S&P 500 – Zinspause erwartet, und dann?

Der S&P 500 beendete den volatilen Handel der zurückliegenden Woche leicht gedrückt. Die Inflationsdaten für August mussten „verdaut“ werden. Während auch die Technologie-Indices Federn lassen mussten, konnte sich der Dow erneut behaupten. Der DAX präsentierte sich fest, die EZB agierte wie erwartet.

Gold und Silber behaupteten sich gegen weiter steigende Renditen. Die Ölpreise setzten ihren Höhenflug fort, auch der CRB-Rohstoffindex zeigte Stärke. Brent Crude erreichte den höchsten Stand seit November 2022.

blank

Die US-Renditen zeigen wiederum Stärke, die der 10yr-TNotes bewegt sich weiter über dem jüngsten zyklischen Hoch aus Ende Oktober 2022. Der Dollar bleibt die neunte Woche in Folge stark, folglich ist Euro/Dollar weiter unter Druck. Das Währungspaar Dollar/Yen per Saldo auf Wochensicht unverändert, vor einem Jahr hatte die BoJ bei 145 interveniert.

blank

Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt um 0,4%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index, legt um 0,9% zu. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, sinkt um weitere 2,5%.

Das „Puzzle“ der Einzeldaten zusammengefügt: Der Spread der Rendite der 2yr-TNotes zur eff Fed Funds Rate nähert sich von unten der Nulllinie an – das mag man als Hinweis sehen, dass die „Märkte“ den aktuellen Leitzins als „fair“ ansehen, aber nicht mit einer baldigen Wende in der Geldpolitik rechnen. Technologie-Aktien zeigen leichte relative Schwäche, untermauert duch den Halbleiterindex SOX.

Aus dem am Mittwoch veröffentlichten Inflationsbericht geht hervor, dass die US-Verbraucherpreise im August den zweiten Monat in Folge gestiegen sind, und zwar um 3,7% im Vergleich zu 3,2% im Juli. Der Anstieg war teilweise auf den jüngsten Anstieg der Ölpreise zurückzuführen. Der Lebensmittel und Energie ausschließende Kerninflationsindex stieg im August ebenfalls an, sein erster monatlicher Anstieg seit Februar.

An Wall Street herrscht nach wie vor Einigkeit darüber, dass die Fed die kurzfristigen Zinssätze auf der FOMC-Sitzung in der kommenden Woche wahrscheinlich nicht antasten wird. Die Fed könnte aber die Notwendigkeit sehen, die Zinssätze bis zum Jahresende oder vielleicht Anfang 2024 erneut anzuheben. In dieser Woche beschloss die Europäische Zentralbank, die Zinsen zum zehnten Mal in Folge auf ein Allzeithoch von 4% zu erhöhen, zugleich senkte sie die Wachstumsprognose für die Eurozone.

Lohn-Preis-Spirale? Am Freitag riefen die United Auto Workers nach wochenlangen erfolglosen Verhandlungen zum ersten Mal zu einem gleichzeitigen Streik bei allen drei großen US-Automobilherstellern auf. Die Gewerkschaftsführung fordert 30% mehr Lohn für die vierjährige Laufzeit des neuen Vertrags, um die Inflation und frühere Zugeständnisse der Arbeitnehmer an die Automobilhersteller auszugleichen. Die Autokonzerne beharren darauf, die Forderungen der Gewerkschaft nicht erfüllen zu können, sie müssten in den Übergang zu Elektrofahrzeugen investieren. Tesla kontrolliert fast 60% aller US-Elektrofahrzeugverkäufe, während GM auf 6% und Ford nur auf 5% Marktanteil kommt.

SmallCap-Aktien sind in diesem Jahr hinter LargeCaps zurückgeblieben, vor allem, weil die Märkte das transformative Versprechen der künstlichen Intelligenz auf die Mega-Cap-Technologieunternehmen einpreisen. Dies hat zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen deren Bewertungen und dem breiteren Markt geführt. Der Median des Kurs-Gewinn-Verhältnisses für die Unternehmen im S&P 500 liegt bei 17, während es für die Mega-Cap-Technologieunternehmen bei 30 liegt.

Selbst im Vergleich zum Russell 1000 sind SmallCaps deutlich zurückgefallen. Sie haben aktuell in Bezug auf die zurückliegenden 22 Jahre die schlechteste Performance im Vergleich zu LargeCaps erzielt. Einige Beobachter sehen eine wesentliche Ursache hierfür in Rezessionsängsten. Ein Blick auf die historischen Daten der zurückliegenden zehn Rezessionszyklen zeigt, dass sich SmallCaps in der ersten Hälfte einer Rezession schlechter entwickeln als MidCaps und LargeCaps. Das ergibt sich schon daraus, dass LargeCaps liquider sind und daher hier bei anhaltender Marktschwäche kursschonender agiert werden kann.

SmallCaps schneiden hingegen ab der zweiten Hälfte einer Rezession gewöhnlich besser ab, und zwar mit deutlichem Abstand. Ihre Outperformance kann über längere Zeit hinweg anhalten. Auch das ist einfach zu erklären: Wenn die wirtschaftliche Talsohle durchschritten ist, sorgt die Fed üblicherweise für genügend Liquidität, die Risikoscheu nimmt ab. Da man dann zunächst nicht mehr mit anhaltender Marktschwäche rechnet, sind SmallCaps gefragt und liefern dank geringerem Angebot eine stärkere Kursentwicklung.

