Der S&P 500 steigt etwas weiter – mit einem Wochengewinn von 0,2% auf das Niveau von Ende Juli. NDX und Nasdaq Composite steigen ebenfalls, die relative Stärke des Nasdaq spiegelt wider, dass SmallCaps zuletzt besser gelaufen sind. Der Dow hat Wasser getreten. Der DAX bringt es auf einen weiteren Wochengewinn (2,2%).
Die Ölpreise setzen ihre Verlustserie fort. Der CRB-Rohstoffindex verliert ebenfalls. Gold und Silber verlieren, Silber fast 10%.
Die US-Renditen mit längeren Laufzeiten steigen, die der 2yr-TNotes um starke 4,0%. Der Dollar befestigt, Euro/Dollar gibt weiter nach, die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen verlieren weiter. Die Spekulation auf eine Straffung der Geldpolitik der BoJ nimmt Fahrt auf. Das stützt den Yen. Das hier vor kurzem angesprochene Szenario eines großen Doppel-Topps bei Dollar/Yen bei rund 150 wird wahrscheinlicher.
Erstarkt der Yen weiter, hat das auch Auswirkungen auf Yen-Carry-Trades. Deren Auflösung verteuert sich und konterkariert den bestehenden Zinsvorteil von Yen-Krediten. Das kann die Liquiditätsausstattung beeinträchtigen.
Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt um weitere 3,4%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), verliert 1,6%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, auf Wochensicht +1,0%.
Der Rendite-Spread am langen Ende nimmt ab, bleibt aber leicht positiv. Die negative Differenz zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR nimmt ab. Man ist sich nach dem gestrigen US-Arbeitsmarktbericht offenbar nicht mehr so sicher, dass die Fed die Leitzinsen bald senken wird.
Die Zahl der neuen US-Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft hat im November stärker zugenommen als erwartet. Die Arbeitslosenquote sinkt überraschend um 0,2% auf 3,7%. Die Stundenlöhne steigen im Jahresvergleich wie erwartet um 4,0%, die Zahl der Wochenarbeitsstunden steigt gegenüber Oktober leicht an. Das Verbrauchersentiment steigt im Dezember (vorläufig) deutlich stärker an als erwartet, gestützt durch eine klare Abnahme der Inflationserwartungen von 4,5% im Oktober auf jetzt 3,1%.
Beobachter sagen, Arbeitsmarkt und Konjunktur sind offenbar immer noch nicht weich genug für eine baldige Senkung der Leitzinsen. Die Rendite der 2yr-TNotes sprang am Freitag in Zusammenhang mit den US-Konjunkturdaten um heftige 0,141% auf 4,272%.
Der Zinssatz für 10-jährige US-Staatsanleihen (TNX), stabilisiert sich knapp unter dem 50er Retracement der Aufwärtsbewegung aus Mitte Mai an der EMA200. Geht der Auftrieb hier weiter, dürften die ersten Aktionäre bald nervös werden (Chartquelle).
87% der Ökonomen sind der Meinung, dass die Fed die Phase der Zinserhöhungen abgeschlossen hat. 46,7% erwarten im zweiten Quartal eine Zinssenkung. Das Wirtschaftswachstum soll im nächsten Jahr voraussichtlich um 0,7% steigen, während für dieses Jahr ein Rückgang von 2,5% prognostiziert wurde. Auch die Arbeitslosigkeit wird voraussichtlich zunehmen, und die Inflation wird von 3,3% in diesem Jahr auf 2,2% im nächsten Jahr zurückgehen. So das Ergebnis einer Umfrage der SIFMA.
