Immobilienblase in Deutschland?

Die Allianz warnt vor einer Immobilienblase in Deutschland. Im Moment sei zwar noch keine zu sehen, aber es könnte zu einer kommen, mutmaßt Allianz-Finanzvorstand Zimmerer. Treibende Kraft seien aktuell Privatanleger, die Inflation und einen Kollaps des Euro fürchten und in Sachwerte flüchten, nicht jedoch Großanleger wie die Allianz. Niedrige Zinsen begünstigen die Entwicklung vor allem in deutschen Großstädten.

Zimmerer warnt vor den Gefahren der Krisenpolitik der Notenbanken: „Das Problem dabei ist: Niedrige Zinsen führen auf Dauer immer zu einer Fehlsteuerung von Investments, weil das Geld zu billig ist“, sagte er und verweist auf die Immobilienblasen in den Vereinigten Staaten, Spanien oder Irland.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hüther, hatte vor kurzem gesagt, auf dem deutschen Immobilienmarkt gebe es derzeit „von einer Blase keine Spur“, die deutschen Immobilienmärkte seien „gesund“. Die aktuell stark steigenden Preise seien lediglich „Ausdruck einer großen Nachfrage“. Die Begründung ist in meinen Augen nicht besonders sinnreich – eine Blase entsteht immer dann, wenn es eine starke Nachfrage gibt.

Die Deutsche Bundesbank hatte jüngst gesagt, sie beobachte mit Sorge, wie die Immobilienpreise in Deutschland zum Teil gestiegen seien. Es sei „nicht gesichert“, dass „steigende Kaufpreise jederzeit durch künftige Mieteinnahmen gedeckt werden können“. Was nichts anderes bedeutet, dass die Bundesbank eine Blase entstehen sieht.

Eine Preisblase liegt dann vor, wenn hohe Preise, wie sie etwa in München, Frankfurt, Hamburg und anderswo gezahlt werden, durch künftige Mieteinnahmen und Wertsteigerungen nicht mehr gedeckt sind. Im Immobiliensektor ist es besonders schwer, diesen Zeitpunkt auszumachen, weil die Amortisationszeiträume mit 20 bis 30 Jahren sehr lang sind (Chartquelle: FAZ vom 22.10.12).

blank

Der Ansturm auf Eigentumswohnungen in Deutschland wird nicht nur von Deutschen befeuert, auch Griechen, Italiener und Spanier beteiligen sich daran. Motiv des Kaufs ist in vielen Fällen die Kapitalanlage. Dabei treibt nicht Euphorie die Nachfrage an, wie bei der Entstehung von Immobilienblasen in den USA oder in Spanien. In Deutschland ist es eher die Sorge oder Angst vor einer unsicheren (Euro)-Zukunft.

Euphorie und Angst trüben aber den rationalen Blick gleichermaßen. Wenn Immobilien heute in einigen Regionen und Lagen mehr als das 50-fache der Jahreskaltmiete kosten, ist das dort ein sicheres Zeichen für Überhitzung. Normal ist lange Jahre das 14 bis 20-fache gewesen.

Das Verhältnis von Immobilienpreisen zu Mieten, Einkommen und Zinsen ergibt den sogenannten Erschwinglichkeitsindex, der langfristig um die Marke von 100 Punkten schwankt. Er gibt einen Anhaltspunkt, wie schwer es für Normalbürger ist, Wohneigentum zu kaufen und zu finanzieren.

Normalerweise steigen Gehälter, Mieten und Immobilienpreise synchron. Wenn der Erschwinglichkeitsindex deutlich über 100 ansteigt, warnt das vor einer Immobilienblase. So lag der Index etwa in Spanien oder in Großbritannien laut Berechnungen von Deutsche Bank Research im Hoch zuletzt bei 160 Punkten. Wohneigentum war damit deutlich zu teuer.

In Deutschland ist der Index seit 1995 immer weiter gesunken. Beobachter sehen ihn aktuell bei 80 Punkten (Chart hier). Dabei spielt das im Mittel immer noch als gemäßigt angesehene Hauspreisniveau eine Rolle, wie auch die steigenden Einkommen und die geringen Immobilienkreditzinsen. Wohlgemerkt – die 80 Punkte sind Durchschnitt über den gesamten deutschen Immobilienmarkt. Wenn in bevorzugten Regionen und Lagen Käufer für Wohneigentum das 25- bis 30-faches ihres Jahreseinkommens bezahlen, ist sehr zweifelhaft, ob das ein „gutes“ Investment ist.

blank

Die Verfechter der These, dass gegenwärtig in Deutschland keine Überhitzung festzustellen ist, führen an, dass bis jetzt es keinen „Zement-Tsunami“ wie etwa in Spanien gibt. Interessante aktuelle Entwicklung (h/t Eurointelligence: El País): Die spanische Zement-Produktion ist in den ersten drei Quartalen 2012 im Jahresvergleich um ein Drittel zurückgegangen. Auf der Höhe der Hausblase 2006/2007 lag sie viermal höher als heute. Das heutige Niveau entspricht dem Stand von 1967.

Was nicht ist, kann noch werden: Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, warnt vor auf Sicht einiger Jahre explodierenden Löhnen, steigenden Renten und Immobilienpreise, die durch die Decke gehen. Die Überhitzung der deutschen Wirtschaft vernichte schließlich die Wettbewerbsvorteile der vergangenen Dekade, ein Abschwung von der Art Spaniens der zurückliegenden Jahre dürfte folgen. „(…) das Beispiel Spaniens lehrt, wie schmerzhaft ein solcher Absturz ist und wie langsam sich eine Volkswirtschaft davon erholt”, warnt Krämer.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bewertung: 5.0/5
Please wait...
blank