S&P 500 – erst einmal Gewinne mitnehmen

Der S&P kommt in der ersten Woche in 2024 auf einen Verlust von 1,5%. NDX und Nasdaq Composite verlieren doppelt so viel. Der Dow sinkt auf Wochensicht um 0,6%. Der DAX leichter mit –0,9%.

Die Ölpreise steigen im Wochenvergleich deutlich an. Auch der CRB-Rohstoffindex macht mit 0,8% Boden gut. Gold verliert 0,9%, Silber –2,5%, weitere Abgaben dürften folgen.

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Die US-Renditen steigen auf breiter Front. Der Dollar-Index steigt von einem fünf-Monats-Tief aus, Euro/Dollar mit einem Wochenminus von 0,9%. Die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen steigen an, bedingt durch Yen-Schwäche und Dollar-Stärke.

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Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken sinkt um weitere 2,1%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), verliert weitere 2,5%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, verliert im Einklang mit der relativen Schwäche des NDX auf Wochensicht 5,8%.

Der Rendite-Spread am langen Ende bleibt im leicht positiven Bereich. Die Inversion der Zinsstruktur über das gesamte Spektrum geht mit –1,18% etwas zurück. Die negative Differenz zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR verringert sich etwas. Die Erwartungen hinsichtlich Senkung der US-Leitzinsen sind nicht mehr ganz so ausgeprägt wie noch in der letzten Woche des alten Jahres.

Am Optionsmarkt für Treasurys war es am Donnerstag im Vorfeld des US-Arbeitsmarktberichts für Dezember zu verstärkter Aktivität gekommen. Der Handel zielte auf einen Anstieg der Rendite bis zu 4,15% zum Ende des Freitags-Handels ab, was den größten Tagesanstieg seit März bedeutet hätte. Tatsächlich stieg die Rendite der 10yr-TNotes intraday bis auf 4,103% an und schloss bei 4,046%. Am Donnerstag hatte sie sich an die Marke von 4% herangepirscht.

Die Zahl der Beschäftigten (nonfarm) in den USA ist im Dezember um 216.000 gestiegen, es war lediglich ein Zuwachs von 170.000 erwartet worden. Die Löhne sind im Jahresvergleich von 4% im November auf 4,1% gestiegen. Der Stellenzuwachs konzentrierte sich auf den öffentlichen Dienst (52.000 neue Stellen), das private Bildungs- und Gesundheitswesen (74.000) und das Freizeit- und Gastgewerbe (40.000). Das Beschäftigungswachstum im privaten produktiven Sektor verlangsamt sich weiter.

Ein deutlicher Rückgang der Erwerbsbevölkerung um 676.000 hielt die Arbeitslosenquote bei 3,7%. Der Rückgang der durchschnittlich geleisteten Wochenarbeitsstunden deutet auf eine geringere Nachfrage nach Arbeitskräften sowie auf Zurückhaltung der Arbeitgeber bei Entlassungen hin. Die Wochenarbeitszeit liegt jetzt so tief wie zu Zeiten der akkuten Covid-Krise. Es gab mehr unfreiwillige Teilzeitarbeit und die Zahl derer, die mehrere Jobs haben, stieg auf ein Rekord-Niveau an. Neue Jobs in Regierung, Sozialhilfe und Gesundheitswesen machten 2023 knapp 60% des Zuwachses an Arbeitsplätzen aus.

Peter Boockvar zieht den Schluss, dass sich die längerfristigen Trends weiter abschwächen. Die Daten lassen jedoch bisher keine Anzeichen einer Rezession erkennen. Und so stiegen die Anleiherenditen nach der Veröffentlichung der Daten zunächst sprunghaft an.

Der ISM-Index ist im Dezember leicht angestiegen, bleibt aber im Kontraktionbereich, die Sub-Indices für neue Aufträge und Auftragsbestand sinken. Die Zeitreihe der neuen Aufträge zeigt nunmehr seit 16 Monaten Schwäche. Die Beschäftigung im Service-Sektor ist laut ISM im Dezember so tief wie seit Juli 2020 nicht.

