktien rasch Rückenwind geben und die Entwicklung der Unternehmensgewinne alsbald in den Hintergrund treten lassen. Und wenn dann noch weitere große Firmen bedeutende Aktienrückkäufe beschließen, ist ein Ausbruch des S&P 500 durchaus möglich. Spiegelbildlich würde das allerdings europäische Aktien eher belasten und so bliebe uns die regional ungleiche Entwicklung der Aktienkurse noch weiter erhalten.

Ergänzung:
Schwächere US-Makrodaten dürften im aktuellen Kontext eher kursstützend wirken, weil sie den erwarteten Zeitpunkt für die erste Zinssteigerung eher nach hinten verschieben. Das gilt zumindest so lange, so lange keine Makro-Rezession um die Ecke kommt.

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