2013 – das Jahr der Großen Umverteilung

2013 war das Jahr mit der größten Umverteilung in der jüngeren US-amerikanischen Geschichte, schreibt Robert Reich. Die Umverteilung fand statt von unten nach oben, von der durchschnittlichen arbeitenden Bevölkerung zu denen, die Amerika besitzen.

Aktien beendeten das Jahr auf Rekordniveau – mit dem größten Jahresgewinn in fast zwei Dekaden. Im Bull-Markt 2013 haben Amerikas Reiche den Jackpot geknackt. Die meisten Amerikaner haben davon nichts gehabt, sie hatten nicht genug Ersparnisse, um in Aktien zu investieren. Mehr als zwei Drittel leben von Lohnscheck zu Lohnscheck.

Das folgende Bild zeigt den Verlauf der Einkommensverteilung seit den 1960er Jahren. Bis heute haben die „Topp 1%“ ihren Anteil auf 22,5% mehr als verdoppelt.

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Die reichsten ein Prozent der amerikanischen Bevölkerung besitzen wertmäßig 35% der Amerikanern gehörenden Aktien. Die reichsten zehn Prozent besitzen über 80%. Wenn angesichts dieser Vermögensverteilung Aktienkurse steigen, ist das alleine noch kein Hinweis für eine Umverteilung von unten nach oben. Es werden lediglich Erträge von einem Reichen zum anderen verschoben.

Aber Aktienkurse hängen mittelfristig an Unternehmensgewinnen. Für die war 2013 ein starkes Jahr. Wo kamen die Gewinne her? Die Unternehmen haben abgesehen von ihrem Auslandsgeschäft den großten Teil ihrer Gewinne nicht durch höhere Umsätze, sondern durch Kostenreduktion gemacht.

Hier kommt die Umverteilung ins Spiel: Die Kosten wurden vor allem durch Lohndruck reduziert. Die meisten Arbeiter und Angestellten haben wenig Marktmacht, wenn es um den Preis ihrer Arbeit geht. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, der hohe Anteil an Langzeit-Arbeitslosen und eine große Zahl von Leuten, die die Jobsuche ganz aufgegeben haben – das alles gibt den Arbeitgebern die Gestaltungsmacht bei den Löhnen.

In dieselbe Richtung geht das Outsourcing nach China und anderswo, die Verlagerung auf Teilzeit-Beschäftigung, auch die Produktivitätssteigerungen etwa durch neue Automatisierungssysteme, Software und dergleichen. Zudem sind die Gewerkschaften dezimiert: 1950 war noch jeder dritte Arbeiter im privaten Sektor Gewerkschaftsmitglied, heutzutage sind es weniger als 7%, also bestenfalls jeder vierzehnte.

All das erklärt, warum die Unternehmensgewinne alleine in 2013 um mehr als 18% angestiegen sind. Ihr Anteil am BIP ist mittlerweile auf Allzeithoch, der der Löhne auf Allzeitief.

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Mit “Umverteilung” ist normalerweise ein gezielter politischer Eingriff gemeint. Was in 2013 geschehen ist, ist aber eher das Ergebnis des Wirkens freier Märkte, könnte man argumentieren.

Dabei wird aber übersehen, dass die Regierung die Spielregeln festsetzt. Der Kongress hat wiederholt Initiativen zurückgewiesen, über Steuerpolitik Anreize für mehr Beschäftigung zu geben. Gesetze von Bundesstaaten haben die Möglichkeiten von Gewerkschaften beschnitten. Und das Steuersystem insgesamt begünstigt die Vermögens-Besitzer und benachteiligt die Lohnempfänger. Kapitalgewinne, Dividenden und Schulden erfahren eine günstigere steuerliche Behandlung und so zahlen die Super-Reichen ungefähr 12% an Steuern, während der Rest der Bevölkerung mindestens das Doppelte zahlen muss. Unter den größten Gewinnern sind Leute an Wall Street, deren Jahres-End-Boni am Aktienmarkt hängen und solche, die ihr Einkommen über ein Schlupfloch als Kapitalgewinn versteuern können.

[Unter Verwendung von Material von Robert Reich, Professor an der Berkeley-Universität, Kalifornien, vormals Arbeitsminister der Clinton-Administration.]

Es geht nicht darum, einer wie auch immer gearteten "gerechten" Einkommensverteilung das Wort zu reden, die bürokratisch-operativ herbeigeführt werden soll. Stattdessen müssen Rahmenbedingungen gesetzt werden, die für eine Umkehr des seit Dekaden eingeschlagenen Trends sorgen. Ansonsten landet die ganze Veranstaltung nämlich genau bei einer lang andauernden Stagnation. Die Konsumquote der Super-Reichen kann niemals so hoch werden, dass sie den Effekt der schwachen Nachfrage des überwiegenden Teils der Bevölkerung kompensieren könnte. Auch aus diesem Grunde ist die Politik der Geldflut nicht in der Lage, die Realwirtschaft anzufeuern – das Geld bleibt im Finanzsektor und landet in der Form von Handelsgewinnen in den Taschen derer, die das Sagen haben.

Nachtrag:
(10.1.14) Dazu passt auch eine Meldung der FAZ: Zum ersten Mal in der Geschichte sind die meisten Mitglieder des US-Kongresses Millionäre. Abgeordnete hatten im Mittel ein Vermögen von 896.000, Senatoren eines von 2,7 Mio. Dollar. Nach einer Studie ist das Interesse der Abgeordneten und Senatoren an Anlagen in Aktien in 2012 wieder gestiegen, zuvor war es zurückgegangen.

(21.1.14) Siehe auch eine Untersuchung von Oyfam!

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