US-Fondsmanager haben ihre Investitionsquote leicht auf 76% gesenkt. Bei den US-Privatanlegern zeigt die Bulle/Bär-Differenz der AAII mit 20% weiterhin einen Bullenüberhang an. 26% sind neutral eingestellt. Das Put/Call-Verhältnis liegt in den USA seit Ende November kontinuierlich unter eins, zeigt aber zuletzt bullischen Tempoverlust. Der Quotient aus SPX und VIX eignet sich gut zur Einschätzung der breiten Marktstimmung. Er befindet sich auf einem bullischen Extrem, Gier („Greed“) ist stark ausgeprägt. Der Wert generiert seit dem 2. November durchgehend ein bullisches Signal. Von der Stimmung her ist weiterhin Party bei Aktien angesagt; wann sie kippt, lässt sich schwer sagen. Stimmungsindikatoren sind gut bei einer unteren Wende, „oben“ ist ihre Aussagekraft für ein Wende-Timing schlechter.
HSBC schreibt: „Unsere kurzfristigen Stimmungs- und Positionierungsindikatoren sind jetzt angespannter". Die Kurve hat das Extrem von Ende Juli noch nicht erreicht (Chartquelle).
Felix Zulauf sieht uns in einem völlig anderen makroökonomischen Umfeld als in den zurückliegenden 40 Jahren. Für ihn ist die Ära der unipolaren Welt vorbei. Er ist bis zum ersten Quartal 2024 optimistisch für Aktien mit einem möglichen Ende des aktuellen Aufwärtstrends zwischen Januar und März. Dann sieht er eine Rezession kommen, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 oder bereits früher. Aus seiner heutigen Sicht wird sie nicht besonders gravierend verlaufen.
Im Vorfeld aller früheren Rezessionen war immer von einer weichen Landung die Rede, so ist es auch dieses Mal. Aber in den zurückliegenden 50 Jahren gab es nur eine weiche Landung, nämlich in 1994. Wenn sich alle einig sind, passiert etwas anderes, die vorherrschende Meinung vor jedem größeren Wendepunkt war immer falsch, so Zulauf.
Für den Rest des Jahrzehnts wird es eine Achterbahnfahrt auf den Aktien- und Rentenmärkten geben – sehr starke Aufwärtsbewegungen, sehr starke Abwärtsbewegungen. Zulauf sieht einen, wie er es nennt, „Grandaddy Bear Market" (d.h. einen Rückgang von ca. 80%) irgendwann in den nächsten fünf Jahren oder so kommen.
Die kommende Zeit wird wahrscheinlich inflationär sein. Nicht deflationär, trotz der deflationären Kräfte der Verschuldung und der demografischen Alterung. Wir befinden uns in einem Kriegszyklus. Kriege sind inflationär, sie bringen Protektionismus, Unterbrechungen und Veränderungen in den Lieferketten usw. mit sich, so Zulauf.
Wenn die Fed und der Kongress dem System noch mehr Geld zuführen, wird dies zu einer zweiten Inflationswelle führen, die höher sein wird als die erste – man denke an 13% bis 15%. Mit den entsprechenden Auswirkungen auf das Zinsniveau… Letztendlich werden „die Anleihewächter" das System zum Zusammenbruch zwingen, was die Regierungen zu einer Umstrukturierung der Schulden und der sozialen Anspruchsprogramme zwingen wird. Dazu ist eine Krise erforderlich, sagt Zulauf.
Die Zinssätze dürften zunächst ihren Höchststand bei 5% erreicht haben (bezogen auf die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen). Zulauf glaubt, dass sie mit der sich verlangsamenden Wirtschaft noch auf etwa 3,70% sinken werden, bevor es irgendwann im ersten Quartal bis zur Mitte des Jahres um 200 Basispunkte nach oben geht. Dann könnte „irgendetwas brechen“.
In der Kategorie „Was soll ich besitzen?" bevorzugt Zulauf generell Sachwerte, Gold, Öl und Immobilien. Er mag bestimmte wertorientierte Aktien und stellt fest, dass sich Value-Titel, wie z.B. Aktien mit hohen und wachsenden Dividenden, langsam besser verhalten. Er rät: Vermeiden Sie breit anlegende Indexfonds. Der Markt war noch nie so stark auf einige wenige Namen konzentriert wie heute. Diese werden stärker korrigieren als Value-Aktien, die unpopulär und unterbewertet sind. In einem großen Bärenmarkt werden die Vermögenspreise fallen. Man sollte gute Unternehmen besitzen, die sich nach dem Zusammenbruch wieder erholen werden, so Zulauf.
