China – zwei Beobachtungen

China hat zuletzt immer wieder mit Lockdowns von sich reden gemacht, die das Land ausruft, wenn auch nur ein paar Covid-„Neuinfektionen“ festgestellt werden. So stand die große Wirtschafts- und Finanzregion Shanghai mit mehr als 20 Millionen Einwohnern im laufenden Jahr schon häufig unter Quarantäne. Das führte auch zu einem Stau von zu exportierenden Waren und damit zu Stress bei den internationalen Lieferketten.

Vielleicht wichtiger ist, was im Hintergrund geschieht. So berichtet Cicero, dass sich viele Chinesen weigern, die Raten für gekaufte, aber noch nicht gebaute Wohnungen zu bezahlen. Der Bau der Wohnungen verzögert sich immer weiter.

Seit Jahrhunderten gibt es in China eine Tradition, wonach derjenige, dem Unrecht widerfahren ist, nach Peking reisen kann, um dort dem Kaiser persönlich sein Anliegen zu schildern. Diese Tradition hat auch die kommunistische Machtergreifung überlebt. Aus dem ganzen Land dürfen Menschen ihre Petitionen an höherer Stelle einreichen, und im Extremfall sogar nach Peking reisen.

Genau das wollten lokale Beamte in der Provinz Henan verhindern. Tausende von Menschen kommen dort seit April nicht mehr an ihre Ersparnisse und protestieren dagegen. Die Beamten stellten deswegen die „Health Codes“ der Demonstranten kurzerhand auf Rot. In Chinas Hightech-Hygiene-Diktatur bedeutet dies: infektiös, also Quarantäne-Lager, Beschweren geht dann nicht mehr. Die Meldung schaffte es in die westliche Presse, obwohl die wenigen verbliebenen Auslandskorrespondenten in China derzeit quasi bewegungsunfähig sind und Peking und Shanghai nicht verlassen.

Chinas Immobiliensektor droht immer mehr zu einem sozialen und wirtschaftlichen Problem zu werden. Sollte es hier zu einem Crash kommen, würde das Auswirkungen auf die globale Konjunktur haben. Der chinesische Immobiliensektor dürfte das weltweit größte Asset-Segment sein (Chartquelle).

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Dem Boykott der Hauskäufer schließen sich mittlerweile Zulieferer der Immobilienentwickler an. Hunderte beklagen, dass sie ihre eigenen Rechnungen nicht mehr bezahlen können, weil ihnen Entwickler Geld schulden. Darunter befindet sich auch die China Evergrande Group, die früher im Jahr mit Verzögerungen bei Zinszahlungen aufgefallen war. In einem Brief vom 15. Juli an das Evergrande-Büro in Hubei heißt es: „Evergrande sollte für alle Konsequenzen verantwortlich gemnacht werden, die aus der Kettenreaktion der Lieferkette-Krise entstehen.“ Hubei ist die Nachbarprovinz zu Henan.

Der Hypotheken-Boykott, der im Juni seinen Anfang in einer Evergrande-Entwicklung in Jingdezhen nahm, hat sich schnell ausgeweitet auf mindestens 300 Projekte in rund 90 Städten. Die Proteste haben die sowieso schon existierenden Probleme im Immobiliensektor verstärkt und drohen Versuche scheitern zu lassen, den Markt inmitten einer wirtschaftlichen Schwäche zu beleben. Nach einigen Schätzungen sind mittlerweile Millionen von Hypotheken involviert.

Chinesische Banken sitzen auf 38 Bill. Yuan von ausstehenden Hypothekenkrediten und 13 Bill. Yuan von an Immobilienentwickler ausgereichte Kredite (ein Euro entspicht knapp 6,9 Yuan) (siehe hier!).

Die zweite Beobachtung: China fährt sein Portfolio von US-Staatsanleihen zurück, der Geamtwert diese Papiere liegt jetzt so tief wie seit 2010 nicht. Die Diversifikation in andere Währungen wie Euro, Yen und Britisches Pfund begann 2018. Seit Jahresanfang verstärkt sich der Verkauf von US-Papieren. China und Japan zählen zu den Ländern mit den höchsten Beständen an US-Schulden. Aktuell hält China etwa eine Bill. Dollar an US-Staatsanleihen, Japan kommt auf rund 1,23 Bill. Dollar. Auch Japan hat die Bestände zuletzt reduziert.

Beobachter sehen bei China neben dem Streben nach Diversifikation noch einen anderen Grund: Der Schritt der USA, Russland aus dem SWIFT-System auszuschließen, um dessen Einmarsch in der Ukraine zu bestrafen, macht den Dollar als globale Währung weniger attraktiv. Der Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-System wird dem Status des Dollar als Weltwährung schaden und andere Länder dazu zwingen, Alternativen für ihre internationale Reservepolitik in Betracht zu ziehen. Russland nutzt beispielsweise jetzt das chinesische System für den internationalen Handel und nicht mehr das SWIFT-System. Der Erfolg einer Weltwährung hängt von der Bereitschaft vieler Länder ab, die Währung zu akzeptieren und international zu verwenden. Der Ausschluss einiger Länder aus dem System ist ein zweischneidiges Schwert und wird dem Dollar als Weltwährung schaden und Konkurrenten fördern (siehe hier!).

Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der gesamten chinesischen Währungsreserven über die zurückliegenden 25 Jahre (Chartquelle).

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