Banken in der Eurozone: Frohe Weihnachten!

Die auf dem EU-Gipfeltreffen in der zurückliegenden Woche gefällten Beschlüsse zur Bankenunion sind für das, was hier in Europa und speziell in der Eurozone geschieht, wieder einmal äußerst bezeichnend.

Beim Thema Bankenunion ging es um den sogenannten „common resolution mechanism”, der eine einheitliche Prozedur festlegt, nach der Banken restrukturiert, d.h. insbesondere rekapitalisiert, bzw. aufgelöst werden sollen. Wir hatten uns hier schon damit beschäftigt, wie kompliziert die zur Beschlussfassung vorgeschlagenen Verfahren sind.

Daran hat sich mit den Gipfelbeschlüssen wenig geändert. Zudem soll ein für diese Zwecke bereit stehender gemeinsamer Topf in den nächsten zehn Jahren erst langsam entstehen; die vorgesehene Zielgröße ist „mickrig“, auch eine Kreditlinie ist zunächst nicht vorgesehen. Wenn die Beteiligung von Aktionären, Gläubigern und großen Sparern und nationalen Banken-Fonds nicht ausreicht, fällt die Rekapitalisierung von Banken auf deren Heimat-Länder zurück. Länder, die mit dieser Aufgabe überfordert sind, müssen Hilfe durch den ESM beantragen. Dies wäre sogleich Voraussetzung dafür, dass die EZB mit ihrem OMT-Programm tätig werden könnte.

Die deutsche Seite hat sich in dieser Frage (erneut) vollständig durchgesetzt. Das, was jetzt beschlossen wurde, verhindert (zunächst), dass der deutsche Steuerzahler für die Restrukturierung von Banken in anderen Ländern zahlt. Es verhindert in der Praxis auch, dass irgendeine Institution außerhalb Deutschlands eine deutsche Bank schließt.

Die EZB hat mit ihrem AQR eine umfassende Untersuchung der bedeutendsten Banken der Eurozone eingeleitet, in deren Verlauf deren Bilanzen analysiert und darin schlummernde Risiken bewertet werden. Schließlich wird es auch einen Stress-Test geben und am Ende der Prozedur soll sich herausstellen, welche Institute ihre Kapitalauststattung verbessern müssen.

Das Bankensystem der Eurozone ist gewaltig überdimensioniert, dementsprechend schwach steht die Branche ingesamt da. Viele Banken haben kein tragfähiges Geschäftsmodell, hängen am Tropf der EZB. Demzufolge wäre zu erwarten, dass eine ernst zu nehmende Untersuchung der EZB signifikante Kapitallücken aufdecken würde. Das dürfte insbesondere die Krisenländer betreffen, direkte Hilfe aus einem gemeinsamen Topf steht aber bis dahin kaum zur Verfügung. Wenn die EZB nun in größerem Umfang Banken benennen würde, die frische Mittel brauchen, dürfte sie finanzielle Stabilität riskieren. Die EZB wird daher allen Grund haben, eine solche Situation zu vermeiden und ihre Anforderungen an die Bilanzqualität dementsprechend herunterfahren.

Damit wird die notwendige Rekapitalisierung der Banken insbesondere in der Peripherie weiter auf die lange Bank geschoben, der Status quo bleibt erhalten. Und damit wird sich an der (potenziellen) Kreditklemme in den Krisenländern nicht viel ändern, die Wachstumsaussichten bleiben bescheiden, die Krise verlängert sich. So stellt z.B. Wolfgang Münchau die Lage in der FT dar und sieht Parallelen zum Japan der 1990er Jahre. Der wachstumshemmenden Austeritätpolitik durch das Brüsseler, bzw. deutsche Spardiktat, folgt jetzt die Wachstumsbremse durch die Unterkapitalisierung der Banken.

Die Krisenländer hätten sich auf einen solchen Kurs eingelassen, schreibt Münchau, weil sie bisher nie in der Lage waren, eine geschlossene Front gegen den deutschen Kurs aufzubauen. Sie waren bereit, alles zu tun, was Berlin verlangt hat, so lange die Zinsen ihrer Staatsschulden nicht zu weit stiegen. Jetzt hätten sie die Bankenunion, die sie vielleicht verdienten.