Felix Zulauf ist Gründer und CEO von Zulauf Consulting, einem Boutique-Research- und Beratungsunternehmen. Zulauf begann 1977 als Portfoliomanager für globale Anlagefonds bei der UBS. Er verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung in den Bereichen Finanzmärkte und Vermögensverwaltung und ist seit 30 Jahren Mitglied des Barron's Roundtable.
Capital Spectator: Das US-Wirtschaftswachstum wird sich im vierten Quartal abschwächen, aber die überarbeitete Analyse spricht weiterhin für eine „weiche Landung“. Basierend auf dem Median einer Reihe von Schätzungen wird erwartet, dass im nächsten Monat ein offizielles BIP-Wachstum von 1,2% für das vierte Quartal veröffentlicht wird. Dies bedeutet eine deutliche Verlangsamung gegenüber dem rasanten Anstieg von 5,2% im dritten Quartal.
Trotz der Erwartung, dass die Anleger mehr Geld in die Aktien- und Anleihemärkte umschichten werden, werden die diesjährigen Rekordzuflüsse in Geldmarktfonds nach Ansicht von Fondsmanagern auch im Jahr 2024 anhalten. Das Geldmarktfondsvermögen erreichte zuletzt einen Rekordwert von 5,8 Bill. Dollar, und es ist „wahrscheinlicher, dass 2024 eine weitere Billion hereinkommt, als dass eine Billion herauskommt", da die Zinssätze hoch bleiben, sagt Chris Donahue, CEO von Federated Hermes.
Moody's Investors Service hat den Ausblick für chinesische Staatsanleihen von stabil auf negativ herabgestuft und gleichzeitig das Langfrist-Rating von A1 beibehalten. Als Gründe werden Bedenken über den verstärkten Einsatz von Konjunkturmaßnahmen zur Unterstützung lokaler Regierungen und eine sich verschärfende Immobilienkrise genannt. Die Herabstufung unterstreicht auch die wachsende Besorgnis über die ausufernde Verschuldung Chinas.
Nach der Ratingagentur Moody's wird ein schleppendes globales Wachstum, ein höheres Risiko von Kreditausfällen, Immobilienstress und Druck auf die Rentabilität bedeuten, so dass die globalen Banken im Jahr 2024 mit einem negativen Ausblick rechnen müssen.
Im Kontext steigender Aktienmärkte und fallender Anleiherenditen profitierte der ETF-Markt in Europa im November deutlich, heißt es bei State Street Global Advisors. Besonders gefragt waren Aktien-ETFs, die Zuflüsse in Höhe von 14,1 Mrd. Dollar verzeichneten. Unterstützt durch deutliche Kursgewinne im S&P 500 und einem Kursanstieg von knapp zehn Prozent im MSCI World, investierten Anleger insbesondere in US-Aktien sowie in globale Strategien. Bei US-Aktien erfreuten sich auch nachhaltige Benchmarks (wieder) einer hohen Beliebtheit, alleine der S&P 500 ESG Leaders wies Nettomittelzuflüsse in Höhe von 560 Mio. Dollar auf. In Bezug auf einzelne Branchen waren neben US-Technologie auch europäische Pharmawerte gefragt, bei Banken und Energietiteln kam es zu Abgaben. Renten-ETFs verbuchten im Kontext stark fallender Anleiherenditen auf beiden Seiten des Atlantiks Zuflüsse von insgesamt 8,1 Mrd. Dollar.
Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 4604,37 geschlossen. Damit hat er nun das Hoch vom 27. Juli erreicht. Die große Frage bleibt: Entsteht ein Doppel-Topp, eine klassische Formation für eine Korrektur? Oder war das zuletzt lediglich eine Konsolidierung zwischen 4550 und 4600, die nun aufgehebelt wird? Das ATH aus der Jahreswende 2021/2022 liegt bei 4800, 200 Punkte höher. (Chartquelle).
