Intermarket-Beziehungen von Gold

Gold gilt als sicherer Hafen, als Schutz vor allen möglichen Risiken. Dazu zählen geopolitische Verwerfungen und die nachhaltige Abwertung des Dollar. Im Zusammenhang mit Wertverlust der Weltleitwährung Dollar spielt die Inflation eine wichtige Rolle.

Silber gilt als Gold des „kleinen Mannes“. Der Silberpreis in Dollar entwickelt sich stets volatiler als Gold. „Kleiner Mann“ bedeutet aus Sicht der großen Akteure an den Finanzmärkten auch immer „spekulativ“, „wenig strategisch ausgerichtet“, „falsches Timing“.

Phasen, in denen sich der Silberpreis besser entwickelt als der Preis von Gold, sind Phasen, in denen der Bedarf nach Risiko-Schutz aus Sicht von Kleinanlegern und damit zusammenhängend die Verkaufsneigung bei anderen Assets besonders groß ist. Da die Kleinanleger aus Sicht der großen Akteure meistens falsch liegen, werden solche Episoden aus deren Sicht eher als Kontraindikator und auch als Kaufgelegenheit gewertet.

Silber entwickelte sich besser als Gold seit Januar 2012 bis April 2013, im ersten Halbjahr 2014, zwischen August 2016 und Februar 2017, sowie zwischen August 2020 und August 2021. In der übrigen Zeit war Gold besser dran, wenn auch zeitweilig nur marginal ("türkis" nach oben=relative Stärke von Gold).

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Weitere wichtige Intermarket-Beziehungen Gold betreffend sind die zu zu den Inflationserwartungen, zu Öl (hier Brent Crude) und zum S&P 500 als Stellvertreter für die Entwicklung der Aktienkurse. Die Inflationserwartungen ergeben sich als Differenz zwischen den nominalen und realen Renditen (10yr-TNotes). Diese Break-even-Rendite hatte Mitte November 2021 bei 2,75% ein langjähriges Topp gebildet. Das langjährige Tief lag Anfang April 2020 bei 0,54%. Man mag zu Recht argumentieren, dass die Inflationserwartungen durch die Manipulation der Zinslandschaft seitens der Zentralbanken zu niedrig sind. Hier kommt es mir aber nur auf die relative Entwicklung an.

Was den Ölpreis angeht, so ist Öl ein Bestandteil unzähliger Produkte des täglichen Bedarfs. Öl wird nicht nur zu Energieerzeugung eingesetzt, es wird auch zur Herstellung von Plastik, pharmazeutischen Produkten und vielerlei mehr verwendet. Wenn der Goldpreis relative Stärke zu Öl (oder Öl generell Schwäche) aufweist, ist das in der Regel ein makroökonomisches Warnzeichen.

Das gilt auch für die Beziehung von Gold zum S&P 500. Relative Stärke des gelben Edelmetalls deutet an, dass eine erhöhte Nachfrage nach einem Hedge gegen Schwäche bei Aktienkursen besteht.

Wenn man die relative Stärke von Gold zu Inflationserwartungen, zum Ölpreis und zum E&P 500 zusammenfasst, kommt man zu folgendem Chart. Alle drei Preis-Relationen gehen mit gleichem Gewicht in die blaue Kurve ein. Je größer der Ausschlag nach oben ist, je größer ist die summarische Stärke von Gold. Die gelbe Kurve stellt die relative Stärke von Gold im Vergleich zu Silber dar. Magenta zeigt makroökonomisch problematische Phasen, wie sich aus der Auswertung des Risikos für eine Rezession aus Sicht ausgewählter Makroindikatoren ergeben. Der Chart hierzu wird regelmäßig aktualisiert und kann hier eingesehen werden. Die Rezessionswahrscheinlichkeit nach Makro-Indikatoren steht aktuell auf Stufe 1 (von drei). Das signalisiert noch keine unmittelbare Gefahr, weshalb es sich in der folgenden Darstellung nicht niederschlägt.

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Aktuell ergibt aus der Darstellung folgendes: Die drei Intermarket-Relationen von Gold (zu Inflationserwartung, Öl und S&P 500) zeigten seit Januar 2019 bis Dezember 2020 Gold mit relativer Stärke. Gold wies seit April 2017 bis August 2020 relative Stärke gegenüber Silber auf und dies ist seit August 2021 erneut der Fall. Nach Makrolage gab es zwischen Oktober 2019 und Februar 2021 eine erhöhte Rezessionswahrscheinlichkeit.

Aus der Vergangenheit seit 2012 kann man folgende Regel ableiten: Je mehr Zeichen relativer Stärke Gold liefert, je größer ist die Wahrscheinlichkeit einer rezessiven Makro-Entwicklung. So lange allerdings Silber relative Stärke zu Gold aufweist, ist das für die Finanzmärkte wenig relevant (etwa, was die Entwicklung der Aktienkurse angeht). Der zeitliche Bezug der Intermarket-Relationen von Gold zur Makrolage ist locker (Vorlauf bis zu 12 Monate) und damit für kurzfristiges Timing wenig geeignet.

Ich hatte mich hier mit Intermarket-Beobachtungen von Tom McClellan beschäftigt, in der er darlegt, dass um den April 2022 herum ein signifikantes Hoch bei den Ölpreisen und bei der Rendite der 10yr TBonds erreicht wird. Der avisierte Verlauf bei der Rendite und beim Goldpreis liess seinerzeit auch erwarten, dass die deutlichen Preissteigerungen (nach US-CPI) bis weit ins erste Quartal hinein anhalten.

Dieses Szenario ist bis jetzt eingetreten. Auch die Rendite der 10yr-TNotes ist seit Anfang Dezember 2021 deutlich angestiegen, von 1,36% auf aktuell 1,96%. Sie ist Bestandteil der Inflationserwartungen, die mit steigenden Nominalzinsen dann sinken, wenn die realen Zinsen überproportional steigen (Mitte November 2021 –1,15%, aktuell –0,46%). In der Tat sinken die Inflationserwartungen.

Wenn die Intermarket-Beziehungen von Gold zu Inflationserwartungen, Öl und S&P 500 ihren zeitlichen Vorlauf bewahren, dürfte sich das mit dem blauen Pfeil im obigen Chart markierte Szenario entwickeln. Bleibt es bei der relativen Stärke von Gold gegenüber Silber würde das heraufziehendes, für die Finanzmärkte relevantes wirtschaftliches Ungemach anzeigen.

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