Der folgende Chart zeigt die relative Performance von SmallCaps gegenüber LargeCaps anhand von ETFs auf US-Werte. Seit Ende März gab es keine Phase soldier Outperformance von SmallCaps mehr. Momentan sieht es sogar so aus, als ob SmallCaps auf bereits deutlich ermäßigtem Niveau in eine Underperformance übergehen.

blank

MISH TALK: Die US-Einzelhandelsumsätze sind zwar im August um fast 0,6% angestiegen, verlieren aber Inflations-bereinigt leicht. Die realen Umsätze sinken im Jahresvergleich in neun der zurückliegenden zehn Monate. Ihr jüngstes zyklisches Hoch war im April 2022. Der „starke“ Verbraucher ist lediglich ein Inflationswunder.

Jeroen Blokland beschäftigt sich mit der EZB-Entscheidung und greift den folgenden Satz heraus: „Auf der Grundlage seiner derzeitigen Einschätzung ist der EZB-Rat der Ansicht, dass die Leitzinsen der EZB ein Niveau erreicht haben, das, wenn es für eine ausreichend lange Zeit beibehalten wird, einen wesentlichen Beitrag zur rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zum Zielwert leisten wird.“

Blokland fragt: Wie kann man in einem Satz behaupten, dass man die Zinssätze selbst nach dem bei weitem größten Straffungszyklus in der Geschichte der EZB lange genug hoch halten muss, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zum Ziel zu gewährleisten – die für die EZB drei Jahre (!) umfasst? Das ist völliger Unsinn und trägt meiner Meinung nach nicht zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit bei.

Die Erklärung für diesen „BS“ ist laut Blokland, dass die EZB zutiefst gespalten ist und wahrscheinlich keine Ahnung hat, ob ihre derzeitige Politik an sich ausreicht, um die Inflation zu senken. Doch anstatt das zuzugeben, wird uns eine bizarre Erklärung um die Ohren gehauen, die beweisen soll, dass die Bank auf dem richtigen Weg ist. Gut gemacht, Lagarde!

Die Ölpreise steigen weiter. Öl Brent hat im August ein perfektes „Golden Cross“ generiert, bei dem die EMA50 die EMA200 von unten nach oben durchschneidet. Zudem lag der aktuelle Kurs zu diesem Zeitpunkt nahe am Schnittpunkt. Das legt unmittelbar folgende weitere Kurszuwächse nahe. Der Ölpreis bewegt sich in einem relativ steilen Aufwärtskanal aus Juni. Wichtige Widerstände tauchen oberhalb von 96 auf (Chartquelle).

blank

Die 10yr-Breakeven Inflationsrate folgt der Preisentwicklung beim Öl nicht mehr, die Entkopplung begann im Juli. Das könnte darauf hinweisen, dass die Entwickung des Ölpreise im aktuellen Kontext nicht mehr als Inflationstreiber gesehen wird, sondern dass der Aspekt der Konsumsteuer in den Vordergrund tritt (siehe hier!). (Chartquelle)

blank

Der S&P 500 hat die zurückliegende Woche bei 4450,32 beschlossen. Der Index ist am Freitag unter eine kurzfristige Aufwärtslinie gerutscht und hat intraday seine EMA50 (4446, waagerecht) touchiert. Bei 4455 liegt das 38er Retracement des Aufwärtsimpulses vom 18. August (Chartquelle).

blank

Der VIX markiert weiter Sorglosigkeit, ist allerdings am Freitag um 7,6% angestiegen auf 13,79. Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Volatilitätsausbruch sind weiterhin kaum vorhanden, lediglich das Bollingerband schnürt sich zusammen. Seine EMA50 notiert bei 14,89, ein erster wichtiger Testfall.

Die Volumenverteilung an der NYSE bleibt in Akkumuation. Die Marktbreite nach TRIN entwickelt sich etwas bullischer. Das Put/Call-Verhältnis zeigt bullische Tendenzen. Der TQUAL-Indikator (Auswertung der viel beachteten Stochastik, RSI und MACD bei verschiedenen großen Aktienindices) hat an der Grenze zum sehr bärischen Bereich gedreht, eine Bestätigung für die Trendwende steht noch aus.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis zeigen zyklische Eigenschaften als relevant an. Bullische Merkmale nehmen zu, bärische ab, beide sind nun etwa gleich stark ausgeprägt.

Alles zusammengenommen sollte die Volatilität anhalten. Der Katalysator für den nächsten Schub dürfte bei der FOMC-Entscheidung am kommenden Mittwoch zu suchen sein, wobei die Zwischentöne wichtiger sein dürften als die eigentliche Zinsentscheidung. Erwartet wird eine Zinspause. Die Chance für eine Wiederaufnahme bullischer Stärke bleibt bestehen. Die technische Lage bleibt aber fragil, die Bullen haben keine Zeit zu verlieren. Insbesondere muss weiterhin die EMA50 respektiert werden.

An der Unterseite ist die Abwärtslinie aus Ende Juli zu beachten, darunter müssten die Bullen auf jeden Fall das 38er-Retracement bei 4300 verteidigen, hier verläuft auch ein wichtiger statischer Pegel vom Hoch aus August 2022. Gelingt das nicht, wären die Bären strategisch im Vorteil.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bewertung: 5.0/5
Please wait...
blank
Schlagwörter: , , , ,