Ich werte den Diffusionsindex von wichtigen Makrozeitreihen (rote Linie im unteren Chartteil), sowie den Chicago Fed National Activity Index (CFNAI – gelbe Linie) aus. Beide zeigen zuletzt zwar Schwäche an, aber eine baldige Rezession ist weiterhin wenig wahrscheinlich. Eine zeitnahe Betrachtung (obere Chartreihe) sieht die aggregierten Indikatoren aus dem Fundamental- und dem Stimmungsbereich weiter expansiv im Boom-Quadrant (blau und grün). Auch von ausgewählten Finanzindikatoren (weiß) im Aufschwung-Quadrant kommt kein Gegenwind.

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Der folgende Chart zeigt den „real-time“ BIP-Indikator für die USA. Er wird gebildet als Produkt aus der Zahl der Arbeitspätze (nonfarm) und den Wochenarbeitsstunden. Der Indikator kann durchaus als vorlaufendes Signal angesehen werden. Per Ende 2023 meldet er einen BIP-Anstieg von 1,24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (Chartquelle).

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Auch wenn eine Rezession nicht unmittelbar vor der Türe steht, so zeigen doch zahlreiche Indikatoren und Auswertungen, dass die US-Wirtschaft immer mehr erlahmt. Darüber hinaus ist sie so fragil, dass irgendwelche externen Schocks (Geopolitik z.B.) sie schnell aus dem Gleichgewicht bringen. Die Geschichte von der „weichen Landung" dürfte von immer mehr Akteuren hinterfragt werden und für Unsicherheit sorgen. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass es um die Jahresmitte herum zu einer Rezession kommt und würde da Steve Blumenthal folgen (siehe hier!).

Die Rekordzuflüsse in Geldmarktfonds im Jahr 2023 brachten Fondsmanagern wie Fidelity, Vanguard, Charles Schwab, JPMorgan Chase und BlackRock rund 7,6 Mrd. Dollar an Gebühren ein. Die Zuflüsse des zurückliegenden Jahres lagen um mehr als eine Milliarde Dollar höher als 2022 und markieren einen Anstieg um 35% gegenüber 2021. Alex Blostein, Analyst bei Goldman Sachs, sagt, dass die Gebühren dieser Fonds zwar „nicht überragend" seien, aber „immer noch ein bedeutender Rückenwind und die einzige Anlageklasse für traditionelle Vermögensverwalter, die im Jahr 2023 ein nennenswertes Wachstum aufweist".

Die Aussichten der Wall Street für das Jahr 2024 sind vorsichtig optimistisch. Großbanken und Vermögensverwalter rechnen mit einem geringeren Wachstum, einer leichten Rezession und einem Schwenk der Zentralbank zu einer lockeren Politik. Die meisten Experten raten, Portfolios zu diversifizieren und Chancen bei festverzinslichen Wertpapieren zu nutzen.

Der Private-Equity-Sektor verfügt 2024 über 2,59 Bill. Dollar an Barreserven für Investitionen, wobei fast ein Viertel dieses Betrags von 25 der größten Unternehmen gehalten wird. Da Private-Equity-Investoren versuchen, alternde Investitionen in einem behäbigen Transaktionsumfeld zu veräußern, werden Unternehmensausgliederungen in Betracht gezogen. So sollen Bewertungslücken überbrückt und rekordverdächtige Barreserven effizient eingesetzt werden.

Zombiefirmen sind Unternehmen, die gerade genug Geld verdienen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und ihre Schulden zu bedienen. Sie haben kein überschüssiges Kapital, um das Wachstum anzukurbeln, und gelten immer als kurz vor der Insolvenz stehend. Ihr Anteil am Russell 3000-Index ist jetzt fast wieder so hoch wie um 2000 herum. Das ist ein bedeutenderes Warnzeichen hinsichtlich der Verfassung der US-Unternehmen insgesamt.

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Im Kielwasser der 34 Bill. Dollar hohen öffentlichen Schulden steht eine weitere Haushaltsdebatte an. Von den 26,2 Bill. Dollar Schulden, die von der Öffentlichkeit gehalten werden, befinden sich über 30% im Besitz ausländischer Institutionen, etwa 50% im Besitz privater und öffentlicher inländischer Unternehmen und über 20% im Besitz der Federal Reserve Bank. Die Fed hat ihren Bestand an Staatsanleihen seit Beginn der COVID-19-Krise im Jahr 2020 erheblich ausgeweitet (Chartquelle).

