Emerging Markets – Krise wie 1997?

Die Finanzmärkte haben in den “Risk-off”-Modus geschaltet, Aktien sinken, Staatsanleihen sind gesucht, Edelmetalle bis zu einem gewissen Grad ebenfalls. Währungen von zahlreichen Emerging Markets kollabieren.

Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten in den entwickelten Ländern fallen insbesondere in den USA etwas schwächer aus. Im dritten Quartal waren die Lager stark ausgebaut worden, das lastet auf den aktuellen Produktionsdaten. So hat sich etwa der ISM-Index der USA für Januar deutlich schlechter entwickelt als erwartet, der Sub-Index der neuen Aufträge fällt so stark wie seit 33 Jahren nicht.

Aktien in den entwickelten Ländern sind dennoch bisher wenig betroffen im Vergleich zu denen der Emerging Markets (EM), die sich schon seit 2012 deutlich schlechter entwickeln. Unterstellt man, dass heute eine EM-Krise heraufzieht, die mit der Asienkrise von 1997/1998 vergleichbar ist, so zeigt sich, dass Aktien der entwickelten Länder auch damals nicht sonderlich betroffen waren. Das erklärt auch, warum bisher noch wenige Beobachter hier eine gefährliche Entwicklung heraufziehen sehen.

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Nach 2008 haben viele EMs in der Hoffnung auf eine Wiederholung des Wachstumswunders zwischen 2003 und 2007 versucht, die Konsequenzen der Finanzkrise in den entwickelten Ländern abzufedern durch aggressive fiskalische und geldpolitische Maßnahmen. Die Kapitalzuflüsse aus der Geldflut der Fed taten ein Übriges, es entstanden Kreditblasen, die Leistungsbilanzdefizite nahmen insbesondere bei den “Fragile 5” (Indien, Brasilien, Türkei und Sd-Afika) schnell zu. Zu ihnen sind jetzt Argentinien, Russland und Chile gestossen – nun ist von den „Fragile 8“ die Rede. Und es könnten noch mehr werden.

So unterschiedlich die Situation in diesen Ländern auch ist, eines haben sie gemeinsam: Sie müssen ihre Zahlungsbilanz stabilisieren. Da die Kapitalzuflüsse mit dem Beginn des “QE-Tapering” der Fed abrupt abgenommen haben, sind Defizite nun viel schwerer zu finanzieren. Jetzt müssen diese Länder gleichzeitig ihre Währungen abwerten, die Realzinsen anheben und strukturelle Reformen durchführen, einige müssen zudem ihre Staatsausgaben einschränken.

Ein anhaltender Kapitalabfluss wird schwere Konsequenzen in Form von importierter Inflation, abnehmender heimischer Nachfrage und zusammenfallender Kreditblasen nach sich ziehen.

Bei allem hilft die Konjunkturabschwächung in China nicht, insbesondere den Ländern nicht, die stark von der chinesischen Rohstoffnachfrage abhängig sind. Dafür, dass eine Krise heute glimpflicher verlaufen könnte als 1997, sprechen die flexibleren Wechselkurse. Damals hatten viele Tigerstaaten ihre Währungen an den Dollar gebunden. Die Grade an externer Verschuldung sind zwar durchweg niedriger als 2007, aber insgesamt etwas höher als 1996.

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Dass die EMs mit ihrer lockeren Geldpolitik nicht erst 2008 begonnen haben, sondern schon 2003, das zeigt eine Grafik der Weltbank (h/t "The Telegraph"). Je stärker die Leitzinsen von der Taylor-Regel abweichen, je expansiver ist die Geldpolitik.

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Daher ist es etwas verfehlt, wenn EM-Politiker jetzt die Schuld für die Situation ausschließlich bei der Fed sehen. Es ist wie immer: Wird der Geldhahn einmal zu weit aufgemacht, macht ihn vor der nächsten Krise keiner mehr zu.

Kann sich die EM-Krise zu einem globalen Schock auswachsen? Exporte in die “Fragile 8” machen nur 0,7% des US-BIP aus, im Falle der Eurozone sind sie doppelt so hoch. Besonders Spaniens Banken sind stark im Kreditgeschäft mit den EMs engagiert. Das könnte zu Ansteckung in der südlichen Peripherie führen, deren Banken sowieso unter Druck stehen, im Zuge des AQR der EZB und des Stresstests ihre Eigenkapitalsituation zu verbessern.

[Unter Verwendung von Material von Gavyn Davies, FT]

Immer vorausgesetzt, in China kommt es nicht zu einer harten Landung, erscheinen die Konsequenzen für die USA insgesamt gut handhabbar – daher dürfte die Befindlichkeit der EMs für die Fed beim weiteren "QE-Tapering" nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Eurozone ist mit ihrer stärkeren Ausrichtung hinsichtlich EMs stärker gefordert, hinzu kommt aber vor allen Dingen, dass ihre Erholung noch weit fragiler ist als die der USA. Da reicht dann schon ein vergleichsweise geringer äußerer Anlass, um schwere Folgen auszulösen. Über diese Schiene könnte es allerdings auch zu gravierenderen Rückwirkungen auf die USA kommen.

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