Auf der Unterseite sind die Pegel bei 4520 und bei 4450 zu nennen, auch das große Gap zwischen 4470 und 4423. Die Unterseite dieser Lücke fällt in etwa mit dem 38er Retracement des Aufwärts-Impulses von Anfang November bei 4415 zusammen.
Da dieses Gap von Mitte November bisher nicht geschlossen wurde, legt das eine Art Blowoff nahe, eine starke bullische Übertreibung. Da der S&P 500 weniger als 5% von seinem Allzeithoch entfernt ist, könnte er in diesem Kontext sogar irgendwann früh im ersten Quartal 2024 dieses erreichen (siehe Zulauf weiter oben!). Spätestens dann dürfte eine scharfe Korrektur folgen.
Die Marktindikatoren zeigen sich per Saldo im Wochenvergleich abnehmend bullisch. Die Volumenverteilung ist in überdehnter Akkumulation. Die normale Länge einer solchen Phase ist überschritten. Die Markbreite nach TRIN und der Anteil der Anzahl bullischer Aktien (ADL) zeigen Tempoverlust. Das Verhältnis von SPX zu VIX bleibt extrem. Der TQUAL-Indikator (Auswertung der viel beachteten Stochastik, RSI und MACD bei verschiedenen großen internationalen Aktienindices) läuft auf sehr bullischem Höhen seitwärts. Gehäufte Tempoverluste auf hohen Niveaus sind frühe Warnzeichen für eine Trendwende.
Der VIX, Angstmesser an Wall Street, notiert jetzt unterhalb von 12,75, ein Pegel, der zuletzt zwischen November 2019 und Januar 2020 unterschritten wurde. Ich wäre nicht überrascht, wenn der VIX kurzfristig noch tiefer ginge. Der nächste Support liegt bei rund 11,50. Das würde eine weitere Aufwärtsbewegung beim S&P 500 nahelegen. Ein Volatilitästausbruch des VIX scheint erst einmal nicht in Sicht, die Selbstzufriedenheit der Akteure hält an.
Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen bei Aktien weit überwiegend bullische Merkmale. Bärische Merkmale befinden sich auf sehr niedrigem Niveau. Aus dieser Sicht spricht einiges dafür, dass die bullische Bewegung noch anhält. Die Prognose der TimePatternAnalysis für den S&P 500 zeigt übergeordnet eine Abwärtsbewegung bis an 4400 heran. Allerdings ist die Plausibilität für ein solches Szenario gegenwärtig gering, das Zyklusgerüst hinter dem Kursgeschehen ist instabil.
Die Charts der aggregierten Marktindikatoren und der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert.
Alles spricht für eine starke bullische Übertreibung. Der Herdentrieb befeuert sich selbst. Ein wichtiger Prüfstein dürfte im NDX liegen. Dort spielte das gesamte Jahr über in Gestalt weniger großer Titel die entscheidende Musik – „WALLstreet: Tec,Tec …", wie ein Leser kürzlich kommentierte. Der Index notiert bei knapp 16100. Sein jüngstes Hoch liegt bei rund 16600, gut 3% höher. Viel ist das nicht.
Bei der laufenden Party muss jeder dabei sein, immer weniger wollen – Herdentieb eben. Was könnte den Vorwand geben, die Party zu verlassen? Öl-Preise, US-Renditen, Eskalation im Nahen Osten, chinesische Immobilien? Vielleicht bald auch schon der sprichwörtliche Sack Reis, der umfällt?
Ergänzung
In der kommenden Woche tagt das FOMC der Fed zum letzten Mal in diesem Jahr. Ein Zinsschritt wird nicht erwartet, umso genauer wird man auf die Zwischentöne hören. Außerdem werden Inflationsdaten für November, wie auch Daten zum Einzelhandelsumsatz und zur Industrieproduktion in den USA veröffentlicht.
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