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Tom McClellan schreibt: Der Januar gilt seit langem als einer der saisonal stärksten Monate für den Aktienmarkt. Dies trifft jedoch nur zu, wenn man die Kursdaten vieler Jahrzehnte zusammenfasst. Die jüngeren Jahre zeigen uns eine andere Geschichte.

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Das Diagramm zeigt ein jährliches saisonales Muster für den DJIA, wobei nur Daten seit 1997 verwendet werden. Das Jahr 2020 ist aus der Berechnung dieses Durchschnittsmusters ausgeschlossen, weil es mit dem Covid-Crash und der QE4-Reaktion der Fed ein zu ungewöhnliches Jahr war. Diese Version des jährlichen saisonalen Musters (ASP) des DJIA zeigt einen bedeutenden Einbruch im Januar, der bis etwa zum 24. Januar anhält. Dies ist ein Unterschied zum früheren Marktverhalten, wenn man bei der Bildung des jährlichen saisonalen Musters die Daten aus den Jahren 1976 bis 1996 einbezieht.

Die Rendite der 10yr-TNotes (TNX) ist aus ihrem Abwärtskanal nach oben ausgebrochen und hat die EMA200 touchiert. Etwas Support gibt das 62er Retracement, nachdem es zuletzt unterschritten worden war (Chartquelle).

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Aktionäre werden jetzt vermutlich sehr genau darauf achten, wie es mit TNX weitergeht. Steigende Renditen dürften Aktien zusätzlich zu den eingeleitetwn Gewinnmitnahmen und der ungünstigeren Markttechnik belasten. Allerdings spricht kurzfristig nicht viel dafür, dass TNX wie der Phönix aus der Asche steigt.

Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 4697,24 geschlossen. Der Aufwärtskanal aus Anfang November wurde zeitgleich mit dem Bruch der kurzfristig bedeutsamen EMA14 (4718, waagerecht) nach unten verlassen. Dochte zeigen die zunehmende Unsicherheit an (Chartquelle).

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Bei 4600 (Hoch aus Ende Juli) liegt die nächste statische Unterstützung. Die EMA50 notiert bei 4592, steigend. Darunter liegt bei rund 4550 ein weiterer kurzfristiger statischer Pegel, auf der Unterseite folgt das 38er Retracement des Impulses von November.

Ob der S&P 500 jetzt noch einen erneuten Versuch in Richtung Allzeithoch (intraday 4819) unternimmt, ist fraglich. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht mehr hoch, aber völlig auszuschließen ist das auch nicht.

Die Marktindikatoren zeigen sich per Saldo im Wochenvergleich weiter abnehmend bullisch – es steht noch 29:0. Die Volumenverteilung ist mittlerweile in Distribution. Das Verhältnis von SPX zu VIX ist weiter hoch, tendiert aber abwärts. Der TQUAL-Indikator (Auswertung der viel beachteten technischen Indikatoren Stochastik, RSI und MACD bei verschiedenen großen internationalen Aktienindices) zeigt auf bullischem Niveau eine bärische Tendenz, die nun bestätigt ist.

Der VIX, Angstmesser an Wall Street, notiert oberhalb von 12,75, einem Pegel, der zuletzt und dann auch zwischen November 2019 und Januar 2020 unterschritten wurde. Die Wahrscheinlichkeit eines Volatilitätsausbruchs nimmt weiter zu.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen bei der Entwicklung der Aktien noch überwiegend bullische Merkmale. Sie nehmen aber deutlich ab, bärische nehmen zu. Um das Bild nochmals zu drehen, würde es einige starke Tage benötigen. Das erscheint mir wenig wahrscheinlich. Die Prognose der TimePatternAnalysis für den S&P 500 zeigt auf Sicht einiger Tage eine Abwärtsbewegung bis an 4600 heran.

Die Charts der aggregierten Marktindikatoren und der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert.

Vermutlich wird es noch ein paar Versuche geben, den S&P 500 nach oben zu schieben. Aber die technischen Voraussetzungen verschlechtern sich und die Stimmung dreht sich. Ein wichtiges Anzeichen hierfür ist der Verlauf der Rendite der Ramsch-Anleihen, die als Kanarienvogel in der Kohlemine gilt. Sie ist zuletzt deutlich angestiegen.

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Also ist zu erwarten, dass der S&P 500 sich auf Sicht einiger Tage nach unten orientiert. Spannend wird es im Bereich der EMA50, die aktuell knapp unter 4600 verläuft.

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