Dow mit bester Woche seit 1938

Die EZB lässt bestimmte Grenzen fallen, so die Überschrift einer Meldung. Na, so lange da nicht jemand die Hüllen fallen lässt… Die EZB will im Rahmen ihres PEPP-Programms nun auch mehr als ein Drittel der ausstehenden Staatsanleihen eines Eurolandes kaufen. Ebenso sollen Schuldverschreibungen mit einer kurzen Laufzeit von 70 Tagen gekauft werden können, als Untergrenze galt bisher ein Jahr.

Rechtlich ist das zwar „problematisch“, aber da sich die EZB bereits seit etlichen Jahren nicht in dem von den europäischen Verträgen gestecktem Rahmen bewegt, überrascht das nicht. Der Europäische Gerichtshof hatte Ende 2018 in seinem Urteil zu den EZB-Anleihekäufen ausdrücklich auf die Kaufobergrenzen als rechtfertigendes Kriterium hingewiesen. In Deutschland wird dazu ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts für Anfang Mai erwartet.

Die Renditen italienischer Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit sanken nach dieser Meldung zeitweise um sieben Basispunkte auf 1,49%, die kürzeren Laufzeiten sogar noch etwas mehr. Von Corona besonders betroffene Länder könnten von dem Schwenk der EZB besonders profitieren, heißt es. Andere sagen, hier werden Zug um Zug Eurobonds durch die Hintertür eingeführt. Beides dürfte zutreffen und damit wird im Endeffekt die Vergemeinschaftung der Schulden in der Eurozone vorangetrieben.

Der Dow hat per Donnerstag mit +21% den stärksten drei-Tages-Gewinn seit 1931 hingelegt. Die Aktie von Boeing ist im selben Zeitraum um 90% gestiegen. Der Versorgersektor im S&P 500 war mit +8,4% Tagesgewinner. Am Tag zuvor war der Hausbauindex HGX um rund neun Prozent hochgeschnellt.

Auch der S&P 500 stieg am Donnerstag ein weiteres Mal deutlich an. Es wurde gemeldet, dass die wöchentliche Zahl von Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe in den USA um mehr als drei Millionen gegenüber Vorwoche angestiegen ist. Offenbar haben Akteure an den Finanzmärkten das als Indiz dafür genommen, dass noch weitere Maßnahmen über das im Kongress mittlerweile verabschiedete Anreizprogramm im Umfang von 2,2 Bill. Dollar hinaus kommen werden.

Der S&P 500 hat sich per Schlusskurs vom zurückliegenden Donnerstag bis auf rund 2630 hochgehangelt, ein gutes Stück weit über den wichtigen Pegel bei 2575. Der Index befand sich damit auch wieder in einem Aufwärtskanal aus 2009, dessen Untergrenze liegt bei etwa 2515.

Der nicht weiter verwunderliche Rücksetzer kam einen Tag später. Der S&P 500 schloss mit 2544 unter dem Pegel bei 2575 und testete intraday auch die benannte Untergrenze des Aufwärtskanals aus 2009. Der US-Kongress verabschiedete am Freitag ein 2,2 Bill. Dollar schweres Anreizprogramm. Das war an den Finanzmärkten auch so erwartet worden. Der Dow verzeichnete die beste Woche seit 1938 (Chartquelle). Das Wall Street Journal sieht schon einen neuen Bull-Markt ausgebrochen.

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Die Indikatorenlage hat sich aus meiner Sicht im bullischen Sinne aufgehellt. Die Volumenverteilung an der NYSE ist in Akkumulation gekippt, die ADL, das tägliche Verhältnis der Anzahl steigender und fallender Aktien, hat eine Bodenbildung vollzogen. Das Put/Call-Verhältnis an der CBOE verbessert sich seit einigen Tagen. Der VIX bewegt sich allerdings weiter in einem hohen Bereich und auch über seiner EMA50, nach Stochastik und dem zur Bestätigung herangezogenen MACD sind übergeordnet jedoch eher weiter sinkende Werte für die implizite Volatilität zu erwarten. Das wäre im Umkehrschluss ein Indiz für mehr Kursstabilität im S&P 500.

Aus Sicht der Fibonacci-Retracements liegt ein wichtiger Pegel (38er Retracement des jüngsten Absturzes) bei rund 2675 und das deckt sich mit einem statischen Widerstandspegel. Das 50er Retracement liegt bei 2820.

DER wichtige Pegel im S&P 500 an der Unterseite bleibt 2350, wie hier dargestellt. Sollte er nicht halten (wobei ein kurzfristiges Unterschießen „zulässig“ wäre), dann wäre der nächste Anlaufpunkt der Bereich um 2120. Im November 2016 startete von hier aus mit der Wahl von Trump zum US-Präsidenten die Dow-Phase des spekulativen Exzesses. Das müsste dieser Präsident als Alarmzeichen nehmen, sieht er doch die Entwicklung der Aktienkurse als Indiz für die Zustimmung zu seiner Politik. Das Chartbild würde sich weiter aufhellen, wenn der S&P 500 den Pegel bei 2575 zügig zurück erobern würde.

Der folgende Chart stellt den Spread zwischen der Rendite für High-Yield-Bonds (Junk-Bonds) und der Rendite für zehnjährige TNotes dar. Er hat über das Wochenende vom 15. März den Alarmpegel bei 7,5% übersprungen und stieg dann weiter bis auf 10,87% (Mo, 23.3.20). Aktuell notiert er bei 9,29% und signalisiert damit noch keine wesentliche Entspannung im Kreditbereich. Der S&P 500 verhielt sich in der zurückliegenden Woche invers dazu – mit sinkendem Spread stieg der Aktienindex deutlich an (Chartquelle). So lange der Spread nicht wieder klar unter dem Alarmpegel notiert, kann von Entspannung am Kreditmarkt und damit in den Finanzmärkten insgesamt keine Rede sein.

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Hinter allem steht natürlich die Entwicklung der offiziellen Corona-Statistiken. Die USA hat mittlerweile die VR China als Land mit den meisten Fällen überholt. Mit weiteren Katastrophenmeldungen wächst der Zweifel, ob die US-Wirtschaft genügend Widerstandskraft hat. Andererseits heizen solche Meldungen in den Finanzmärkten Spekulationen über weitere Stimuli an. Eine gefährliche Gemengelage, die dafür spricht, dass die Volatilität sich nicht so bald normalisiert.

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