Die Beschlüsse sind für die Eurozonen-Banken ein Nicht-Ereignis, es bleibt alles wie es ist, niemand braucht den AQR der EZB zu fürchten (wenn das überhaupt jemals jemand tat). Faktisch stehen die Länder und ihre Steuerzahler weiterhin für Banken in Schieflage gerade, auch wenn Aktionäre, Gläubiger und große Sparer künftig ein wenig eingespannt werden sollen. Und aus Sicht der Krisenländer ist vorteilhaft, dass der Teufelskreis zwischen Banken und Staaten bestehen bleibt.

Dass diese Sichtweise kurzsichtig ist, ist klar. Aber nun läuft alles, was mit Kapitalausstattung der Banken zu tun hat, wieder unterhalb des Radars der Öffentlichkeit ab. Wen interessiert es schon, dass „normale“ DAX-Konzerne im Schnitt eine Eigenkapitalquote von 25% haben, weil die Banken selbst das als Sicherheitspuffer für etwaige Kreditausfälle verlangen. 25% Eigenkapital wäre auch für Banken angemessen, schreibt die FAZ unter Hinweis auf ein Interview mit einem der diesjährigen Wirtschaftsnobelpreisträger, Eugene Fama, in einem auch sonst lesenswerten Artikel. (Stimmen, die eine höhere Eigenkapitalquote für Banken fordern, kommen auch hier und hier zu Wort!)

Die Deutsche Bank z.B. kam 2012 auf eine Eigenkapitalrendite von 2,7%. Inzwischen kommt sie nach eigenen Angaben auf 3% und feiert sich damit als eine „der am besten kapitalisierten Banken der Welt“. Dabei hat die „Deutsche“ glatt vergessen, dass die großen amerikanischen Banken per 2012 Eigenkapitalquoten von weit über 5% ausgewiesen haben.

Mit ihrer mickrigen Kapitalaustattung gefährden große Banken weiterhin das Wohlergehen vieler Länder der Eurozone. Die Politik agiert unter dem Stichwort „Bankenunion“ auf Nebenkriegsschauplätzen, sorgt durch unpraktikable Regeln noch zusätzlich dafür, dass sich möglichst nichts ändert. Banken aber haben weiter viel zu wenig Aktienkapital, mit dem sie für Fehlspekulationen haften. Im Ernstfall müsste der Steuerzahler ein weiteres Mal einspringen. Zwischen 2008 und 2012 haben die europäischen Staaten nach Angaben der EU-Kommission über 5 Bill. Euro in Banken versenkt (teilweise in Form von Garantien), um sie, weil sysstemrelevant, zu retten.

Spiel, Satz und Sieg für die Banken der Eurozone.

Ergänzung:
Lesenswerter Arikel im iconomix-Blog zum Thema Eigenkapital der Banken hier!

Nachtrag:
(13.1.14) Die Entscheider im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht haben sich auf eine weltweit einheitliche Definition für die maximale Verschuldungsquote (Leverage Ratio) geeinigt. Europäische Banken erleiden nun keinen Nachteil gegenüber ihren US-Konkurrenten mehr. Die Bilanzsumme, die der Quote zugrunde liegt, wird in der US-Rechnungslegung (US-GAAP) anders kalkuliert als nach dem in Europa gültigen IFRS-Bilanzstandard. Das betrifft v.a. Derivate. So kommt die Deutsche Bank mit ihrem großen Bestand an Derivaten nach US-GAAP auf eine Bilanzsumme von rund 1,2 Bill. Euro, nach IFRS sind es rund zwei Bill. Euro. Mit der neuen Definition braucht sie deutlich weniger Kapital vorzuhalten. Die Leverage Ratio soll für Großbanken ab 2018 verbindlich sein, die Zahlen müssen aber bereits vom kommenden Jahr an veröffentlicht werden.
Siehe auch hier!

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