Stellen Sie sich vor: Sie stehen vor einem Tiergehege im Zoo. Am Gitter ein Schuld „Nicht füttern!“ Und dann darunter: „Es sei denn, Sie tun es freiwillig.“
So ähnlich kommt mir das vor, was seit neuestem aus Brüssel verlautet. Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding behauptet, das „Bailout“-Verbot gebe es nur im „Volksmund“ und in „populärwissenschaftlichen Aussagen“, nicht aber im Europarecht.
Ihre These lässt sich nur als unverfroren bezeichnen, schreibt die FAZ dazu.
Nach Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist eine gegenseitige Haftung zwischen den Staaten der Eurozone ausgeschlossen. Diese Nichtbeistands-Klausel wurde deswegen geschaffen, damit EU-Staaten eigenverantwortliche Haushaltsdisziplin wahren. Sie sollten nicht darauf hoffen können, bei Missachtung dieses Prinzips durch andere EU-Staaten notfalls unterstützt („herausgehauen“) zu werden. Diese Auffassung wird durch die Existenz einer weiteren Klausel (Artikel 122) untermauert, nach der die Regierungschefs in nicht-verschuldeten Notfällen, etwa bei Naturkatastrophen oder Versorgungspässen v.a. auf dem Energiesektor, Finanzhilfen beschließen dürfen.
Die EU wäre nicht die EU, wenn nicht ein paar Hintertürchen einbaut wären. Trotzdem wird in Artikel 125 (2) klar von einem „Verbot“ in Zusammenhang mit der gegenseitigen Haftung, wie auch in anderen Fällen (z.B. der Staatsfinanzierung durch die EZB) gesprochen.
Damit ist der Geist der Verträge sehr wohl klar und eindeutig – es gibt ein „Bailout“-Verbot.
Reding treibt ihre juristische Drechselei sogar noch auf die Spitze: Sie behauptet, weil die Regelung, nach der Hilfen für einen EU-Mitgliedstaat, „der sich aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse in Schwierigkeiten befindet“ (Artikel 122) vor dem „Bailout“-Verbot steht (Artikel 125), sei es in Wirklichkeit andersherum: Der Beistand sei die Regel und dessen Verbot die Ausnahme.
Die FAZ schreibt: „Die kecke Neuinterpretation zeigt, dass EU-Institutionen vor keiner Verdrehung zurückschrecken, um ihre Macht auszuweiten und der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen.“
„Füttern vorgeschrieben! – Aber freiwillig.“
Anmerkung: Ganz neu sind die Erfindungen dieser Dame nicht – siehe z.B. hier!
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